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Grußwort

02.12.2018

Günter M. Ziegler ist Präsident der Freien Universität Berlin

Günter M. Ziegler ist Präsident der Freien Universität Berlin
Bildquelle: Kay Herschelmann

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

70 Jahre Freie Universität? Das ist doch kein Alter für eine Hochschule, werden Sie sagen. Stimmt! Für uns ist es trotzdem ein Grund zum Feiern. Denn die Freie Universität hat in den sieben Jahrzehnten, die sie jung ist, mehr durchlebt und erreicht als manche altehrwürdige Alma Mater. Keiner der Gäste, die am 4. Dezember 1948 die Gründungsfeier in einem Kinosaal in Steglitz miterlebten, hat wohl damals geahnt, dass diese Universität nur 70 Jahre später zu den elf deutschen Exzellenz-Universitäten zählen würde.

Sie hat sich buchstäblich ins Leben gekämpft. Mit der Hilfe von Studierenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, unterstützt von den amerikanischen Alliierten, dem damaligen Berliner Oberbürgermeister Ernst Reuter und weiteren engagierten Berlinerinnen und Berlinern, die Geld, Bücher und Mobiliar gespendet haben für das akademische Start-up der frühen Nachkriegsjahre. Getragen war die Gründung vom unbedingten Willen nach Freiheit im Denken und in der Wissenschaft, als Gegenentwurf zur damaligen Universität im Ostsektor der Stadt. Und noch etwas macht die Freie Universität besonders: Sie ist international – seit ihrer ersten Stunde! Bei der Gründungsfeier sprach der amerikanische Schriftsteller und Pulitzer-Preisträger Thornton Wilder als Vertreter der Universitäten Princeton und Yale und schon im Sommersemester 1950 gab es den ersten Studierendenaustausch mit der Stanford University.

Die Freie Universität entwickelte sich rasant, aber nie geradlinig. Das fundiert-Magazin, das Sie in den Händen halten, gibt einen Einblick in die noch junge Geschichte, die geprägt ist von Unruhen und Umbrüchen wie den Studierendenprotesten der sechziger Jahre oder dem schmerzhaften Zwang zur wissenschaftlichen Neuorientierung nach der Wiedervereinigung. Immer wieder war die Freie Universität Vorreiterin, national wie international. Etwa wenn es um Frauen in der Wissenschaft ging, um Anstöße zu gesellschaftlichen Veränderungen durch die 68er oder den Mut, als erste Universität der Bundesrepublik wissenschaftliche Beziehungen zu einer Universität hinter dem „Eisernen Vorhang“ aufzunehmen, der Ost und West bis in die achtziger Jahre trennte. Auch davon erzählen die Geschichten in diesem Heft. 

Heute ist die Freie Universität eine international anerkannte Adresse, die herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anzieht, mit sieben Verbindungsbüros in aller Welt und einem Campus, auf dem viele Sprachen zu hören sind. Gemeinsam mit den anderen Berliner Universitäten arbeiten unsere Forscherinnen und Forscher daran, Lösungen für die globalen Herausforderungen zu finden, denen wir uns stellen müssen. Die Leitbegriffe „Wahrheit, Gerechtigkeit und Freiheit“, die die Gründerinnen und Gründer vor 70 Jahren in das Universitätssiegel aufgenommen haben, sind heute so aktuell wie damals. In Zeiten, in denen politisch unliebsame wissenschaftliche Erkenntnisse gern als Fake News abgetan werden und Forscherinnen und Forscher in vielen Ländern um ihre Freiheit fürchten müssen, ist die Entwicklung der Freien Universität eine Geschichte, die Mut macht.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!

Prof. Dr. Günter M. Ziegler
Präsident der Freien Universität Berlin