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„Geschichte war schon immer mein Hobby"

Hans-Joachim Gehrke, Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI), ist Honorarprofessor an der Freien Universität

13.02.2009

Hans-Joachim Gehrke ist Präsident des DAI und Honorarprofessor an der Freien Universität

Hans-Joachim Gehrke ist Präsident des DAI und Honorarprofessor an der Freien Universität.
Bildquelle: Marina Kosmalla

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Geschichte und Archäologie zu fördern, ist dem Althistoriker ein besonderes Anliegen. Darüber hinaus will Professor Hans-Joachim Gehrke  seinen Studierenden eine praxisorientierte Ausbildung anbieten. Im Sommersemester 2009 wird er seine Tätigkeit als Honorarprofessor an der Freien Universität für die Fächer Alte Geschichte und Klassische Philologie mit einer Vorlesung über „Frühe Griechische Geschichte" beginnen.

Die Dielen knarren, wenn Hans-Joachim Gehrke durch sein Büro geht. Wie sollte es auch anders sein im Zimmer des Präsidenten des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI)? Die herrliche alte Villa, die als Sitz des DAI dient, wurde 1912 nach Plänen des Architekten Peter Behrens für den Archäologen Theodor Wiegand gebaut. Sie steht in Berlin-Dahlem, in unmittelbarer Nähe des Campus der Freien Universität. Im März letzten Jahres war Gehrke, nach über 20 Jahren als Professor an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg, nach Berlin zurückgekehrt, um die Aufgabe als Präsident des DAI zu übernehmen. Nun ist er gleichzeitig an die Freie Universität zurückgekehrt, wo er zwischen 1984 und 1987 den Lehrstuhl für Alte Geschichte innehatte: „Ich bin schon immer gerne Hochschullehrer gewesen, vom Anfang bis zum Ende und bin es nach wie vor gerne."

Geschichte aus einer anderen Perspektive

„Ich habe regelmäßig ‚Alte Geschichte‘ gelesen, aber dieses Mal werde ich es ganz anders machen", kündigt Gehrke an, der im Sommersemester 2009 im Rahmen seiner Tätigkeit als Honorarprofessor an der Freien Universität eine Vorlesung über die „Frühe Griechische Geschichte" halten wird. Sein Ziel ist es, nicht die einzelnen Etappen der griechischen Geschichte aneinander zu reihen, sondern die Geschichte vielmehr „aus der Perspektive derer zu betrachten, deren Geschichte es war, die es als ihre Geschichte angesehen haben." Im Zentrum soll stehen, wie es zum sogenannten „Nationbuilding“ oder zur Ethnogenese kam, also darum, „wie die Griechen zu den Griechen geworden sind“.

Hans-Joachim Gehrke zählt zu den renommiertesten Altertumswissenschaftlern in Deutschland. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der historischen Landeskunde des zentralen und östlichen Mittelmeergebietes. Fragen zu sozialen Konflikten und sozialer Integration, interkulturellen Beziehungen, Geschichtsvorstellungen und kollektiven Identitäten beschäftigen ihn. Gehrke studierte Geschichte, Klassische Philologie, Philosophie und Pädagogik an der Georg-August-Universität  Göttingen, wo er 1973 bei dem bedeutenden Althistoriker Alfred Heuß mit einer Arbeit zu Phokion promoviert wurde und sich 1982 habilitierte. „Geschichte war schon immer mein Hobby. Solange ich zurück denken kann, war es schon in der Schule mein Lieblingsfach."

Die Studierenden auch außerhalb der Universität zu unterstützen und ihnen die praktische Arbeit näher zu bringen, ist für den Althistoriker selbstverständlich. Zum Beispiel beteiligt er sie immer an Feldforschungen und auch am DAI sind studentische Hilfskräfte mit verschiedenen Aufgaben betraut. „Das heißt, dass wir eine ausgesprochen praxisorientierte Ausbildung anbieten können. Meine Aufgabe als Präsident des DAI und zugleich als Professor an der Freien Universität sehe ich auch darin, dies weiter zu fördern", so Gehrke.

Brückenschlag zwischen Geschichte und Archäologie

Hans-Joachim Gehrke sind Methoden und Fragestellungen der archäologischen Wissenschaften bestens vertraut. „Von Hause aus bin ich Historiker, aber meine Forschungsschwerpunkte haben immer sehr viel mit Archäologie zu tun", erklärt er. „Eines meiner Arbeitsgebiete ist historische Landeskunde oder historische Geographie. Dabei geht es um die Frage, wie Menschen Räume und Landschaften wirtschaftlich und organisatorisch gestalten. Da ist es sehr wichtig, sich nicht nur auf  schriftliche Quellen zu verlassen."In den 1990er Jahren hat Gehrke zusammen mit Kollegen in interdisziplinären Projekten in Griechenland gearbeitet. Seitdem haben sich die Arbeitsmethoden durch den technologischen und naturwissenschaftlichen Fortschritt stark verändert: „Als wir Anfang der 1990er Jahre einen Survey (Bodenbegehung, M.K.) gemacht haben, sind wir mit Kompass und Karte über die Äcker gelaufen, so nach alter Väter Sitte.“ Heute benutze man ein GPS und müsse sich nicht lange mit der Frage aufhalten: Wo bin ich jetzt? Georadar, „Airborn Laserscanning“ und handliche Laptops hätten die Arbeitsmöglichkeiten ebenfalls enorm verbessert und beschleunigt: „Wir können viel mehr herausfinden – aber wir haben auch viel mehr zu tun."

Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) ist auf dem Gebiet der internationalen archäologischen Forschung die bedeutendste Einrichtung in Deutschland. Seine Funktion sieht Gehrke auch darin, „die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Geschichte und Archäologie zu fördern."

Seine Antrittsvorlesung an der Freien Universität hat Gehrke vergangene Woche im vollbesetzten Hörsaal 1b an der Habelschwerdter Allee zum Thema „Vergangenheitsrepräsentation bei den Griechen" gehalten.