Yasemin Soysal, Patryk Kusch und Matthew Harder
Yasemin Soysal, Patryk Kusch und Matthew Harder recherchierten als Forscher-Alumni-Stipendiaten in Brasilien und Berlin
Doktorand Matthew Harder ist zurzeit Forscher-Alumni-Stipendiat an der Freien Universität.
Bildquelle: Jennifer Gaschler
Matthew Harder promoviert an der University of Missouri. Der US-amerikanische Archäologe forscht zu einer Kleinstadt in Zentralitalien, genauer: zu deren Entwicklung von 600 vor bis 300 nach Christus. Noch in diesem Monat wird er zum ersten Mal zur Feldforschung nach Amelia in Umbrien reisen, doch zurzeit ist er in Berlin. Sechs Wochen lang verbringt Matthew Harder als Stipendiat des Forscher-Alumni-Programms am Institut für Klassische Archäologie der Freien Universität.
Forscher-Alumni sind internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die im Zuge ihrer akademischen Laufbahn an der Freien Universität als (Post-)Doktoranden oder Gastprofessoren geforscht und dann ihre Karriere in einem anderen Land fortgesetzt haben. Mit dem Vernetzungs- und Förderstipendium möchte die Freie Universität die Verbindung zu den Ehemaligen halten und das weltweite Netzwerk mit anderen Universitäten stärken.
„Über das Programm können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für weitere zwei bis sechs Wochen zu Forschungszwecken an die Freie Universität kommen – oder den Wissenschaftsnachwuchs aus ihrem Arbeitsumfeld zu uns senden“, erläutert Franca Brand, Leiterin des Alumni-Büros. Umgekehrt könnten Nachwuchswissenschaftler der Freien Universität von bereits bestehenden Verbindungen profitieren: „Sie können über ein Stipendium einen mehrwöchigen Forschungsaufenthalt an internationalen Universitäten verbringen, von denen bereits Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler an der Freien Universität waren.“ Die Kosten für Anreise und Aufenthalt übernimmt das Forscher-Alumni-Programm.
Das Gastgeber-Prinzip
Eine Gastgeberin oder ein Gastgeber nimmt die Programmteilnehmer an der jeweiligen Universität auf – im Falle von Matthew Harder ist das Monika Trümper. Mit der Professorin für Klassische Archäologie hatte Harder zuvor vereinbart, wen er an der Freien Universität treffen möchte, erzählt der Stipendiat. „Mein Dissertationsthema ist sehr spezifisch, deshalb war es wirklich schön, mit anderen Doktoranden in Kontakt zu kommen, die an ähnlichen Projekten arbeiten.“ Gewinnbringend gewesen sei auch ein Gespräch mit Archäoinformatikerin Silvia Polla. Die Juniorprofessorin forscht unter anderem zum Einsatz von geografischen Informationssystemen bei Ausgrabungen, eine Methode, die Matthew Harder selbst zukünftig anwenden möchte.
Der Doktorand, der die erste Langzeitstudie über das antike Amelia erhebt, nutzt seinen Aufenthalt an der Freien Universität auch für umfangreiche Recherche in der Campusbibliothek: „Durch die lange archäologische Forschungstradition in Berlin ist die Literatur hier umfassender und spezifischer als in Missouri“, sagt er. In seiner Dissertation untersucht Harder vor allem, wie sich die Bewohnerinnen und Bewohner von Amelia nach ihrer Angliederung an das römische Kaiserreich einerseits assimilierten, wie sie andererseits aber auch ihre Rolle in einer Zeit des politischen und kulturellen Umbruchs aktiv verhandelten. Seine bisherigen Forschungserkenntnisse will Matthew Harder im Rahmen eines Vortrags auch am Institut für Klassische Archäologie präsentieren.
Nach Berlin und an die Freie Universität gekommen ist Harder durch den Forscher-Alumnus Marcello Mogetta, Assistenzprofessor für römische Kunst und Archäologie in Missouri – und sein Doktorvater. Mogetta hatte vor vier Jahren als Postdoktorand an einem Projekt der Freien Universität zu antikem Urbanismus in Italien bereits mit Monika Trümper gearbeitet.
Internationale Zusammenarbeit
Yasemin Soysal kennt die Freie Universität bereits: Bei ihrem ersten Aufenthalt war sie Stipendiatin des „Berlin Program for Advanced German and European Studies“, über das sich nordamerikanische Wissenschaftler aller Sozial- und Geisteswissenschaften in zeitgenössischer Deutschland- und Europawissenschaft vor Ort spezialisieren können. Inzwischen ist sie Professorin für Soziologie an der University of Essex und kooperiert weltweit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf den Gebieten Migrationswissenschaft und Menschenrechtsforschung. Obwohl ihre Arbeit vor allem europazentriert sei, habe sie sich in letzter Zeit Ostasien gewidmet und die Region als empirischen Vergleich eingebracht, so Yasemin Soysal. Als Vortragende einer Konferenz der „Graduiertenschule für Ostasienstudien“ der Freien Universität kam sie so vor eineinhalb Jahren in Kontakt mit der Japanologin Verena Blechinger-Talcott, Direktorin des Kollegs und Professorin an der Freien Universität für Politik und Wirtschaft Japans. Beide Wissenschaftlerinnen hätten schnell Übereinstimmung in ihren Forschungsinteressen und Recherchekreisen entdeckt und wollten ihren intellektuellen Austausch fortsetzen, sagt Soysal.
Als Forscher-Alumna hat die Soziologin deshalb im vorigen September einen Aufenthalt am Ostasiatischen Seminar der Freien Universität verbracht: „Das hat mir Gelegenheit gegeben, mich mit dem aktuellen Forschungsstand und Forschenden der Ostasienstudien vertraut zu machen – vor allem über meine Disziplin, die Soziologie, hinaus.“ Durch den internationalen Workshop „Cultural Mobilities and their Transnational Entanglements in East Asia“, den die Soziologin gemeinsam mit Verena Blechinger-Talcott organisiert hat, konnte sie Verbindungen aufbauen mit weiteren Wissenschaftlern, die sich mit Phänomenen der Migration in China und Japan aus verschiedensten Blickwinkeln beschäftigen.
„Berlin und vor allem Dahlem haben meine intellektuelle Entwicklung und mein Sozialleben entscheidend beeinflusst“, sagt Yasemin Soysal. Auch deshalb kehre sie immer wieder gerne zurück. Vier Jahre hat sie hier schon gelebt: kurz vor dem Mauerfall, dann Mitte der Neunzigerjahre, Anfang der Zweitausenderjahre, schließlich 2014. „Jedes Mal wenn ich wieder hier bin, fühlt es sich an, als wäre ich nie weg gewesen“, sagt die Wissenschaftlerin nostalgisch. Auch deshalb freue sie sich über die weitere Zusammenarbeit mit dem Ostasiatischen Seminar. Ein gemeinsamer Fachzeitschriftenartikel mit Verena Blechinger-Talcott ist bereits geplant.