Hannah Grabietz
Die Biologin forscht an der HU Berlin an einer nadelartigen Struktur, mit der Bakterien Giftstoffe in Wirtszellen injizieren. Sie untersucht, wie die zu injizierenden Proteine ausgewählt werden und welche Rolle die mRNA dabei spielt.
20.08.2024
Erbrechen und Durchfall – wer kennt das nicht? Solche unangenehmen Symptome sind oft die Folge eine Lebensmittelvergiftung, zu deren häufigsten Ursachen ein Bakterium namens Salmonella gehört. Infektionen mit Salmonella entstehen durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel und können von leichten Beschwerden bis hin zu schweren Erkrankungen reichen und in schlimmstenfalls sogar tödlich enden. Jedes Jahr sind weltweit Millionen von Menschen von Lebensmittelvergiftungen durch Salmonella betroffen. Vor allem für ältere Menschen und Kinder stellt das Bakterium eine Gefahr dar. Erschwerend kommt hinzu, dass der übermäßige oder falsche Einsatz von Antibiotika in Landwirtschaft und Medizin zunehmend zu Multiresistenzen führt, die die Behandlung von Lebensmittelvergiftungen verlängern oder unwirksam machen. Der Austausch von Antibiotikaresistenz-Genen zwischen verschiedenen Bakterienspezies lässt auch neu entwickelte Antibiotika schnell unwirksam werden. Dies erfordert die Entwicklung neuer Strategien im Kampf gegen bakterielle Infektionen. Ein neuer Ansatz ist die sogenannte Anti-Virulenz-Strategie, bei der nur Strukturen und Mechanismen angegriffen werden, die eine Rolle bei der Infektion spielen, ohne jedoch das Überleben der Bakterien zu beeinträchtigen. Dadurch wird der selektive Druck zur Entwicklung von Resistenzen verringert.
Ein mögliches Ziel dieser Anti-Virulenz-Strategie ist das sogenannte Injektisom, eine Struktur, die von Salmonella und vielen anderen Bakterien wie eine Nadel genutzt wird, um Giftstoffe in menschliche Wirtszellen zu injizieren, wo sie dann eine Infektion auslösen. Das Injektisom nutzt ein so genanntes Typ-III-Sekretionssystem für den Export von verschiedenen Proteinen. Bevor es mit der Injektion der Giftstoffe in die Wirtszelle beginnt, sondert es seine eigenen Bausteine in einem hoch regulierten Selbst-Assemblierungsprozess ab, die sich dann zu der Nadel zusammensetzten. Jedoch ist unbekannt, wie die Nadel-Bausteine und später die Giftstoffe aus Tausenden von Proteinen im Zellinneren ausgewählt werden und wie sie zum Typ-III-Sekretionssystem gelangen.
In ihrem Dissertationsprojekt untersucht Hannah Grabietz die Hypothese, ob nicht das Protein selbst zum Injektisom geführt wird, sondern bereits die sogenannte mRNA, also der Bauplan, der die genetische Information für den Aufbau des Proteins enthält. Hannah vermutet, dass die mRNA durch ein Signal ausgewählt und zum Injektisom geführt wird, wo das Protein dann lokal hergestellt und direkt abgesondert wird. Für ihre Forschung setzt sie innovative Techniken ein, um die mRNAs zu markieren und nutzt hochauflösende Mikroskopie, die es ermöglicht, einzelne mRNAs innerhalb der Bakterienzelle zu beobachten. Dabei verfolgt sie das Ziel, den Mechanismus der Protein-Auswahl im Detail zu verstehen, um anschließend Ideen zu entwickeln, diesen Mechanismus zielgerichtet zu blockieren. Dadurch soll es in Zukunft möglich werden, im Sinne der Anti-Virulenz-Strategie die Ausbildung der Nadel und die Injektion der Giftstoffe gezielt verhindern zu können. So könnten die Bakterien unschädlich gemacht werden, ohne sie zu töten, und damit eine weitere Resistenzbildung zu vermeiden.
Weitere Informationen
https://www.molmicro.hu-berlin.de
grabieth@hu-berlin.de

