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Berliner Augenblickseindrücke

Josephine Bätz ist neue Stadtschreiberin des Studierendenwerks: In ihren Gedichten und Prosatexten sammelt die Filmwissenschaftsstudentin der Freien Universität flüchtige Momente aus dem Stadtleben

19.04.2019


Die neue Stadtschreiberin des Studierendenwerkes.

Die neue Stadtschreiberin des Studierendenwerkes.
Bildquelle: Leon Holly

Mit zehn Jahren versuchte sich Josephine Bätz erstmals am Verfassen von Gedichten. „Ich habe früh angefangen, aber es hat ein bisschen gedauert, bis da etwas Vernünftiges 'rauskam“, gesteht sie lachend. Dass ihre Gedichte heute mehr als vernünftig sind, befand kürzlich eine Jury des Berliner Studierendenwerkes: Die 22-Jährige ist neue Berliner Stadtschreiberin und veröffentlicht ihre Texte seit Mitte April regelmäßig auf dem Blog „Berlin Stories“ des Studierendenwerks.

Dublin-Eindrücke im Blog

Wenn Josephine Bätz nicht ihrem Masterstudium der Filmwissenschaften an der Freien Universität nachgeht, besucht sie in ihrer Freizeit Schreibkreise oder -werkstätten, zum Beispiel im Berliner Haus für Poesie. Dort tauschen sich angehende Schriftstellerinnen und Schriftsteller über Literatur aus oder üben das Gestalten eigener Texte. Dass sie von der Studierendenwerks-Jury erkoren wurde, erfuhr Josephine Bätz per Mail – im Anhang eine Einladung zur Antrittslesung. Gemeinsam mit den anderen Mitbewerbern, die es in die engere Auswahl geschafft hatten, gab sie am 22. Januar in der „Coffeebar“ der Humboldt-Universität als neue Stadtschreiberin bereits einige Werke zum Besten.

Vor der deutschen war die irische Hauptstadt Gegenstand ihrer poetischen Beobachtungen: „Ein Blog schien mir damals eine gute Idee zu sein, um meine Gedanken zu Dublin und meinem Auslandsstudium dort zu sammeln.“ Zurück in Deutschland könne sie Dublin nun mit Berlin vergleichen. „Berlin ist sehr vielseitig und flächenmäßig sehr auseinandergezogen“, sagt Josephine Bätz. „Es gibt viel Platz und überall neue Eindrücke.“ Meist sammelt sie Impressionen, wenn sie ohnehin unterwegs ist. „Aber manchmal gehe ich auch gezielt 'raus und verarbeite das dann später in Texten.“

Flüchtige Momente in Versform

In ihren Gedichten gießt die Autorin flüchtige Momente in Versform. „Es geht mir um Augenblickseindrücke“, sagt sie. Gerne auch reiht sie verschiedene Assoziationen aneinander, wie hier in „[suchportrait]“:

wir rennen panischer / der abend legt sich / maskenschwer / auf ungeschützte haut / wir tanzen

vorsichtig / und sehr genau / durch diese neonharte nacht / wo angst und amnesie versagen

bleibt uns nur / der blick auf zugeklebte scheiben / und der krankenwagen – sehr abrupt /

schwenkt um die ecke / dann sind wir wieder laut genug / um sicher da zu sein / er flüstert: geht

zu allen / die euch lehren können / und / sucht keinen untergang / bis nicht der tag anbricht /

das scheint / von wem auch immer / fast zuviel verlangt / man ist schon bis zur wolkenunterkante

hoch allein // und immer noch nicht hoch genug / tauben kippen kurz die köpfe im

vorübergehn / legen stumpfe flügel / unter vorsicht an die flanken / und lassen uns den luftraum

/ zum betrachten da

Inspiriert von englischsprachiger Lyrik

Josephine Bätz lässt sich überwiegend von englischsprachiger Lyrik inspirieren, zu ihren Vorbildern zählen T. S. Elliot, Robert Frost und E. E. Cummings. „Ich habe mich lange mit amerikanischer Lyrik des 20. Jahrhunderts beschäftigt und da viel für mich 'rausgezogen.“ Das sei auch der Grund, weshalb die Studentin, die zu Beginn noch gereimte Gedichte verfasste, heute auf gleichklingende Verse und Großschreibung verzichtet.

Nach dem Stadtschreiben möchte sich Josephine Bätz gerne einem längeren Projekt widmen und vielleicht sogar einen Roman schreiben. Sie ergänzt: „Das Konzept eines Literaturblogs gefällt mir allerdings auch, und ich könnte mir vorstellen, nach diesem Jahr, wieder einen eigenen Blog anzufangen.“ Dass das Gedichteschreiben einmal zum Beruf werden wird, glaubt sie jedoch nicht: „Die Zeit, in der man davon leben konnte, scheint mir vorbei zu sein. Aber das Dichten wird für mich auf jeden Fall ein wichtiger Teil meines Schreibens bleiben.“