Springe direkt zu Inhalt

Unendliche Weiten?

Die Grenzen des Menschen im All

02.12.2008

Die Grenzen des Menschen im All.

Die Grenzen des Menschen im All.
Bildquelle: ESA

Die Internationale Raumstation ISS.

Die Internationale Raumstation ISS.
Bildquelle: ESA

Infrarotaufnahmen der steigenden und wieder sinkenden Hauttemperatur am Kopf in den verschiedenen Phasen eines Parabelfluges.

Infrarotaufnahmen der steigenden und wieder sinkenden Hauttemperatur am Kopf in den verschiedenen Phasen eines Parabelfluges.
Bildquelle: Gunga

Kein Spaziergang: Der Aufenthalt im All erfordert großen körperlichen Einsatz – hier vom deutschen Astronauten Thomas Reiter.

Kein Spaziergang: Der Aufenthalt im All erfordert großen körperlichen Einsatz – hier vom deutschen Astronauten Thomas Reiter.
Bildquelle: ESA

Eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung ist ein entscheidender Faktor für das Wohlbefinden der Astronauten.

Eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung ist ein entscheidender Faktor für das Wohlbefinden der Astronauten.
Bildquelle: ESA

Bei einem Notfall im erdnahen Raum ist eine Evakuierung von Astronauten innerhalb von 24 Stunden möglich, etwa durch eine Sojus-Kapsel.

Bei einem Notfall im erdnahen Raum ist eine Evakuierung von Astronauten innerhalb von 24 Stunden möglich, etwa durch eine Sojus-Kapsel.
Bildquelle: ESA

Regelmäßiges Training ist im Weltraum besonders wichtig. Selbst bei einer kurzen Mission verlieren Astronauten bis zu 20 Prozent der Muskelmasse.

Regelmäßiges Training ist im Weltraum besonders wichtig. Selbst bei einer kurzen Mission verlieren Astronauten bis zu 20 Prozent der Muskelmasse.
Bildquelle: ESA

Arbeiten in Schwerelosigkeit ist ungewohnt und birgt Belastungen.

Arbeiten in Schwerelosigkeit ist ungewohnt und birgt Belastungen.
Bildquelle: ESA

Das All, schwebende Astronauten in der Raumfähre oder auf der Internationalen Raumstation ISS: Sie stehen sinnbildlich für das Vordringen des Menschen in neue Welten und für grenzenlose Freiheit. Doch ist dieser Eindruck richtig? Wodurch könnte der Aufenthalt des Menschen in der Schwerelosigkeit begrenzt sein? Welche Maßnahmen sind nötig, um die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit des Menschen bei Langzeitaufenthalten im All zu erhalten? Diesen und ähnlichen Fragen gehen verschiedene Arbeitsgruppen an der Freien Universität Berlin im Zentrum für Weltraummedizin Berlin nach.

Aufenthalte des Menschen im All werden durch die Umstände des Einsatzes selbst und durch medizinischphysiologische Rahmenbedingungen bestimmt – und zum Teil stark begrenzt. Entscheidend sind die Dauer des Fluges, die Autonomie der Mission, unterschiedliche Gravitationsbelastungen, psycho-physiologische und soziale Probleme, kosmische Strahlung und eine hypomagnetische Umwelt. Diese außergewöhnlichen natürlichen und künstlichen Umwelteinflüsse bei einem Langzeitflug durchs All in einem Raumschiff oder auf einer Mond- oder Marsbasis können medizinisch-physiologische, anatomische, biomechanische und psycho-soziale Veränderungen hervorrufen und den menschlichen Organismus in vielschichtiger Weise nachhaltig beeinflussen. Sowohl die Leistungsfähigkeit, die Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden des Astronauten als auch die Sicherheit der Besatzung, das Gesundheitsmanagement und die Trainingsprogramme sind hier zu nennen. Gerade bei Langzeitflügen ins All gilt es zu berücksichtigen, dass auch nur scheinbar marginale medizinisch-physiologische und psychologisch-soziale Veränderungen im Rahmen von Kurzzeitflügen sich bei Langzeitmissionen ins All zu pathologischen Problemen auswachsen und den Erfolg einer ganzen Mission gefährden können.

