Interdisziplinäre Tagung zu "Migration und Flucht" am ZDS Peking
Es gibt wohl kaum ein Thema, das aktuell weltweit so viel Aufmerksamkeit findet wie die Situation von Flüchtlingen im Nahen Osten und in Europa sowie der Umgang insbesondere der EU-Staaten mit dieser sogenannten ‚Flüchtlingskrise‘. Auch in China, wo die Problematik von Migration und Flucht zunehmend an Bedeutung gewinnt, der gesellschaftliche Diskurs darüber aber noch nicht sehr ausgeprägt ist, blickt man mit großem Interesse nach Europa und insbesondere nach Deutschland. So lag es nahe, während der diesjährigen Tagung des Zentrums für Deutschlandstudien (ZDS) vom 17.–18.09.2016 an der Peking Universität Migration und Flucht aus historischer und aktueller Perspektive interdisziplinär in den Blick zu nehmen.
News vom 19.09.2016
An diesem Wochenende versammelten sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus China, Deutschland und Österreich am ZDS, um aus der Sicht ihres jeweiligen Faches – Geschichts-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Soziologie, Politologie, Philosophie und Germanistik – unterschiedliche Aspekte dieses in der öffentlichen Debatte häufig sehr emotional besetzten Themas zu beleuchten, in einen breiteren Kontext einzuordnen und damit – so der renommierte Migrationsforscher Prof. em. Dr. Josef Ehmer von der Universität Wien in seinem einführenden Festvortrag über „Migrationen in der europäischen Geschichte – eine Langzeitperspektive“ – eine „Entdramatisierung der Gegenwart“ zu erreichen. Zum Erkenntnisgewinn trugen dabei in besonderem Maße die der Interdisziplinarität und Internationalität der Tagung geschuldeten unterschiedlichen Zugänge zur Thematik bei. Die Tatsache, dass Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler als Vortragende eingebunden wurden, setzte zusätzlich frische Akzente. Als Fazit der Tagung lässt sich konstatieren, dass die aktuelle ‚Flüchtlingskrise‘ zwar eine Herausforderung darstellt, deren Auswirkungen momentan noch nicht klar absehbar sind, dass sie aber aus langfristiger globalhistorischer Perspektive betrachtet nichts Singuläres an sich hat und durchaus zu bewältigen scheint.
Mit einer kulturellen Migrationsgeschichte der besonderen Art klang die Tagung am Sonntagabend aus: Martin Walser und seine Koautorin Thekla Chabbi lasen aus dem Roman „Ein sterbender Mann“, der aktuell von Huang Liaoyu, dem Direktor des ZDS, ins Chinesische übertragen wird, und der chinesische Schriftsteller Li Er, dessen Romane „Der Granatapfelbaum, der Kirschen trägt“ und „Koloratur“ wiederum von Thekla Chabbi ins Deutsche übersetzt worden sind, sprach anschließend mit Walser über dessen Werk und über die deutsch-chinesischen Literaturbeziehungen.