Volkhard Plonz, Alumnus der Freien Universität Berlin
Lieblingsort: Mensa I in der Van’t-Hoff-Straße
21.11.2023
Was war Ihre Tätigkeit an der Freien Universität?
Ich habe in den 1960er Jahren an der Freien Universität Angewandte Geographie studiert.
Was ist Ihr Lieblingsort an der Freien Universität?
Die Mensa I in der Van’t-Hoff-Straße.
Warum ist dieser Ort für Sie besonders?
Dort gab es immer etwas zu essen. Die Mensa war aber auch ein Forum, in dem sich die Studentenschaft, ob links oder rechts orientiert, unzensiert über unzählige Pamphlete verbreitete. Außerdem habe ich dort als studentische Hilfskraft gearbeitet und damit meinen Lebensunterhalt mitfinanziert. In der Studienzeit habe ich meine Frau Erika kennengelernt und geheiratet. Der Mensa-Koch bereitete ein Hochzeitsessen für uns und unsere Gäste zu: Steak mit grünen Bohnen und Sauce Béarnaise. An unserem 60. Hochzeitstag haben wir diesen schönen Ort gemeinsam wieder besucht und die japanisch inspirierten Gerichte probiert, die heute dort angeboten werden.
Wie hat die Freie Universität Sie verändert?
Meine Eltern sind von Berlin nach Westfalen in eine Kleinstadt gezogen, als ich zwölf Jahre alt war. Dort ging es in den 1950er und 1960er Jahren sehr spießig zu. Jungen und Mädchen besuchten noch getrennte Gymnasien. Die meisten meiner Mitschüler studierten sofort nach der Schule in Münster und strebten nach ähnlichen Berufen wie ihre Väter: Rechtsanwalt, Architekt, Arzt, Lehrer oder Studienrat. Ich war der Einzige aus meiner Klasse, der nach dem Abitur den Wehrdienst antrat, auch weil mir ein akademisches Vorbild in der Familie fehlte. Danach studierte ich zunächst in Kiel, wollte dann aber nach Berlin zurück. An der Freien Universität war die Stimmung viel freigeistiger. Den Geist der Adenauerrepublik gab es dort nicht. Kein Wunder, dass hier später Rudi Dutschke wirkte. „Unter den Talaren, der Muff von tausend Jahren“ – von dieser Aufbruchstimmung ist auch etwas bei mir hängengeblieben.
Was haben Sie in der Welt verändert?
Nach meinem Studium wurde ich zunächst Referent für Stadtentwicklung in Wuppertal. Das war damals neu: Neben Architekten, die vor allem Fluchtlinien und Fassaden im Kopf hatten, konnten Menschen, die wie ich aus anderen Fachdisziplinen kamen, nun andere, etwa soziale Aspekte einbringen.
Ein Beispiel aus meinem Berufsleben: Es gab Pläne, ein neues Hallenbad zu bauen. Eine starke Lobby aus Vereinen setzte sich dafür ein. Ich war dagegen, weil das Hallenbad dann zum Besitz der Vereine und nicht der Bürgerinnen und Bürger werden würde. Ich habe dafür gekämpft, dass ein Freizeitbad ohne wettkampfgerechte Becken entsteht, ein Spaßbad. Ich habe immer versucht, die Menschen in die Planung einzubeziehen, die keine Lobby hatten.
Was glauben Sie, wie die Universität/die Lehr- und Lernorte/die Studierenden/das Lernen sich in Zukunft verändern werden?
Professorinnen und Professoren werden nicht mehr so stark vorgeben, was und wie gelernt wird. Stattdessen werden sich die Lernenden stärker selbst organisieren und untereinander fördern. Viele Studierende haben sich bereits ohne Uni ein herausragendes (Spezial-) Wissen angeeignet. Das gilt es im Interesse der Lerngemeinschaft zu heben.