Medizin im Weltraum

Nach einem halben Jahrhundert bemannter Raumfahrt verstehen wir die Anpassungsvorgänge des Menschen während der ersten rund 30 Tage einer Raumfahrtmission relativ gut. Wir wissen aus zahlreichen Untersuchungen, wie die physiologischen Abläufe (Herz-Kreislauf und Salz-Wasser-Haushalt) in dieser Phase vor sich gehen: Nach etwa drei Wochen stellt sich ein stabiles Gleichgewicht ein. Allerdings wissen wir aufgrund der spärlichen Datenlage über das Muskel- und Skelettsystem bei Langzeitaufenthalten noch relativ wenig, obgleich dies bei sehr langen Besuchen des Menschen im All sicherlich eine überragende Rolle spielen dürfte. Ähnliches gilt für die Langzeiteffekte, die durch erhöhte Strahlung eintreten könnten. Zudem müssen Zeitspanne und Ausmaß bei der Erholung der Organsysteme des Menschen nach Wiedereintritt in das Schwerefeld der Erde als offene Probleme angesehen werden. Darüber hinaus ist bei Langzeitflügen mit psycho-physiologischen Problemen und zwischenmenschlichen Konflikten ein wachsendes Problem vorhanden. Eine Vielzahl von Stressfaktoren wirkt auf den Menschen ein: Isolation, Beengtheit, Reizverarmung oder -überflutung, Bewegungsarmut, mangelnder Komfort, Abhängigkeit von technischen Systemen. Dazu kommen individuelle Probleme wie eine fehlende Privatsphäre, die Trennung von der Familie und Stressbewältigung. Problematisch können auch zwischenmenschliche Konflikte sein bis hin zu Veränderungen der inneren Rhythmen des Menschen (Tages-, Monats- und Jahresmuster). Diese Abweichungen sind gepaart mit einem Gefühl zunehmender Gleichförmigkeit, je länger der Raumflug dauert. All diese Faktoren tragen dazu bei, dass die Herausforderung eines Langzeitfluges, auch nach jahrelangem Training, für Astronauten eine außergewöhnliche Belastung darstellt, die weit über den irdischen Erfahrungshorizont hinausgeht.

Vier Missionsszenarien

Derzeit kann man vier mögliche Missionsszenarien unterscheiden: der Raumflug im erdnahen Raum (Low Earth Orbit, kurz: LEO, etwa an Bord der ISS); der Raumflug von Planet zu Planet (interplanetarer Transit); der Aufenthalt auf dem Mond und der Aufenthalt auf dem Mars. Diese Szenarien werden in unterschiedlichem Maß von grundlegenden Konstanten beeinflusst, die es bei den verschiedenen Missionen zu berücksichtigen gilt: die Entfernung von der Erde, die unterschiedlich auftretende Schwerkraft sowie die vermutliche Dauer einer Mission. Je nach Szenario werden die Astronauten unterschiedlich belastet, und zwar im Hinblick auf Gesundheit, Sicherheit und das Wohlbefinden der Besatzung.

Darüber hinaus beeinflussen die Missionsszenarien entscheidend die Planung und technologischen Fragestellungen eines Raumfluges bis hin zur Konstruktion und Gestaltung geeigneter Raumschiffe oder planetarer Raumstationen. Generell nehmen Autonomie, Gefährdungs- und Gesundheitsprobleme mit zunehmender Entfernung von der Erde substanziell zu, weil ein Echtzeit-Telekommunikationssystem immer ineffizienter wird. Bei Marsmissionen existiert eine Zeitverzögerung von 40 Minuten; ein zeitgerechter Dialog zwischen der Mars-Crew und der Bodenstation auf der Erde ist kaum zu führen. Bei einem Notfall im erdnahen Raum ist eine Evakuierung von Astronauten innerhalb von 24 Stunden möglich, etwa durch eine Sojus-Kapsel. In Mond-Nähe ließe sich dies in einem Zeitraum von einigen Tagen oder Wochen realisieren. Eine entsprechend schnelle Evakuierung ist in den Szenarien Transit und Mars nahezu unmöglich. Deshalb erfordern diese Szenarien den höchsten Grad an Autonomie. Zudem erhöht sich das Strahlungsrisiko bei den erdfernen Szenarien Transit, Mond und Mars substanziell, wenn keine entsprechenden Maßnahmen zur Abschirmung getroffen werden.

