Ewald Harndt
Von 1967 bis 1969 war Ewald Harndt (geb. 22. Januar 1901 in Berlin, † 11. Oktober 1996 in Bad Pyrmont), Professor für Zahnmedizin, Rektor der Freien Universität Berlin.
Zwischen 1920 und 1926 studiert Ewald Harndt Medizin und Zahnmedizin in Berlin. Ab 1927 ist er am Zahnärztlichen Institut der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin tätig.
1936 tritt Harndt der NSDAP bei. Später gibt er an, erst 1938 – mit zweijähriger Verzögerung aufgrund „politischer Unzuverlässigkeit“ – eine Dozentur erhalten zu haben. Die historische Analyse seiner Aussagen im Entnazifizierungsverfahren zeigt jedoch Widersprüche. Der Medizinhistoriker Dominik Groß kommt 2023 zu dem Schluss, dass Harndt nicht als Opfer, sondern als politischer Mitläufer des NS-Regimes einzustufen sei. Zwar sei er kein überzeugter Nationalsozialist gewesen, doch habe er sich dem Regime durch Mitgliedschaften in NS-Organisationen, die Einbindung in NS-Netzwerke und die Unterstützung der nationalsozialistischen „Gesundheitspolitik“ angedient. (Groß, Dominik: Ein komplexer Fall: Ewald Harndt (1901-1996) und sein Verhältnis zum Nationalsozialismus; Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 2/2023, KVM - Der Medizinverlag, 2023)
Im Dezember 1945 wird Harndt wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft von der Sowjetischen Militäradministration aus der Berliner Universität entlassen. Bereits ein Jahr später kehrt er jedoch als kommissarischer Leiter der Abteilung für Konservierende Zahnerhaltung an das Zahnärztliche Institut zurück und erhält dort 1948 eine ordentliche Professur. Im Mai 1950 wird er Direktor des Zahnärztlichen Instituts an der nun in Humboldt-Universität umbenannten Berliner Universität, verlässt dieses jedoch im November desselben Jahres aus politischen Gründen und wechselt 1951 an die Freie Universität.
Im Oktober 1956 wird Harndt an der FU Berlin Professor für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und übernimmt die Leitung der Poliklinik für Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten.
Von 1967 bis 1969 ist er der zwölfte Rektor der Freien Universität Berlin.
Harndt wird Ehrenmitglied zahlreicher zahnärztlicher Fachgesellschaften und erhält internationale Auszeichnungen. Über sein Fachgebiet hinaus wird er durch seine Publikation Französisch im Berliner Jargon bekannt, die sich mit dem Einfluss der Hugenotten auf die Berliner Umgangssprache befasst und in zahlreichen Auflagen erscheint (Erstauflage 1977).
Anlässlich seines 100. Geburtstags findet im Jahr 2001 das erste Ewald-Harndt-Symposium statt. Dabei verleiht die Zahnärztekammer Berlin erstmals die Ewald-Harndt-Medaille, deren erster Preisträger ein Team ist, das sich um die zahnärztliche Betreuung Obdachloser verdient macht. Im Jahr 2019 wird die nach Harndt benannte Auszeichnung in Reaktion auf das Bekanntwerden seiner NSDAP-Vergangenheit umbenannt und trägt seitdem den Namen „Philipp-Pfaff-Preis“.