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Wer sparen will, muss investieren

Energiemanagement an der Freien Universität Berlin

31.05.2007

Modernisierte Heizzentrale in der Koserstraße 20.

Modernisierte Heizzentrale in der Koserstraße 20.

Klimaschutz ist seit der Vorlage des Klimaberichts der Vereinten Nationen im Februar 2007 in aller Munde. Die Freie Universität Berlin widmet sich als international ausgerichtete Universität seit vielen Jahren dem Thema Klimaschutz – und zwar nicht nur in Forschung und Lehre. Auch in ihrem Gebäudemanagement räumt sie dem Klimaschutz eine hohe Bedeutung ein, indem sie ein fest institutionalisiertes Energiemanagement eingerichtet hat – mit positiven Folgen für die Umwelt und die Finanzen der Freien Universität.

Das betriebliche Energie- und Umweltmanagement der Freien Universität orientiert sich an den Normen der weltweit gültigen DIN EN ISO 14001 und dem europäischen Umweltaudit EMAS. Es wird jährlich durch externe Gutachter überprüft und zertifiziert. Beide Normensysteme fördern einen stetigen Verbesserungsprozess.
Ihre wichtigsten Bausteine sind:

  • betriebliche Umweltleitlinien im Sinne einer Selbstverpflichtung einzurichten,
  • ein Umweltinformationssystem zu pflegen,
  • Programme zur Entlastung der Umwelt zu entwickeln und umzusetzen,
  • ein regelmäßiges Controlling zu gewährleisten wie interne und externe Audits oder jährliche Umweltberichte,
  • die Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen sichtbar zu machen,
  • ein umweltbezogenes Schulungswesen einzurichten
  • und eindeutige, in einem Umwelthandbuch dokumentierte Zuständigkeiten und Abläufe einzurichten.

Innerhalb des Umweltmanagements der Freien Universität hat das Energiemanagement wegen seiner hohen ökonomischen und ökologischen Bedeutung eine Schlüsselrolle, deren Stellenwert folgende Zahlen verdeutlichen: 2006 benötigte die Freie Universität für ihre rund 200 Liegenschaften etwa 125 Millionen Kilowattstunden Strom und Wärme.


Energieeinsatz 2006 (124,9 Millionen Kilowattstunden)
Abb.: Wanke/UNICOM


Energiekosten 2006 (9,25 Millionen Euro).
Abb.: Wanke/UNICOM

Dabei ist der Anteil an Fernwärme vergleichsweise hoch: rund 50 Millionen Kilowattstunden beziehungsweise fast 40 Prozent. Fernwärme wird in Berlin mit Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt und ist somit ökologisch vorteilhaft. Mit einem Anteil von 37 Prozent (rund 47 Millionen Kilowattstunden) an der Energiebilanz folgt Strom. Erdgas hatte 2006 einen Anteil von 17 Prozent am Endenergieverbrauch, gefolgt von Heizöl mit knapp über 6 Prozent (siehe Abbildungen). 2005 und 2006 stiegen die Preise für Erdgas und Heizöl drastisch. Seit Beginn dieses Jahres ist eine Preissteigerung von 17 Prozent für Strom zu verzeichnen. Aufgrund dieser Preissteigerungen kommt dem verbesserten Einsatz von Energie eine deutliche finanzielle Bedeutung zu. Bereits heute ist abzusehen, dass der schon 2006 hohe Kostenanteil von Strom (55 Prozent) in diesem Jahr noch einmal deutlich steigen wird. Insgesamt entstanden im vergangenen Jahr für Energiekosten von rund 9,25 Millionen Euro.

Ziele und Aufbau des betrieblichen Energiemanagements

Ein eigenes betriebliches Energie- und Umweltmanagement wurde an der Freien Universität 2001 etabliert. Zu den wichtigen Aufgaben gehören ein Informationssystem für mehr Verbrauchs- und Kostentransparenz, die regelmäßige Kontrolle des Energieverbrauchs in Gebäuden sowie Programme, die den Einsatz von Energie optimieren, die Energiekosten senken und die energiebedingte Umweltbelastung reduzieren helfen.

Energiemanagement ist eine klassische Querschnittsaufgabe. Zu den Schnittpunkten zählen die Betriebsführung der technischen Anlagen, die Bauplanung und Baudurchführung, das Beschaffungs- sowie das Flächenmanagement. Im Grunde ist Energiemanagement eine Aufgabe, die alle Angehörigen der Freien Universität angeht, denn deren Handeln hat unmittelbar Auswirkungen auf den Energieverbrauch. Kommunikative und organisatorischeAufgaben haben deshalb im betrieblichen Energiemanagement ein hohes Gewicht.


