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Danke sagen

Bernhard Wyszynski war 36 Jahre lang Geschäftsführer des Collegium Musicum – nun hat er sich in den Ruhestand verabschiedet

22.07.2016

Das Gesicht des Collegium Musicum: Bernhard Wyszynski. Als Zuhörer wird der Musiker das Orchester, dem er in verschiedenen Funktionen seit dem Wintersemester 1971/72 angehörte, wohl weiter begleiten.

Das Gesicht des Collegium Musicum: Bernhard Wyszynski. Als Zuhörer wird der Musiker das Orchester, dem er in verschiedenen Funktionen seit dem Wintersemester 1971/72 angehörte, wohl weiter begleiten.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Danke sagen: Mehr als dreieinhalb Jahrzehnte hat Wyszynski die Finanzen des Collegium Musicum verwaltet, Noten für die Musiker vorbereitet, Konzertreisen organisiert und vieles mehr.

Danke sagen: Mehr als dreieinhalb Jahrzehnte hat Wyszynski die Finanzen des Collegium Musicum verwaltet, Noten für die Musiker vorbereitet, Konzertreisen organisiert und vieles mehr.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Er spielte Cello – beim Abschiedskonzert in der Philharmonie zum letzten Mal im Orchester des Collegium Musicum, von nun an weiterhin für das Sinfonie-Orchester Schöneberg.

Er spielte Cello – beim Abschiedskonzert in der Philharmonie zum letzten Mal im Orchester des Collegium Musicum, von nun an weiterhin für das Sinfonie-Orchester Schöneberg.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Donka Miteva, die Leiterin des Collegium Musicum verabschiedet sich von Bernhard Wyszynski.

Donka Miteva, die Leiterin des Collegium Musicum verabschiedet sich von Bernhard Wyszynski.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Vor dem großen Auftritt in der Philharmonie: Bernhard Wyszynski bei der Probe des Collegium Musicum zum Abschiedskonzert für den langjährigen Geschäftsführer.

Vor dem großen Auftritt in der Philharmonie: Bernhard Wyszynski bei der Probe des Collegium Musicum zum Abschiedskonzert für den langjährigen Geschäftsführer.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Im Wintersemester 1971/72 kam Bernhard Wyszynski zum Studium an die Freie Universität. Geblieben ist er 44 Jahre lang. Mehr als dreieinhalb Jahrzehnte davon war er Geschäftsführer des Collegium Musicum. Als Musiker und Mitarbeiter hat er den Wandel der musikalischen Einrichtung miterlebt: vom kleinen Ensemble hin zur 400 Musikerinnen und Musiker umfassenden Künstlertruppe, die regelmäßig in der ausverkauften Berliner Philharmonie gastiert. Vor kurzem ist er mit einem Konzert in der Philharmonie verabschiedet worden.

„Ich habe gar nicht so richtig mitbekommen, dass ich älter geworden bin“, sagt Bernhard Wyszynski und lacht. „Gefühlt habe ich gerade eben noch unter Gleichaltrigen musiziert – tatsächlich könnte ich mittlerweile aber der Großvater einiger Ensemble-Mitglieder sein.“ Seit 1971 gehört der gebürtige Düsseldorfer zum Collegium Musicum, einer gemeinsamen Einrichtung der Freien Universität und der Technischen Universität Berlin. Als er im Wintersemester 1971/72 ein Islamwissenschaftsstudium in Dahlem aufnahm, trat er gleich dem Ensemble bei. Das Studienfach wechselte er bereits nach einem Semester und studierte fortan Musikwissenschaft auf Magister. Seinem Instrument, dem Cello, und dem Orchester hingegen ist er treu geblieben.

