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"Die Begeisterung der Schülerinnen und Schüler hat mich überzeugt."

Im Gespräch mit Studierenden des Praxissemesters

27.04.2018

Bildquelle: René Dohrmann

Bildquelle: René Dohrmann

Bereits im dritten Semester des Masterstudiums wird angehenden Lehrerinnen und Lehrern durch die neue verpflichtende Studienphase des Praxissemesters die Möglichkeit gegeben, sich auf längere Zeit in den Alltag von Schulen einzufinden. In Berlin nehmen Lehramtsstudentinnen und -studenten während des gesamten Winterhalbjahres an Schulausflügen und Elternabenden, an Studientagen sowie an Klassenkonferenzen teil. In diesem Wintersemester hat die zweite Kohorte von Studierenden ihr Praxissemester an rund 400 Berliner Schulen begonnen. K2teach traf sich mit David Benndorf (Grundschulpädagogik), Viktoria Ceglarski (Mathematik, Physik), Oliver Prigge (Latein, Politikwissenschaft) und Julia Voigt (Biologie, Physik), um mit ihnen über ihre Erfahrungen aus dem Praxissemester zu sprechen.

 

Im Praxissemester hattet ihr das erste Mal die Gelegenheit, theoretisch erlernte Studienhalte praktisch umzusetzen. Wie habt ihr diese Möglichkeit wahrgenommen?

Prigge: Ich persönlich war sehr froh und dankbar, nun die Gelegenheit zu haben, mich in der Schulpraxis auszuprobieren. Zwar haben wir im Bachelorstudium bereits das Orientierungspraktikum, doch im Praxissemester sind wir längerfristig an der Schule.  Man bekommt so die Chance, aus der Rolle des Lernenden rauszutreten und das theoretisch Gelernte praktisch anzuwenden. Das Praxissemester ist eine ganz tolle Neuerung für das Lehramtsstudium.

Voigt: Ich finde es auch eine sehr schöne Gelegenheit, Teil einer Schulgemeinschaft zu sein, für einen längeren Zeitraum eine Klasse zu begleiten und zu unterrichten, an Fachkonferenzen teilzunehmen und generell einen Einblick zu bekommen, was für Aufgaben in der Zukunft auf uns alle zukommen werden.

Ceglarski: Dem kann ich nur zustimmen. Die älteren Kolleginnen und Kollegen haben mich sogar ein Stück weit beneidet um diese Möglichkeit.

 

Was war euer schönstes Erlebnis an der Schule?

Voigt: Tatsächlich war es das Feedback der Schülerinnen und Schülern, die mir gezeigt haben, dass das der geeignete Beruf für mich ist. Es ist wunderbar, wenn man etwas Neues ausprobiert und man merkt, dass es den Schülerinnen und Schüler Spaß macht. Großartig an dem Praxissemester ist, dass man unmittelbar Feedback bekommt.

Ceglarski: Dem kann ich mich anschließen, der Umgang mit den Schülerinnen und Schülern ist wirklich klasse. Gerade auch über diesen langen Zeitraum die Möglichkeit zu haben, sich aneinander zu gewöhnen, hat mir besonders gefallen. Am Ende kamen die Schülerinnen und Schüler zu mir und sagten: "Oh schade, dass wir keinen Unterricht mehr bei Ihnen haben, es hat mit Ihnen viel Spaß gemacht". Das war für mich eine sehr schöne Erfahrung.

Prigge: Ich finde gerade auch bei den jüngeren Schülerinnen und Schülern dieses noch so unmittelbare Feedback toll. Wenn etwas weniger gut läuft, wird das direkt kommuniziert, aber auch, wenn es gut läuft. Die Begeisterung der Schülerinnen und Schüler hat mich bestätigt, dass das der richtige Beruf ist. Gleichzeitig hat es mich auch motiviert, von den Mentorinnen und Mentoren sowie anderen Lehrkräften Zuspruch zu bekommen.

Benndorf: Ja, gerade bei den jüngeren Schülerinnen und Schülern in der Grundschule wird sofort gespiegelt, ob es ihnen Spaß macht. Die Erfahrung ist auch wichtig für mich als Lehrperson.

Prigge: Zugleich ist es  ausgesprochen hilfreich, festzustellen, ob es mir selbst auch Spaß macht. Das war auch etwas, was mir selbst sehr wichtig war, festzustellen, ob ich das auch möchte, wenn ich das für einen längere Zeit mache und letzten Endes war ich jeden Tag motiviert, in den Unterricht zu gehen. 

 

Wie war die Betreuungssituation durch die Schule?

 

Bildquelle: René Dohrmann

Bildquelle: René Dohrmann

Voigt: Ich wurde gleich am ersten Tag vom gesamten Kollegium sehr freundlich aufgenommen. Ich hatte immer eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner, habe zudem bei sehr vielen Lehrerinnen und Lehrern hospitiert und unterrichtet, um mir die unterschiedlichen Lehrerpersönlichkeiten anzuschauen. Ansonsten hatte ich regelmäßig Kontakt zu Schulleitung sowie anderen Praktikantinnen und Praktikanten. Die Betreuung von Seiten der Schule habe ich als sehr hilfreich empfunden. Wichtig ist, unterschiedliche Klassen zu unterrichten, um zu sehen, worauf genau man achten muss, da die Klassenstufen verschiedene Ansprüche und Besonderheiten haben. Ich habe auch viel hospitiert, um mir die unterschiedlichen Lehrerpersönlichkeiten anzuschauen, was sehr spannend war.