Bausteine des Energiemanagements an der Freien Universität Berlin.
Abb.:  Wanke/UNICOM

Herausforderungen bei Programmen für Energieeffizienz

Untersuchungen von Programmen für Energieeffizienz ergeben häufig, dass Probleme bei der Umsetzung weniger technisch-wirtschaftliche Gründe haben, sondern zurückzuführen sind auf Informationsdefizite, Kommunikationsblockaden, Schwierigkeiten bei innerbetrieblichen Abstimmungen sowie ineffiziente organisatorische Strukturen und Abläufe. Um solche Hindernisse nicht aufkommen zu lassen, ist es entscheidend, Energiemanagement organisatorisch als Integrationsund Führungsaufgabe zu verankern. Das betriebliche Energiemanagement wurde deshalb 2001 in der Universitätsverwaltung der Freien Universität als Stabsstelle der Technischen Abteilung verankert. 2002 folgte auf oberer Leitungsebene die Arbeitsgemeinschaft Energie und Umwelt. Weitere wichtige Schritte bei der Etablierung des Energiemanagements waren ein sogenanntes Intracting, mit der die Re-Investition der jährlichen Kostensenkungen in weitere Effizienzmaßnahmen vereinbart wurde, und die bereits erwähnte Einbettung in das zertifizierte Umweltmanagementsystem (Abbildung oben).

Jährliche Programme für Energieeffizienz

Kernstück des Energiemanagements sind seit 2003 die jährlichen Programme für Energieeffizienz. Die Programme konzentrieren sich auf wirtschaftlich besonders aussichtsreiche Sparpotenziale und setzen auf die Verbesserung von Anlagentechnik, Bausubstanz und Organisation. Die Maßnahmen umfassen folgende Ansätze:

  • Verringerung des Energieverbrauchs bei Heizung, Lüftung und Klimatisierung,
  • Umstellung von Ölheizungen auf hocheffiziente Brennwerttechnik auf Erdgas-Basis.
  • Beseitigung von Schwächen in der Gebäudehülle (etwa durch verbesserte Wärmedämmung und Fenstersanierung),
  • Einsatz von energieeffizienter Querschnittstechnik (wie Heizungspumpen, Elektromotoren und Ventilatoren),
  • Einsparen von Energie in der Betriebsorganisation (insbesondere: Die Anpassung von Betriebszeiten
  • an den Bedarf, Schulung des Personals, Minimierung des Stand-by-Betriebs und regelmäßige Wartung),
  • sparsamer Energieverbrauch von Gebäudenutzern.


Energieausweis für die Silberlaube.
Abb.: Wanke

Erfolge des Energiemanagements

Die jährlichen Programme für Energieeffizienz umfassten ang insbesondere die Modernisierung der Anlagen- und Regelungstechnik der Heizungen. Seit der Ausgangslage 2000/2001 ist es gelungen, den Wärmeverbrauch an der Freien Universitätum mehr als 21 Prozent zu senken. Nimmt man den Stromverbrauch hinzu, der in diesem Zeitraum um fast vier Prozent reduziert wurde, ergibt sich eine jährliche Verbrauchsreduzierung um über 23 Millionen Kilowattstunden. Nach den Energietarifen 2006 entspricht dies einer Kostensenkung von jährlich 1,43 Millionen Euro und einer Verminderung der klimaschädlichen CO2-Emissionen von mehr als 5.500 Tonnen pro Jahr.

Die Effizienzprogramme haben nicht nur sehr positive Wirkungen auf die Umwelt und die Finanzlage der Freien Universität. Sie leisten zugleich einen wichtigen Beitrag zum Erhalt und zur Steigerung des Immobilienwerts. Der Wärmeeinsatz in den modernisierten Institutsgebäuden konnte erheblich, nämlich durchschnittlich um rund 32 Prozent gesenkt werden. Die Einsparquoten liegen je nach Institutsgebäude zwischen 17 und 51 Prozent. Die Senkung des Stromverbrauchs wurde insbesondere durch steigende EDV-Ausstattungen und zunehmende mechanische Lüftung und Kühlung begrenzt. Die Reduzierungdes Stromverbrauchs wird deshalb ein künftiger Schwerpunkt des Energiemanagements an der Freien Universität Berlin sein.


Energieeinsatz an der Freien Universität von 2000/2001 – 2006. Endenergie in Megawattstunden nach Energieträgern (ohne ZE BGBM und Humanmedizin)
Abb.: Wanke/UNICOM

Prämiensystem zum Energiesparen

Technisch-wirtschaftliche Modernisierungen allein erschließen nicht das gesamte Potenzial des Energiesparens. Die Nutzer von Gebäuden könnten energieschonender mit ihren Räumen und Geräten umgehen – das ist an der Freien Universität nicht anders als in anderen öffentlichen Einrichtungen oder privaten Großunternehmen. Geöffnete oder gekippte Fenster im Winter, Computer, Drucker und Kopiergeräte, die in Arbeitspausen, in den Nächten oder an Wochenenden laufen, sowie unnötig beheizte, belüftete und beleuchtete Räume sind leider keine Seltenheit. Im Rahmen von Zielvereinbarungen einigten sich deshalb das Präsidium der Freien Universität mit den Fachbereichen und Zentralinstituten Anfang 2007 auf ein Prämiensystem zum Energiesparen. Mit dem Prämiensystem erhalten die dezentralen Einheiten der Universität erstmals direkte, finanzielle Anreize, durch die Betriebsorganisation und das Verhalten der Mitarbeiter Energie zu sparen.

