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(Fast) unzerstörbare Kosmopoliten

Anna Gorbushina erforscht Mikroorganismen auf Oberflächen

19.10.2009

Professorin Anna Gorbushina forscht gleichzeitig an der Freien Universität und an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung

Professorin Anna Gorbushina forscht gleichzeitig an der Freien Universität und an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung
Bildquelle: Freie Universität

Ihr Forschungsgegenstand ist äußerst reisefreudig: Von der Sahara bis in die Karibik brauchen die Kleinen nur eine gute Woche. Wie Mikroorganismen das gelingt, und warum sie in der Wüste dieselben bleiben wie in der Antarktis oder auf Berliner Dächern, ist die zentrale Frage, mit der sich Anna Gorbushina, neuberufene Professorin für „Material und Umwelt“ am Institut für Geologische Wissenschaften der Freien Universität, beschäftigt.

Neben ihrer Professur forscht die 41-Jährige auch an der Bundesanstalt für Materialforschung (BAM) in Berlin. Das passt, denn ihr Forschungsgebiet ist die Geomikrobiologie und braucht das Wissen mehrerer Disziplinen – der Mikrobiologie wie der Geologie, der Umweltwissenschaften wie der Materialforschung. Mit nur einem Fach ist den Bakterien und Pilzen nicht beizukommen. Sie sind die harten Jungs unter den Lebewesen: Von der Evolution äußerst selbstgenügsam ausgestattet, benötigen sie keine weiteren Elemente zum Überleben, überstehen Wüstenhitze wie arktische Kälte und können auf fast jeder Oberfläche siedeln – sehr zum Leidwesen von Bauherren und Denkmalpflegern. Alles, was wir an Gebäuden Verwitterung, Schimmel oder – vornehmer – Biofilm nennen, jeglicher Verfall, setzt das Wirken der unersättlichen Mikroorganismen voraus. Es gibt kaum ein Material oder einen Lebensraum, den die mikroskopisch kleinen Überlebenskünstler nicht besetzen. Ihre gesamte Biomasse ist größer als die aller anderen Tiere – Fische, Vögel, Säuger und Insekten – zusammen.

Ein Sieg ist nur auf Zeit möglich

Bis auf wenige Ausnahmen, bei denen Mikroorganismen etwa zum Entfärben oder Reinigen eingesetzt werden, sind sie in der Materialkunde eher unerwünschte Gäste – an der Hauswand ebenso wie auf der Solarzelle, deren Effizienz sie schmälern. Hauptaufgabe Anna Gorbushinas an der BAM wird es sein, mithilfe ihrer Forschungsergebnisse Materialien zu testen und zu entwickeln, die den Bakterien und Pilzen die Besiedlung möglichst schwer machen: Das sind besonders glatte Oberflächen etwa oder neue Materialien, versehen mit einer Art natürlichem Antibiotikum. Solche Erfolge, so sie denn möglich würden, seien aber immer nur Siege auf Zeit, betont die Forscherin: Die Organismen passten sich veränderten Umweltbedingungen schnell an.

Die Professorin hat in St. Petersburg Biologie und Biophysik studiert, bevor sie im Rahmen eines Doktorandenprogramms nach Oldenburg wechselte. Nach ihrer Habilitation ehrte die Alexander von Humboldt-Stiftung sie 2008 mit dem prestigeträchtigen Feodor-Lynen-Stipendium. Direkt im Anschluss folgte der Ruf nach Berlin.