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Mit Freude und Fleiß zum Preis

Die russische Jurastudentin Iuliia Voronova von der Freien Universität wird für ihre hervorragenden Leistungen mit dem DAAD-Preis ausgezeichnet

05.10.2018

Ausgezeichnet: Iuliia Voronova erhält den DAAD-Preis für hervorragende ausländische Studierende. Die Ehrung erfolgt am 15. Oktober bei der Immatrikulationsfeier am Fachbereich Rechtswissenschaft.

Ausgezeichnet: Iuliia Voronova erhält den DAAD-Preis für hervorragende ausländische Studierende. Die Ehrung erfolgt am 15. Oktober bei der Immatrikulationsfeier am Fachbereich Rechtswissenschaft.

Wenn man sich mit Iuliia Voronova unterhält, wirkt alles leicht und unkompliziert. Die 23-Jährige strahlt, wenn sie von ihrer Kindheit und Jugend in Sibirien erzählt. Sie strahlt auch, wenn sie von dem schwierigen Anfang in Berlin berichtet und ihren Erfolgen im Studium. Am 15. Oktober wird ihr der DAAD-Preis für ausländische Studierende mit hervorragenden Leistungen verliehen.

Aufgewachsen in Tomsk, Sibirien

Aufgewachsen ist Iuliia Voronova in einer sibirischen Kleinstadt nahe Tomsk. „Das ist neben Nowosibirsk“, sagt Iuliia Voronova, und fügt nach einer kleinen Pause lachend hinzu: „Also vier Stunden entfernt.“ Es sei „toll“ gewesen, dort aufzuwachsen. „Ich habe erst vor kurzem festgestellt, dass die Menschen hier bei Sibirien immer nur an große Einsamkeit, Schnee und Bären denken“, sagt sie. „Tomsk hat sechs Universitäten, es ist eine ganz normale Stadt wie Berlin, nur ein bisschen kleiner.“

Schon mit fünf Jahren hat sie Englisch gelernt, in der Grundschule hatte sie zusätzlichen Nachhilfeunterricht. Ihre Eltern hätten sich von Anfang an um Bildungsangebote für die Tochter gekümmert, sagt Iuliia Voronova. Obwohl sie, wie sie sagt, „ihr ganzes Leben“ Englisch gelernt habe, sei es ihr dann aber viel leichter gefallen, in der 10. Klasse Deutsch zu lernen. „Vielleicht liegt es daran, dass mir Deutsch mehr am Herzen liegt.“

Deutsch – eine Herzensangelegenheit

Noch in Tomsk begann sie nach dem Abitur ein Jura-Studium. Während des Studiums wuchs die Idee, in Deutschland zu leben und zu studieren – was eine zusätzliche Motivation beim Lernen der Sprache gewesen sei. Sie nahm an einem vierwöchigen, deutschsprachigen Studienprogramm teil, bei dem Professorinnen und Professoren der Universität Passau ausländischen Studierenden das deutsche Recht näherbrachten. Der Unterricht sei anders gewesen, als sie es von ihrer russischen Universität kannte, sagt Iuliia Voronova: Dort würden Lehrende Vorlesungen tatsächlich ablesen, es komme für die Studierenden darauf an, möglichst viel auswendig zu lernen. Fallbeispiele würden nur oberflächlich behandelt, die Prüfungen seien rein theoretisch. „Mit dem deutschen Professor haben wir gelernt, wie man mit dem Gesetz arbeitet und es anwendet. Es waren viel mehr Fragen möglich. Wir sollten den Stoff wirklich verstehen.“

Gründungsgeschichte der Freien Universität: „An einer solchen Universität wollte ich studieren“

Diese Art der Unterrichtsvermittlung und eine Studienreise nach Deutschland haben die Russin schließlich zum Studium nach Deutschland geführt. Im Februar 2015 belegte sie einen Deutsch-Intensivkurs in Berlin, und schon ein halbes Jahr später begann sie mit dem regulären Studium der Rechtswissenschaft. Für die Freie Universität habe sie sich auch wegen deren Geschichte entschieden. „Der Gründungsgedanke der Freien Universität, nämlich dass Wissenschaft politisch unabhängig bleiben muss, hat mir gefallen. An einer solchen Universität wollte ich studieren.“

Zum Jura-Studium hätte es auch Alternativen gegeben: Schauspiel zum Beispiel. Zehn Jahre hat Iuliia Voronova in einer privaten Theater-AG Theater gespielt und auch an nationalen und internationalen Wettbewerben teilgenommen. Oder Medizin: Ihre Mutter, Tante und Großmutter sind Ärztinnen. Am Ende fiel die Wahl auf Jura: „Diese Entscheidung habe ich nie bereut.“ Theater spielt die Studentin auch in Berlin noch, aber nur als Hobby einmal in der Woche in einer freien Theatergruppe.

Gewinnerin des Moot-Court-Wettbewerbs des Bundesarbeitsgerichtes

Obwohl sie vorher keinerlei Berührungspunkte mit den Rechtswissenschaften gehabt habe, habe ihr das Studium von Anfang an Spaß gemacht, sagt sie. „Ich finde es interessant, in schwierigen Situationen nach Lösungen zu suchen.“ Dass sie auf Lösungen kommt, und noch dazu auf gute, das beweisen ihre Leistungen: In diesem Jahr hat sie den Moot-Court-Wettbewerb des Bundesarbeitsgerichtes gewonnen, einen der größten studentischen Jurawettbewerbe Deutschlands. Bei der simulierten Gerichtsverhandlung vor realen Richterinnen und Richtern vertrat sie mit einem Kommilitonen die Beklagtenseite – und überzeugte am Ende mit ihrer Argumentation die Bundesrichter (campus.leben berichtete). Ein Erfolg, auf den sie stolz ist.

Jetzt ein Studienaufenthalt in England...

In diesen Tagen bricht Iuliia Voronova zu einem halbjährigen Studienaufenthalt nach England auf. Was sie für ihre Arbeit motiviere? „Ich war immer ein bisschen neidisch auf Leute, die ein erfolgreiches Buch geschrieben haben oder die Präsident geworden sind. Ich will nicht umsonst leben, ich will etwas hinterlassen“, sagt sie selbstbewusst. Und fügt hinzu: Ihre Eltern hätten viel in eine gute Ausbildung investiert, ihnen will sie später etwas zurückgeben, auch finanziell. „Meine Familie und meine Kinder sollen einmal stolz auf mich sein, deshalb will ich etwas erreichen.“

... danach noch viele Pläne

Auch deshalb bedeuten ihr die DAAD-Auszeichnung und die damit verbundene Anerkennung viel. „Wenn man in ein fremdes Land kommt, ohne die Sprache perfekt zu beherrschen und dann anfängt, Jura zu studieren, dann kommen schon mal Zweifel, ob das die richtige Entscheidung war. Man fragt sich, ob man als Ausländerin als Juristin in Deutschland überhaupt erfolgreich sein kann.“ Die Nominierung für den Preis habe ihr gezeigt, dass sich der Weg gelohnt habe. „Das hat mir zu einem Selbstvertrauen verholfen, das ich vorher nicht hatte. Ich habe verstanden, dass ich hier alles erreichen kann, wenn ich fleißig genug bin.“