Das Prämiensystem funktioniert nach folgendem Grundmuster: Fachbereichen und Zentralinstituten wird jährlich eine Prämie aus zentralen Mitteln erstattet, wenn der Energieverbrauch in den Gebäuden und Anlagen den zuvor festgelegten Ausgangswert unterschreitet. Die Höhe der Prämie beträgt 50 Prozent der Kostensenkungen im Abrechnungsjahr. Eine Überschreitung des Ausgangswerts muss hingegen zu 100 Prozent vom Fachbereich getragen werden. Weitere Bausteine des Prämiensystems sind:

  • jährliche Berichte der Fachbereiche, Zentraleinrichtungen und Zentralinstitute über ihre Maßnahmen zum Energiesparen, jeweils zum 30. September,
  • kontinuierliche Information (Dreimonatsberichte vom Arbeitsbereich Energie- und Umweltmanagement) zur Entwicklung des Energieverbrauchs in den Gebäuden,
  • Jahresabrechnungen bis Ende März des Folgejahres,
  • Unterstützung durch die Technische Abteilung in Form von Begehungen, Checklisten, Beratung und
  • regelungstechnischen Verbesserungen (Lüftungs und Kälteanlagen),
  • breite Kommunikation der Erfolge im Energiesparen.

Mit dem Prämiensystem können Fachbereiche und Institute künftig finanzielle Vorteile erlangen, indem sie beispielsweise einen bedarfsgerechten Betrieb ihrer Lüftungsanlagen, PC-Pools, Büro- oder Laborgeräte sicherstellen, unnötigen Stand-by-Betrieb vermeiden oder das Beheizen und Kühlen von ungenutzten Seminar- und Büroräumen drosseln. Zugleich soll das Prämiensystem Anreize bieten, bei der Beschaffung von EDV- und Laborgeräten oder der Festlegung des Flächenbedarfs verstärkt den Energieverbrauch und dessen Kosten zu berücksichtigen.


Modernisierte Heizzentrale in der Koserstraße 20. Hier forschen unter anderem Veterinärmediziner und Kunsthistoriker.
Bild: Wanke

Ausblick

Bei einem geschätzten Potenzial von 10 bis 15 Prozent geht es an der Freien Universität immerhin um ein jährliches Volumen von etwa 0,9 bis 1,5 Millionen Euro. Das Prämiensystem ist zunächst auf eine Dauer von drei Jahren gelegt. Für ein fundiertes Urteil über das Prämiensystem ist es noch zu früh. Ein Blick auf die Entwicklung des Energieverbrauchs im ersten Quartal 2007 zeigt jedoch erfreuliche Tendenzen. DerStromverbrauch ist in nahezu allen Liegenschaften deutlich zurückgegangen; universitätsweit ist er in den ersten drei Monaten gegenüber den Vorjahreswerten um 6,5 bis 7,2 Prozent gesunken. Solch hohe Rückgänge über einen längeren Zeitraum waren in den letzten fünf Jahren nicht zu verzeichnen, sodass hier eine erste Wirkung des Prämiensystems unterstellt werden kann. Es ist anzunehmen, dass die Energiepreise weiter steigen werden, und angesichts des Klimaschutzes kommt dem sparsamen Verbrauch von Energie höchste Bedeutung zu. So wird die Modernisierung der Technik und der Bausubstanz der rund 200 Institutsgebäude auch künftig zu den festen Aufgaben der Technischen Abteilung gehören. Für das Jahr 2007 plant sie das fünfte Effizienzprogramm der Freien Universität, mit dem mindestens weitere drei Millionen Kilowattstunden Strom und Wärme eingespart werden sollen. Mit diesem Programm wird die Modernisierung der Anlagen- und Regelungstechnik der Heizungsanlagen nahezu abgeschlossen sein.

Sollten sich die sichtbar gewordenen Erfolge des Prämiensystems bestätigen, wird das Prämiensystem zum Dreh- und Angelpunkt für Optimierungen in der Betriebsorganisation. Darüber hinaus stehen in den kommenden Jahren weitere Aufgaben an – wie die Stromsenkung bei EDV-, Lüftungs- und Beleuchtungsanlagen, die Online-Erfassung des Energieverbrauchs einzelner Gebäude und die vertiefte interne Kommunikation über Energie und Einsparpotenziale.