Erfahrungshorizont und neue Studien

Bislang sind rund 500 Menschen im All gewesen, überwiegend männliche Astronauten, der Anteil der weiblichen beträgt nur etwa zehn Prozent. Rechnet man den Aufenthalt im All dieser Astronauten zusammen, erhält man derzeit eine kumulative Flugzeit von rund 85 Jahren. Allerdings handelt es sich hierbei weitgehend um Kurzzeitaufenthalte im Weltraum, bei denen die Raumfahrer weniger als zehn Tage der Schwerelosigkeit ausgesetzt waren. Bis 2003 hatten nur rund 40 Astronauten Flugerfahrungen, die länger als sechs Monate dauerten, und ganze vier Personen waren länger als ein Jahr im All. Den Rekord des längsten kontinuierlichen Aufenthalts hält der russische Arzt Dr. Valery Polyakov mit einem Raumflug auf der MIR Station in den Jahren 1994 und 1995 mit 437 Tagen. Auch bei den kumulativen Rekorden führen die russischen Kosmonauten Polyakov (679 Tage verteilt auf zwei Flüge) und Sergey Avdeyev (748 Tage verteilt auf drei Flüge).

Die Erfahrungen aus dem All werden – häufig wenig beachtet – immer auch durch terrestrische Studien begleitet, die stets ein wesentlicher Bestandteil der Raumfahrtmedizin waren. Insbesondere die europäische Raumfahrtbehörde (ESA), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt und verschiedene Arbeitsgruppen im Zentrum für Weltraummedizin Berlin haben sich bereits frühzeitig mit diesen vielschichtigen Problemen auseinandergesetzt. Die medizinisch-physiologischen, psychosozialen und technischen Fragen, die beim Langzeitaufenthalt des Menschen im All eine Rolle spielen, wurden in eigenen Studien, auf speziellen Meetings und in zahlreichen Abhandlungen untersucht. Studien, in denen die einzigartigen Verhältnisse im Weltraum auf der Erde nachgeahmt werden, sogenannte Simulationsstudien, werden auch in Zukunft ein wesentlicher Bestandteil aller Raumfahrtmissionen sein. Erstaunlicherweise sind gerade zu den Problemen der Isolation und Beengtheit aus der klinischen Medizin kaum Daten vorhanden, obwohl beispielsweise durch die eingeschränkte Beweglichkeit von Patienten ähnliche Probleme auftreten, etwa nach Knochenbrüchen. Ein aktuelles Beispiel für die klinische Bedeutung derartiger Simulationsstudien sind Erkenntnisse, die darauf hinweisen, dass der Körper Natrium speichern kann.

Diese Studien aus der medizinischen Raumfahrtforschung haben zu einem völlig neuen Blickwinkel auf die Volkskrankheit Bluthochdruck geführt. Ähnliches gilt für auf der Erde durchgeführte Studien aus der Raumfahrtforschung, die sich mit der Frage von Isolation und beengtem Zusammenleben von Menschen beschäftigen. Die Ergebnisse können durchaus auf zahlreiche klinische Probleme übertragen werden. Bei der Planung und Durchführung von Missionen ins All ist aus medizinisch-physiologischer Sicht mit vielen Problemen zu rechnen, darunter beschleunigter Muskel- und Knochenabbau, Missempfindungen der Körpertemperatur, Erschöpfung, Dehydration, immunologische Veränderungen, Herz-Kreislauf-Probleme, Glieder- und Gelenkschmerzen bei Einsätzen außerhalb des Raumschiffs. Ferner psychologische Probleme, die die mentale Leistungsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit, psychische Stabilität und Belastbarkeit der Astronauten herabsetzen (unter anderem Stress, Angst, Gereiztheit, Depression).

Grenzen der Belastbarkeit

Das ganze Spektrum möglicher Probleme ist vermutlich noch gar nicht erfasst. Im Vordergrund stehen aus medizinisch-physiologischer Sicht in den ersten Wochen des Aufenthalts in der Schwerelosigkeit sicherlich Veränderungen in der Körperzusammensetzung (Körperwasser, Elektrolyte, fettfreie Körpermasse, Fett, Knochenmasse) und Anpassungen im Herz-Kreislauf-System, einschließlich der Blutbildung. So werden etwa weniger rote Blutzellen produziert, die für den Sauerstofftransport im Organismus zuständig sind. Die Abnahme der Zellenzahl beruht zum Teil darauf, dass das Hormon Erythropoietin (EPO), das die Produktion roter Blutzellen anregt, bei Schwerelosigkeit gar nicht oder nur in geringem Maße vom Körper gebildet wird. Die Ursachen hierfür sind bislang unklar.

