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LIT_6: Theatro de los dioses: mythologische Konstellationen, literarische Netzwerke (vom Siglo de Oro bis in die Gegenwart)

Sektionsleitung: Claudio Castro Filho (Universidad de Granada / Universidade de Coimbra), Simon Kroll (Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg)

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Fray Baltasar de Vitoria publiziert 1620 in Madrid zum ersten Mal sein Theatro de los dioses de la gentilidad, das sich in die mitografische Tradition Ovids, Boccaccios und der Philosophia secreta von Pérez de Moya einschreibt. Im Falle der beiden umfangreichen Bände Vitorias lässt sich sagen, dass sein Einfluss nach und nach mit der zweiten, erweiterten Edition von 1737 zunimmt. Diese korrigiert kleine Fehler und vertieft die den Mythos betreffende Verbindung von Literatur, Emblematik und Ikonographie. Die mythologische Ekphrase und die Verbindung zwischen Poesie und Malerei in der Romantik, lassen sich als Folge einer Überlieferung sehen, die sich bis zu den Avantgarde-Literaturen der Edad de Plata erstreckt. Martínez Nadal hat in diesem Zusammenhang auf das Interesse der Avantgarde-Autoren für das Theatro de los dioseshingewiesen. Die Mitographien der frühen Neuzeit erhalten nicht nur die mythischen Erzählungen der Antike, sondern bilden eine unvermeidliche Herausforderung für den Humanismus, da sie die klassischen Quellen aus einer erneuerten stilistischen, moralischen und philosophischen Perspektive betrachten. 

Gleichzeitig haben entscheidende Autoren im Bereich der Mythologie (Freud, Lévy-Strauss, Eliade, Maffesoli, etc.) dargelegt, welche Rolle die archaischen und klassischen Mythen für die Konstitution des Humanismus spielen: der Mythos inspiriert Modelle menschlichen Lebens und sozialen Handelns und löst neue Prozesse der Mythologisierung aus, die wiederum neue mythographische Konstellationen bilden. Die kulturellen Erzeugnisse der spanischsprachigen Kulturen haben sich nicht von diesem Prozess entfernt und verwenden den antiken Mythos immer wieder für ästhetische Erneuerungen. Von den mythologischen Fabeln Garcilasos und Góngoras, den autos sacramentales und comedias mythologischer Stoffe, bis zu den mitemas der Generación del 27, oder den Stierkampfmotiven bei Picasso, vom klassischen Arkadien bis zu den Ninfen von Max Aub hat die hispanische Kultur einen permanenten Dialog mit dem antiken Mythos geführt, indem sie ihn als transformierendes Element der Sprache oder als Katalysator ästhetischer Erneuerungsdiskurse konfiguriert.

Diese Sektion möchte Beiträge sammeln, welche das Problem des griechisch-römischen Mythos aus der Perspektive der Eingliederung in die hispanische Kulturproduktion vom Siglo de Oro bis zur Gegenwart analysiert. Welche Netze und Gewebe verbinden die antiken mythologischen Konstellationen mit den neuen Mythographien aus dem hispanischen Kontext? Was bedeutet der Mythos und was seine Eingliederung in unterschiedlichen Werken unterschiedlicher Zeiten? Wir erwarten Beiträge internationaler Spezialisten der Literatur- und Kulturwissenschaften sowie der Kunstgeschichte, um auf diese Weise einen transversalen Dialog mit den verschiedenen Disziplinen der Geisteswissenschaften zu ermöglichen.

Kontakt: claudiocastro@ugr.es , simon.kroll@gmail.com