Ceglarski: In Mathematik hatte ich von Anfang an eine Mentorin, mit der ich mich sehr gut verstanden habe. Da sie noch nicht lange Lehrerin ist, war es eine gleichberechtige Zusammenarbeit: Wir haben gemeinsam Klassenarbeiten aufgesetzt und uns gegenseitig reflektiert. In Physik war es sehr viel strukturierter, da mein Mentor versucht hat, mir seine fachliche Kompetenz, Struktur und Herangehensweise an den Unterricht näher zu bringen. Er hat mir auch viele Tipps für das Referendariat gegeben, was ich als sehr gewinnbringend empfunden habe.

Prigge: Die Referendarinnen und Referendare sind sehr neugierig gewesen, was genau das Praxissemester ist, da sie diese Möglichkeit nicht hatten. Meine Mentorinnen und Mentoren haben mich beide sehr gut betreut, auf verschiedene Art und Weise, da der Unterricht von beiden unterschiedlich strukturiert war. In Latein konnte ich mehr an der Planung teilhaben und wurde mehr in den Unterricht integriert. Dafür hatte ich in Politik einen Fachseminarleiter als Mentor, der mich nicht so sehr in das laufende Geschehen integriert hat, mir dafür aber ein sehr zielgerichtetes Feedback gegeben hat.

Benndorf: Besonders beeindruckt hat mich bei meinen Mentorinnen und Mentoren, wie viel wirklich unter den Lehrerinnen und Lehrern im Team gearbeitet wurde, in das ich gleich integriert wurde, so dass wir viel zusammen konzipiert haben.

 

Das Praxissemester verfolgt das Ziel, Schulen und universitäre Lehrerausbildung stärker zu verknüpfen. So nehmen die Studierenden während ihres Praxissemesters nicht nur an begleitenden Seminaren an der Universität teil, zugleich arbeiten sie an den Schulen an einem Lernforschungsprojekt, das beispielsweise die Unterrichtsqualität untersucht. Begleitende Lerngelegenheiten an Schule und Universität bereiten diese Aktivitäten und Erfahrungen vor und nach.  

Wie habt ihr die Betreuung durch die Universität wahrgenommen und inwieweit war diese für euch hilfreich?

Voigt: Während man sich in Physik wöchentlich traft, gab es in Biologie alle zwei Wochen ein Blockseminar. Im Vordergrund stand vor allem der Austausch über Erfahrungen und Unterrichtsentwürfe. Am Ende des Seminars haben wir unsere Unterrichtsentwürfe vorgestellt und reflektiert. Außerdem haben wir uns die Frage gestellt, wie genau Unterricht vorbereitet wird. Dabei haben wir uns viel mit Methoden auseinander gesetzt. Gleichzeitig wurden auch noch andere Themen beleuchtet, die bei der Planung von Unterricht hilfreich sein können. Außerdem mussten wir zweimal bei anderen Kommilitonen hospitieren und ein Hospitationsprotokoll anfertigen, was beiden Seiten hilft, da wir das zielgerichtete Beobachten lernen und aus den Erfahrungen Anregungen für den eigenen Unterricht mitnehmen können. Außerdem gab es das Lernforschungsprojekt, in dem wir immer eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner hatten.

Ceglarski: Beim Lernforschungsprojekt fand ich besonders gut, dass wir viele verschiedene Deadlines hatten, was das eigene Vorgehen sehr strukturiert hat. Mein Schulleiter war auch begeistert und interessiert an der Idee des Lernforschungskonzeptes. Außerdem haben wir Vorbereitungsseminare belegt, in denen wir uns mit den anderen Studierenden, die auch im Praxissemester sind, austauschen konnten.

Bildquelle: René Dohrmann

Bildquelle: René Dohrmann

Prigge: Ich finde generell das Konzept eines Begleitseminars als Forum für Studierende, sich auszutauschen, sehr wichtig. Es ist äußerst hilfreich, über fachdidaktische Inhalte und Methoden zu sprechen, um sich ein Repertoire erarbeiten zu können, auf das man später zugreifen kann. Sehr gut fand ich das Begleitseminar zum Lernforschungsprojekt, weil es uns zielgerichtet angeleitet hat und uns gezeigt hat, wie wir unser eigenes Lernforschungsprojekt durchführen können.

 

Gibt es eine Sache, die ihr aus dem Praxissemester für euren späteren Lehrberuf mitnehmt?

Prigge: Auf Politik bezogen, würde ich sagen: Eine gute Sachanalyse ist die halbe Vorbereitung. Wenn man sich intensiv in das Thema eingelesen hat, macht das die anderen Planungsaspekte deutlich einfacher. Gleichzeitig ist der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, auch fachübergreifend, unglaublich wichtig.

Benndorf: Für mich ist es ganz zentral, mich nach dem Unterricht zu reflektieren und zu beobachten, wo gehen die Schülerinnen und Schüler mit oder was hat ihnen nicht so gefallen. Dadurch kann man sich stetig weiterentwickeln.

Voigt: Ich werde einen Rat, den ich oft bekommen habe, beherzigen: Die Stunden und Reihen vom Ende her zu planen. Und vor allem, auch mal mutig zu sein und etwas ganz Neues auszuprobieren. 

Das Interview führte Annekatrin Lietz