Neben den bereits genannten Veränderungen unter Schwerelosigkeit muss besonderes Augenmerk auf das Muskel- und Skelettsystem gelegt werden: Beide Systeme benötigen eine ausreichende Anregung durch mechanische Beanspruchung, um ihre Struktur aufrecht zu erhalten. Unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit sinkt diese Beanspruchung auf ein Minimum. Bereits nach kurzer Zeit im Weltraum ist Muskelschwund zu verzeichnen, einhergehend mit strukturellen und funktionellen Veränderungen der Muskulatur sowie einer negativen Stickstoffbilanz. Diese Abnahme ist besonders ausgeprägt in der Haltungsmuskulatur, die den Körper gegen die Schwerkraft stützt. Ohne geeignete Gegenmaßnahmen verlieren Astronauten bei einer kurzen Mission bis zu 20 Prozent ihrer Muskelmasse – und bis zu 50 Prozent während Langzeitmissionen. Insbesondere die Beinmuskulatur zeigt den deutlichsten Verlust, da sich die Astronauten hauptsächlich mit Hilfe der Arme durch die neue Umgebung bewegen. Zusammen mit den Veränderungen im Herz-Kreislauf-System schränkt der Verlust an Stärke und Kraftausdauer die Leistung von Astronauten bei einer Rückkehr in eine Umgebung mit Gravitation erheblich ein – was bei einer Landung auf dem Mars den Fortgang der Mission behindern könnte. Eng an die Veränderungen der Muskulatur sind auch die des Skelettsystems geknüpft. Ohne eine adäquate Beanspruchung kommt es zu einem Ungleichgewicht zwischen Knochenauf- und -abbau mit einem Gesamtverlust an Knochenmasse von durchschnittlich ein bis drei Prozent pro Monat. In Arealen mit besonders geringem Stress nimmt die Knochendichte um bis zu zehn Prozent ab. Die Veränderungen des Knochenabbaus, das damit einhergehende verstärkte Risiko vor allem für Beinbrüche und die mögliche Harnsteinbildung durch vermehrte Kalzium-Ausscheidung im Urin, stellen eine ernste Gefahr für die Gesundheit der Astronauten und den Erfolg einer Mission dar.

Jede kontrollierte Handlung und Bewegung im Raum erfordert die Integration der visuellen, vestibulären (aus dem Gleichgewichtsorgan) und taktilen Reize. Fehlende Schwerkraft führt insbesondere in den ersten Tagen eines Raumfluges zu fehlerhafter Informationsverarbeitung und in der Folge zur sogenannten Weltraumkrankheit mit Schwindelgefühl, Übelkeit oder Brechreiz. Nach einer Anpassungsphase von wenigen Tagen verschwinden die Symptome zwar, können jedoch nach Rückkehr auf die Erde wieder auftreten. Ein weiteres Problem bei Langzeitaufenthalten im All stellt die Ernährung dar. Hier gibt es zahlreiche Dinge zu beachten: Selbstverständlich müssen Nährwert oder Gehalt an Spurenelementen genau bekannt sein und in ausreichender Weise für den Astronauten zur Verfügung stehen. Allzu salzige Speisen sind zu vermeiden, sie beschleunigen den Abbau von Kalzium aus dem Knochen, der sowieso schon durch die Schwerelosigkeit beschleunigt ist. Besonderes wichtig ist Abwechslung auf dem Speiseplan. Bereits heute kennt man auf der ISS etwa 150 amerikanische Menüs und ebenso viele auf russischer Seite. Monotonie beim Essen sollte unter allen Umständen vermieden werden. Denn Isolationsstudien belegen, dass eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung ein entscheidender Faktor für das allgemeine Wohlbefinden des Astronauten ist, genau wie das gemeinsame Essen der Besatzung im täglichen Ablauf.

