Tim Kerkmann
Kerkmann untersucht am Institut für Asien- und Afrikawissenschaften der Humboldt-Universität, wie die Great Depression Unabhängigkeitsbewegungen im Britischen Empire stärkte. Seine Forschung basiert auf Archivstudien in Ghana, Malaysia und London.
13.05.2025
Tim Kerkmann
Tim Kerkmann vor dem Ghanaischen Nationalarchiv in Accra (November 2024)
Britische Kolonialberichte aus den 1930er-Jahren in der Balme Library der University of Ghana in Accra-Legon
Tim Kerkmann in Kuala Lumpur anlässlich seiner Archivreise nach Malaysia (März 2025)
Tim Kerkmann absolvierte sein Bachelorstudium in Geschichte (Hauptfach) und Geographie (Nebenfach) an den Universitäten in Tübingen und Aix-en-Provence (Frankreich). Sein Masterstudium in Global History führte ihn anschließend an die Humboldt-Universität zu Berlin, die Freie Universität Berlin und an die Universidad de Zaragoza (Spanien).
Nach dem Masterabschluss an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Freien Universität Berlin im Februar 2022 arbeitete Kerkmann zunächst als Finanzjournalist. Seit Oktober 2024 widmet er sich vollständig seiner bereits im Oktober 2022 begonnenen Promotion im Fach Afrikanische Geschichte an der Humboldt-Universität.
In seiner Dissertation erforscht Kerkmann die bislang wenig untersuchten Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise (engl. Great Depression) auf die britischen Kolonien Goldküste (heute Ghana) und Britisch-Malaya (heute West-Malaysia). Der Untersuchungszeitraum reicht von 1929 bis 1939, wobei besonders die frühen 1930er-Jahre, als die globalen wirtschaftlichen Erschütterungen ihren Höhepunkt erreichten, im Fokus der Arbeit stehen.
Die Themenwahl resultiert aus der Identifikation zweier zentraler Forschungslücken: Erstens konzentrierte sich die wirtschaftshistorische Forschung über die prägenden Jahre der Weltwirtschaftskrise vorwiegend auf Europa und die USA, während vergleichende Fallstudien zu Regionen des Globalen Südens selten sind. Zweitens liegt der Schwerpunkt vieler Arbeiten über Unabhängigkeitsbewegungen meist auf der Zeit nach 1945; die frühen Formen antikolonialen Widerstands in der Zwischenkriegszeit sind hingegen oft nur in Ansätzen untersucht worden, obwohl sie richtungsweisende Entwicklungen anstießen.
Aus diesen Gründen richtet Kerkmanns Arbeit den Fokus auf zwei tropische Plantagenkolonien des Britischen Empires während der Great Depression. Beide Kolonien waren eng in den Weltmarkt eingebunden: Das wirtschaftliche Wohlergehen der Goldküste hing maßgeblich von den Weltmarktpreisen für Kakao und Gold ab, das von Malaya von den Preisen für Kautschuk und Zinn. Die große Abhängigkeit von diesen Rohstoffen wurde während der Great Depression besonders deutlich, als die Preise innerhalb weniger Monate um mehr als die Hälfte einbrachen. Der massive Handelsschock führte zu tiefgreifenden ökonomischen Umbrüchen, verschärfte soziale Spannungen und löste politische Reaktionen aus.
Kerkmanns zentrales Argument lautet: Die Great Depression entlarvte strukturelle Schwächen der kolonialen Wirtschaftsordnung und trug entscheidend zur Politisierung weiter Bevölkerungskreise bei. Während in der Goldküste bäuerliche Proteste, Steuerboykotte und erste antikoloniale Bewegungen erstarkten, erschwerten in Malaya ethnische Spannungen und repressive Maßnahmen – darunter die Repatriierung hunderttausender chinesischer und indischer Arbeiter (und weniger Arbeiterinnen) – eine breitere Mobilisierung. Die unterschiedlichen Reaktionen auf die Krise in den beiden untersuchten Kolonien lassen sich durch kontrastierende Eigentumsverhältnisse, Arbeitsmigrationsmuster und gesellschaftliche Machtstrukturen erklären.
Um diese Entwicklungen greifbar zu machen, verbindet die Dissertation wirtschafts- und politikgeschichtliche Perspektiven mit einer transkontinentalen Vergleichsmethode. Sie stützt sich auf eine Vielzahl bislang kaum ausgewerteter Quellen, die Kerkmann in dreimonatigen Archivaufenthalten in Accra (Ghana) und Kuala Lumpur (Malaysia) erschließen konnte – finanziert durch ein Forschungsstipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Weitere zentrale Quellen wird er im Herbst 2025 im Britischen Nationalarchiv in London sichten.
Kerkmanns Doktorarbeit wird von Prof. Dr. Baz Lecocq betreut und seit April 2025 durch ein einjähriges Abschlussstipendium der Elsa-Neumann-Stiftung des Landes Berlin gefördert.
Weitere Informationen
E-Mail-Adresse: timrubenkerkmann95@gmail.com