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Lieblingsort: Triestpark

20.12.2023

Dr. Kuno Böse mit Ehefrau Prof. Dr. Margot Böse unter „ihrer“ Weide im Triestpark

Dr. Kuno Böse mit Ehefrau Prof. Dr. Margot Böse unter „ihrer“ Weide im Triestpark
Bildquelle: Anna Meißner

Was haben Sie an der Freien Universität studiert und in welchem Bereich gearbeitet?

Ich habe Geschichte, Romanistik und Politologie studiert, mit Unterbrechungen für Studium in Bordeaux und Paris, und anschließend in Geschichte promoviert. Als wissenschaftlicher Assistent war ich am Friedrich-Meinecke-Institut tätig, danach als Referent und stellvertretender Leiter des Präsidialamtes der Freien Universität, schließlich Leiter der Abteilung IV (Außenangelegenheiten) und stellvertretender Kanzler der FU. Insgesamt war ich 1970-1992 an der Freien Universität.

Was ist Ihre derzeitige Tätigkeit?

Ich bin Staatssekretär a.D. und Senator a.D. (Bremen) und arbeitete als Berater in Entwicklungsländern, u.a. als der Berater beim Präsidenten von Madagaskar.

Was ist Ihr Lieblingsort an der Freien Universität/auf dem Campus?

Die Altensteinstr. 40, wo bis 1973 Friedrich-Meinecke-Institut seinen Sitz hatte und danach das Präsidialamt der Freien Universität. Die Ihnestr. 22, die bis 1973 Institut für Romanistik war, später Teil des OSI und die Liegewiese im Triest-Park gegenüber der „Rostlaube”.

Warum ist dieser Ort an der Freien Universität für Sie besonders?

In der Altensteinstr. 40 erlebte ich meine erste Seminarstunde an der FU und es war eine wichtige Orientierungszeit, geprägt durch Professoren wie Nipperdey, Berges, Rürup, Gall, Malettke etc. Danach erlebte ich hier 1983-1990 die Kampfzeit im Präsidialamt der FU mit vielen Nacht- und Wochenendschichten.
Die Ihnestr. 22 war Ort meines romantischen Studiums im Lieblingsfach Französisch.
Im Triestpark habe ich im Sommer 1971 auf der Liegewiese meine Frau (spätere Professorin an der FU) gefragt, ob sie mich heiraten will; in diesem Jahr haben wir unser 51. Ehejubiläum gefeiert.

Wie hat die Freie Universität Sie verändert?

Eigentlich wollte ich Studienrat werden, dann hat mich die Lehre einiger guter Hochschullehrer neugierig für die Wissenschaft gemacht, so dass ich selbst jahrelang geforscht, promoviert, gelehrt und publiziert habe.
Die harte hochschulpolitische Auseinandersetzung an der FU hat mich dazu gebracht, früh in Gremien aktiv zu werden und die Universität mit umzugestalten, was schließlich zu meinem neuen Beruf als Hochschuladministrator und danach als politischer Beamter und Länderminister geführt hat.

Was haben Sie (an der Freien Universität/in der Welt/…) verändert?

Ich war in der sogenannten Konsenszeit unter Beteiligung konservativer, liberaler und linker Gruppierungen in der Führung der FU von 1983 bis 1990 im Präsidialamt einerseits für die zentralen Gremien zuständig und konnte mit für einen neuen entideologisierten und stärker sachbezogenen Stil der Auseinandersetzungen sorgen, andererseits für die Berufungen von Professoren und war damit für eine Einhaltung vorrangig qualitätsorientierter Kriterien für die Gewinnung neuer Hochschullehrer und die Einrichtung neuer Fächer (z.B. Informatik, Publizistik, in der Medizin), mit verantwortlich.
Als Leiter des Außenamts standen die Einführung der neuen Mobilitätsprogramme der EU (z.B. Erasmus), die Pflege der immer zahlreicher werdenden internationalen Partnerschaften und die Verbesserung der Hilfen für rund 6000 Studierende aus dem Ausland im Vordergrund.  
In meiner Zeit als Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Inneres in Berlin musste nach der Wiedervereinigung in Berlin fast alles verändert werden: die Verwaltungs- und Personalstruktur, die Sicherheitsarchitektur, der Zivil- und Katastrophenschutz, der Aufbau neuer Technologien etc. etc.
Als Senator für Inneres, Kultur und Sport in Bremen war ich als Vorsitzender der Innenministerkonferenz nach den Ereignissen von New York (9/11) für eine einheitliche Sicherheitspolitik mit Augenmaß in Deutschland zuständig, auf europäischer Ebene für die Mitarbeit im Konzil unter Vorsitz des ehemaligen französischen Präsidenten Giscard d‘Estaing bei der Ausarbeitung einer europäischen Verfassung.
Als Kultursenator konnte ich u.a. dazu beitragen, dass das Bremer Rathaus und der Roland ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen wurden sowie manche Kultureinrichtungen nicht dem Spardiktat zum Opfer fielen.
Als Politikberater in mehreren afrikanischen Ländern (z.B. Madagaskar, Tunesien) habe ich mich um Dezentralisierung, Verwaltungsreform und verbesserte Sicherheitsstrukturen gekümmert.

Was glauben Sie, wie die Universität/die Lehr- und Lernorte/die Studierenden/das Lernen sich in Zukunft verändern werden?  

Meine Befürchtung ist, dass die frühere Einheit von Lehre und Forschung an den Universitäten immer mehr zugunsten der Lehre bei ständig steigenden Studierendenzahlen aufgegeben wird, während die Forschung zunehmend an den außeruniversitären Großforschungseinrichtungen (z.B. MPI, Helmholtz, Leibniz etc.) ausgebaut wird. Das führt m. E. letztlich zur Aushöhlung und Bedeutungsminderung der deutschen Universitäten, v.a. auch im internationalen Vergleich.