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Moskau – Heidelberg – Berlin

Der russische Mathematiker Pavel Gurevich forscht an der Freien Universität – jetzt wurde er mit dem von-Kaven-Ehrenpreis ausgezeichnet

16.12.2014

Der russische Mathematiker Pavel Gurevich forscht seit 2008 an der Freien Universität Berlin.

Der russische Mathematiker Pavel Gurevich forscht seit 2008 an der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Thomas Vogt

Schon als Kind interessierte sich Pavel Gurevich stark für Mathematik und Naturwissenschaften. Seine Eltern förderten die Begabung früh. Mit Erfolg: Nach dem Mathematikstudium und der Promotion in Moskau forscht Gurevich seit 2008 an der Freien Universität Berlin. Bei einem Festakt anlässlich der öffentlichen Gauß-Vorlesung der Deutschen Mathematiker-Vereinigung (DMV) wurde ihm kürzlich der mit 10.000 Euro dotierte von-Kaven-Ehrenpreis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) überreicht.

Pavel Gurevich wurde 1977 in Minsk geboren und wuchs in Moskau auf. Beide Eltern waren Elektroingenieure: „Computer waren Ende der 1980er Jahre in Russland im privaten Bereich extrem selten", erinnert sich Gurevich. „Also baute mir mein Vater einen eigenen kleinen Computer – zum Programmieren und Spielen. Das hat mir großen Spaß gemacht.“

Studium und Promotion in Moskau

Nach dem Abitur studierte er Mathematik an der Fakultät für Angewandte Mathematik und Physik am renommierten Staatlichen Luftfahrtinstitut Moskau (MAI). Dort legte er im Jahr 2000 seinen Master „mit Auszeichnung“ ab. „Bis heute interessieren mich sowohl die Theorie als auch die Anwendungen in der Mathematik“, sagt Gurevich. Das zeigt sich auch an seiner Forschung: Mithilfe von Differentialgleichungen lassen sich natürliche Phänomene und Prozesse mathematisch beschreiben, etwa Geschwindigkeiten, Pendelbewegungen, Wärmeleitung und vieles mehr. So sind lineare – und noch mehr nichtlineare – Differentialgleichungen von zentraler Bedeutung für die mathematische Modellierung, etwa von Aktienkursen, Crashtests oder der Klimaentwicklung.

Promoviert wurde Pavel Gurevich 2002 an der Lomonossow-Universität in Moskau bei Alexander Skubachevskii. 2009 erwarb er an der Russischen Universität der Völkerfreundschaft in Moskau den Titel Doctor of physical-mathematical sciences, der vergleichbar mit einer deutschen Habilitation ist. Die russische Hohe Attestierungskommission (VAK) zeichnete die Habilitationsschrift als die beste Arbeit in der Mathematik im Jahr 2008 aus. Ein Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung führte Pavel Gurevich von 2006 bis 2008 zunächst an die Universität Heidelberg, dann nach Berlin.

Neue Heimat: Berlin

Das Jahr 2009 brachte dem Mathematiker auch privates Glück, er heiratete seine Freundin Natalia: „Zum Glück hatte meine Frau kein Problem damit, mit mir nach Berlin zu ziehen“, sagt Gurevich. Inzwischen haben die beiden eine fast vierjährige Tochter und einen knapp einjährigen Sohn, beide Kinder sind in Berlin geboren.

An der Freien Universität forschte er zunächst in der Arbeitsgruppe von Professor Fiedler im DFG-geförderten Sonderforschungsbereich „Komplexe nichtlineare Prozesse: Analyse – Simulation – Steuerung – Optimierung". Seit 2011 arbeitet er im Sonderforschungsbereich „Kontrolle selbstorganisierender nichtlinearer Systeme: Theoretische Methoden und Anwendungskonzepte". Der interdisziplinäre SFB vereint Fragestellungen aus Mathematik, theoretischer Physik, Chemie und Informatik.

Seit 2013 ist Gurevich Projektleiter einer Nachwuchsgruppe im SFB-910 (Hysteresis and nonlocal interactions), ab dem kommenden Jahr wird er sich im Rahmen eines DFG-geförderten Heisenberg-Stipendiums dem Thema „Nichtvariationelle Hysterese: Selbstorganisation und Musterbildung" widmen. Auf diesem Gebiet will er neue Methoden entwickeln, die die Existenz und Stabilität von Lösungen von Differentialgleichungen beschreiben – mit möglichem Nutzen für fachübergreifende Fragestellungen aus der Physik, aber auch aus den Lebens- und Ingenieurwissenschaften: für die Modellierung etwa von Aktienkursen, Crashtests oder der Klimaentwicklung.

Weitere Informationen

Von-Kaven-Ehrenpreis

Der von-Kaven-Ehrenpreis wird in der Regel Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern aus der Mathematik im Heisenberg-Programm als besondere Auszeichnung zuerkannt. Die Auswahlentscheidung trifft das Fachkollegium Mathematik der DFG, das Preisgeld stammt aus der gleichnamigen Stiftung, die der Mathematiker Herbert von Kaven 2004 zusammen mit der DFG gegründet hat. Der aus Detmold stammende von Kaven starb 2009 mit 101 Jahren. Er interessierte sich bis ins hohe Alter vor allem für die Grundlagen der Mathematik und setzte sich zeitlebens für deren Förderung ein.

Die Gauß-Vorlesung, in deren Rahmen der Preis feierlich übergeben worden ist, wendet sich als öffentliche Vorlesung der Deutschen Mathematiker-Vereinigung an eine breitere, mathematisch interessierte Öffentlichkeit. Den Hauptvortrag hielt in diesem Jahr Professor Robert Ghrist, University of Pennsylvania, Philadelphia, über das Thema "The Mathematics of Holes".