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Einsatz für Europa und die Umwelt

Christian Calliess berät im Sachverständigenrat die Bundesregierung in Umweltfragen

27.02.2009

Auch außerhalb der Wissenschaft beschäftigt sich Christian Calliess mit Fragen des Umweltrechts, und zwar in der Politikberatung

Auch außerhalb der Wissenschaft beschäftigt sich Christian Calliess mit Fragen des Umweltrechts, und zwar in der Politikberatung
Bildquelle: Jan Hambura

Die Fahne der Europäischen Union weht nicht nur in Brüssel, Straßburg und über den Parlamenten der Mitgliedstaaten der EU. Wenn Professor Christian Calliess sein Fenster öffnet, weht im Falle einer leichten Brise die Fahne mit den zwölf gelben Sternen auf blauem Hintergrund auch auf seinem Bürotisch.

Seit April 2008 ist er Inhaber der Professur für öffentliches Recht und Europarecht am Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin. Zuvor lehrte und forschte er in Göttingen, wo er als Direktor den Instituten für Völker- und Europarecht sowie für Landwirtschaftsrecht vorstand. In Düsseldorf geboren, begann Calliess sein Jurastudium in Saarbrücken. Am dortigen Europa-Institut, das einen zu der Zeit in Deutschland noch einzigartigen Studiengang anbot, belegte er Seminare und Vorlesungen in seinem heutigen Spezialgebiet – dem Europarecht. Es begleitete ihn auf seinem weiteren Weg als Stipendiat des Europa-Kollegs in Brügge, als Referendar im Juristischen Dienst der EU-Kommission und als Thema seiner Doktorarbeit zum Subsidiaritätsprinzip des EU-Vertrags. Der Wissenschaftler arbeitet derzeit am Aufbau einer Forschungsstelle an der Freien Universität mit dem Namen „Der Bürger im europäischen Staaten- und Verfassungsverbund“. Hier soll die Kompetenz von Wissenschaftlern zu Themen wie Unionsbürgerrechten und Demokratie in der EU vernetzt und gebündelt werden.

Während seiner Studienzeit in Göttingen „entdeckte“ Christian Calliess sein anderes Standbein, das zunehmend bedeutsame Umweltrecht: „Die Umweltpolitik findet heute zu einem Gutteil auf der europäischen Ebene statt“, erklärt Calliess die Verbindung der Forschungsgebiete. Rund 80 Prozent des deutschen Umweltrechts werden heute von europäischen Vorgaben geprägt. Als etwa Anfang der 1980er Jahre das Waldsterben in den politischen Fokus rückte, wurde über die Einführung von Katalysatoren debattiert. Doch die deutschen Automobilhersteller befürchteten einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Herstellern aus anderen Ländern. Zugleich ist die Luftverschmutzung eine grenzüberschreitende Herausforderung. „An diesem Punkt konnte nur eine europäische Regelung weiterhelfen. Die bekannten Euro-Normen erzwangen europaweit den Einbau von Katalysatoren“, sagt Christian Calliess.

Calliess beschäftigt sich auch außerhalb der Wissenschaft mit Fragen des Umweltrechts: in der Politikberatung. Seit Juli 2008 ist er Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen. Er ist der einzige Jurist in dem siebenköpfigen Gremium, das die Bundesregierung in Umweltfragen nicht nur beraten, sondern aus seiner unabhängigen Position heraus auch Stellung beziehen und Strategien empfehlen soll. In diesem Rahmen setzte sich Calliess etwa für die Verabschiedung eines seit mehr als 20 Jahren geplanten Umweltgesetzbuchs ein, das das Umweltrecht einfacher, bürgernäher und moderner gestalten soll. „Das könnte auch Modellcharakter für die europäische Ebene haben“, sagt Calliess, der sich mit dem Sachverständigenrat in einem Offenen Brief an die Bundeskanzlerin wandte. Die Verhandlungen wurden jedoch für gescheitert erklärt.

Zurzeit arbeitet Calliess an einem Sondergutachten des Sachverständigenrats über die Chancen und Risiken der Nanotechnologie. Die Einrichtung von Sachverständigenräten hält er für wichtig. Ob die Politik freilich auf sie höre, sei eine andere Frage – sicher aber auch eine Frage der Zeit. Nicht von ungefähr verglich der Soziologe Max Weber einmal die Politik mit dem Bohren dicker Bretter.