Alles, nur nicht ausruhen

Anfänglich bestand das Orchester aus 56 Mitgliedern, und es wurde hauptsächlich Barockmusik gespielt. „Wir hatten aber Großes vor mit unserem Ensemble“, sagt Bernhard Wyszynski. „Wir wollten nämlich unbedingt Sinfonien spielen.“ Mit dem damaligen Dirigenten des Collegium Musicum Günther Arndt, dem pensionierten Leiter des RIAS-Kammerchors, sei dies jedoch nicht möglich gewesen. Es kam zum Widerstand unter den Musikern. „Günther Arndt wollte nach seiner Zeit beim Radio hier bei uns – im Sitzen dirigierend – einen entspannten Lebensabend verbringen.“

Das hätte jedoch vollkommen dem eigentlichen Vorhaben der Musiker widersprochen. Die Musiker gründeten ein demokratisches Mitbestimmungsorgan: Seither entscheidet ein Gremium aus gewählten Mitgliedern des Kammerchores und des Orchesters unter anderem über die Wahl und Abwahl des Dirigenten. „Auf diese Errungenschaft bin ich besonders stolz“, sagt Bernhard Wyszynski.

Erfolgreicher Wechsel

Nach dem Ende seines Studiums trat Bernhard Wyszynski zunächst eine Stelle als Musiklehrer an einem Gymnasium in Berlin-Wannsee an – ohne pädagogische Kenntnisse sollte er 150 Schüler auf einmal unterrichten. „Ich habe mir natürlich Mühe gegeben“, sagt er, „war allerdings vollkommen überfordert.“ Nach nur sieben Wochen als Lehrer dann der Glücksfall: 1980 wird im Collegium Musicum die Stelle des Geschäftsführers ausgeschrieben, Bernhard Wyszynski bewirbt sich – mit Erfolg!

„Daran erinnert man sich ein Leben lang“

Seine Aufgaben in den vergangenen 36 Jahre waren umfangreich: Er verwaltete die Finanzen, bereitete die Noten für die Musiker vor, organisierte Konzertreisen. „Einfach alles, was irgendwie anfällt und um was sich der Dirigent nicht kümmern kann“, fasst er, Vater einer Tochter und eines Sohnes – der im Collegium Musicum Horn spielt – zusammen. „Die Verwaltung der Mitglieder ist mit den Jahren natürlich aufwendiger geworden“, sagt der 65-Jährige. Mehr als 400 Studentinnen und Studenten aus allen Fachrichtungen der Freien Universität und Technischen Universität Berlin widmen sich in ihrer Freizeit in den fünf Ensembles des Collegium Musicum der Musik: im Großen Chor, Kammerchor, Sinfonieorchester, im Kleinen Sinfonischen Orchester und in der Uni Bigband Berlin.

Das Collegium ist mittlerweile über Berlin hinaus bekannt. Die Konzertreisen einzelner Ensembles haben Bernhard Wyszynski immer besondere Freude bereitet: Da seien etwa die Tourneen durch Frankreich und Spanien gewesen, oder der Austausch mit sowjetischen Musikern, die 1989 zu Gast in Dahlem waren. „Am 9. November haben wir mit den Austauschmusikern gerade im Senatssaal eine Party gefeiert, als uns die Nachricht vom Mauerfall erreichte“, sagt Wyszynski. „Wir wollten sofort los zur Mauer, unsere Gäste aber lieber weiterfeiern“, sagt er. „Daran erinnert man sich ein Leben lang.“

Dahlem – Kuwait

Einmalig sei auch die Einladung von 70 Ensemble-Mitgliedern nach Kuwait gewesen: Der Bruder des damaligen Dirigenten arbeitet dort regelmäßig als Arzt und hatte für das Hochschul-Orchester geworben – es folgte ein Scheck über 100.000 Euro und die Bitte, in dem Emirat zu musizieren. „So was erlebt man nur ein einziges Mal“, sagt Bernhard Wyszynski.

Die Antwort auf die Frage, was ihm nach mehr als vier Jahrzehnten Collegium Musicum besonders fehlen werde, kommt schnell: „Am meisten werde ich die Mitglieder vermissen. Die haben mir so viel Freundlichkeit und Wärme entgegengebracht.“ An diesem besonderen Umgang unter Musikern wird er sich auch in seinem Ruhestand weiter erfreuen können: Dann zwar nicht mehr im Collegium Musicum, aber beim Sinfonie-Orchester Schöneberg, wo er weiter Cello spielen wird.