Dabei konnte eine interessante und noch nicht geklärte Beobachtung gemacht werden: Der Kalorienbedarf unter Schwerelosigkeit bei den Astronauten unterscheidet sich kaum vom Kalorienbedarf auf der Erde. Ein weiteres Problem stellt die Strahlungsbelastung von Astronauten und Kosmonauten bei Langzeitflügen ins All dar. Die klinischen Effekte einer Strahlenexposition lassen sich in Kurzzeit- und Langzeiteffekte aufteilen. Grundlage für beide ist die Bildung hochreaktiver freier Radikale durch die Strahlenwirkung, die an den Zellbestandteilen zu Schäden führen können, insbesondere an der DNA und anderen Kontrollmolekülen. Die Kurzzeiteffekte, auch bekannt als Strahlenkrankheit, äußern sich in Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, verminderter Blutzellzahl und Blutungen bis hin zum Tod, je nach Stärke der erlittenen Dosis. Langzeiteffekte betreffen die DNA, die durch Strahlenschädigung zu unkontrolliertem Zellwachstum und letztlich zu Krebs führen kann. Das Strahlungsrisiko für die Astronauten ist in der Tat beträchtlich. Bei Missionen im erdnahen Raum werden die Besatzungsmitglieder noch weitgehend durch das Magnetfeld der Erde vor ionisierender Strahlung geschützt. Weiter außerhalb sind Raumfahrer jedoch einer erheblichen Strahlung ausgesetzt. So herrscht im Van-Allen-Gürtel, der sich bis zu einer Höhe von 30.000 Kilometern ausdehnt, eine Strahlung mit hoch-energetischen Protonen und Elektronen.

Die kosmische Strahlung (auch Hintergrundstrahlung genannt) besteht aus hoch-energetischen ionisierten Nuclei. Solare Partikel, bestehend aus hoch-energetischen Protonen, die während einer Sonneneruption in den Raum geschleudert werden, stellen eine weitere Strahlengefahr dar. Weder zeitliches Auftreten und Dauer noch Stärke einer solchen Eruption lassen sich bislang verlässlich vorherbestimmen, wodurch diese Strahlung eine besondere Gefahr für interplanetare Langzeitmissionen darstellt. Entsprechende Modellberechnungen zur Strahlungsbelastung ergeben insbesondere für interplanetare Missionen und bei Aufenthalten auf Mond und Mars substanzielle Strahlenbelastungen für die Raumfahrer, die bauliche Maßnahmen zur Abschirmung der Lebensräume im Raumschiff, auf dem Mond oder Mars vermutlich erforderlich machen.

Grenzen der Raumfahrt

Die Schwerkraft beeinflusst in vielfältiger Weise den Bauplan und die Funktion des menschlichen Organismus. Da die beobachteten Anpassungsprozesse bei Astronauten an die Schwerelosigkeit mit physiologischen Altersprozessen auf der Erde verglichen werden können, aber zum Teil in Zeitraffer ablaufen (zum Beispiel Muskel- und Knochenabbau), kommt der medizinisch-physiologischen Grundlagenforschung im All eine besondere Rolle zu. Von dieser Forschung gehen neue Fragestellungen aus, die innovative wissenschaftliche Ansätze fordern und neuartige technologische Umsetzungen benötigen.

Damit besitzt aber ein scheinbar sehr exotisches, spezielles Fachgebiet wie die Weltraummedizin eine häufig unterschätzte enge klinische Anbindung. Praktisch werden hier Fragestellungen der Höhen-, Klima-, Tauch-, Sport- und Arbeitsmedizin, aber auch der Rehabilitation bis hin zur Isolationsforschung bearbeitet. Somit greift die weltraummedizinische Forschung weit über den engeren Rahmen der Weltraumphysiologie und -medizin hinaus. Für die Weltraummedizin ist klar: Dem Menschen sind im All enge Schranken gesetzt. Aufgrund der lebensfeindlichen Umweltbedingungen ist ein permanenter Aufenthalt des Menschen im Weltraum, auf anderen Planeten und Monden nur begrenzt möglich. Diese Grenzen werden von der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit technologischer Hilfssysteme bestimmt, von denen der Mensch abhängt. In dieser Hinsicht darf man abschließend feststellen: Von Freiheit für den Menschen im All kann zurzeit keine Rede sein.