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Was sind Plagiate?

Textplagiate weisen zwei Dimensionen auf: (1) Eine nachweisbare Ähnlichkeit zu einem anderen Text, der (1.a.) das Plagiat vordatiert, (1.b.) einer anderen Person zugeordnet werden kann und (1.c.) auf dessen Nutzung als Quelle nicht (hinreichend) hingewiesen wird. (2) Eine Täuschungsabsicht.  

Eine allgemeinverbindliche Definition des Begriffs ‚Plagiat‘ gibt es weder in den Wissenschaften, noch als Legaldefinition in der Deutschen Gesetzgebung (Geiger, jM 2015, S. 2). Aus rechtlicher Perspektive wurde der Plagiatsbegriff indes in der ständigen Rechtsprechung als Aneignung fremden geistigen Eigentums mit einhergehender Autorschaftsanmaßung konturiert:

"[Die Würdigung des Begriffs als "'Diebstahl' eines geistigen oder künstlerischen Werkes"] entspricht der Lebenserfahrung, nach der man mit dem Begriff des Plagiats die Vorstellung von einem geistigen Diebstahl verbindet, bei dem fremdes Geistesgut als eigenes ausgegeben wird ...." (BGH, Urteil vom 12. Januar 1960 – I ZR 30/58 –, Rn. 39, juris)

Auch in der Wissenschaft erfuhr der Begriff im Zuge der Normierung und Implementation von Regeln zur guten wissenschaftlichen Praxis eine klarer Eingrenzung. So erwähnt der DFG-Kodex das Plagiat in den Erläuterungen zur Leitlinie 19 und definiert es im zugehörigen Kommentar als "[u]ngerechtfertigtes Zueigenmachen fremder wissenschaftlicher Leistungen durch ... die ungekennzeichnete Übernahme von Inhalten Dritter ohne die gebotene Quellenangabe ('Plagiat')". In der Satzung zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis der Freien Universität Berlin, wird das Plagiat in § 14 Abs. 3 als eine Form des wissenschaftlichen Fehlverhaltens aufgeführt und als unzulässige Aneignung fremder wissenschaftlicher Leistungen durch die ungekennzeichnete Übernahme von Inhalten Dritter ohne die gebotene Quellenangabe beschrieben.

Eine recht umfassende Definition geht auf Teddi Fishman zurück, die bereits 2009 vorschlug, von Plagiarismus dann zu sprechen, wenn

  1. Worte, Ideen oder Arbeitsergebnisse (auch physischer Natur) genutzt werden,
  2. die einer anderen, identifizierbaren Person oder Quelle zugeordnet werden können,
  3. ohne dass (ausreichend) auf die Ursprungsquelle verwiesen wird,
  4. und die konkrete Nutzungssituation den legitimen Schluss zulässt, dass es sich um einen (eigenen) Beitrag bzw. ein eigenes Werk handelt,
  5. mit dem Ziel, dadurch einen Vorteil oder (auch immateriellen) Gewinn zu erlangen. (Fishman 2009, S. 5)

Dieser Vorschlag hat gegenüber den eingangs genannten Definitionsansätzen, den Vorteil, dass er bereits recht konkret die Gegenstände (1) benennt, auf die Zuordbarkeit der übernommenen Gegenstände abstellt – und zwar unabhängig davon, ob diese (noch) urheberrechtlich geschützt sind, so dass auch gemeinfreie oder gekaufte Texte (Ghostwriting) erfasst werden (2).

Zentral ist auch hier, dass die eigentliche Quelle (ausreichend) kenntlich gemacht wird (3) und – dieser Punkt ist dann für die Bewertung von Plagiaten relevant – bei den Rezipient*innen der Eindruck entsteht, es handle sich um einen eigenen Beitrag (4). Dieser Aspekt der Täuschung, der sich dann auch in dem damit verbundenen Ziel (5) verwirklichen soll, wird in der Rechtsprechung mit Konzepten 'Vorsatz' und 'Eventualvorsatz' verknüpft. Die Täuschung wird also gezielt als Folge des Plagiats als 'Taterfolg' gewollt oder zumindest als möglicher Taterfolg in Kauf genommen.

Fishman, Teddi. 2009. “We know it when we see it” is not good enough: toward a standard definition of plagiarism that transcends theft, fraud, and copyright. Educational Integrity: Creating an Inclusive Approach. Proceedings of the 4th Asia Pacific Conference on Educational Integrity (4APCEI), 28-30 September 2009, University of Wollongong, NSW, Australia, https://ro.uow.edu.au/apcei/09/papers/37/

Gärditz, Klaus Ferdinand. 2013. Die Feststellung von Wissenschaftsplagiaten im Verwaltungsverfahren Hochschulrechtliche Probleme und wissenschaftspolitischer Handlungsbedarf. Wissenschaftsrecht 46 (1), S. 3-36. https://www.doi.org/10.1628/094802113X668471

Hagenström, Felix. 2022. Plagiate. In Wissenschaftliche Fairness, hrsg. von Katrin Frisch, Felix Hagenström und Nele Reeg, S. 83-138. Bielefeld: transcript. https://doi.org/10.14361/9783839459669-005