Auf der grünen Kante
In der Wildpflanzen-Saatgutbank im Botanischen Garten der Freien Universität lagern tausende Pflanzensaaten. Ein Schatz, der in Zukunft noch wertvoller werden könnte.
02.12.2015
Rund 7.000 verschiedene Aufsammlungen von Saatgut, darunter viele von seltenen oder gefährdeten Pflanzenarten, lagern in der Dahlemer Saatgutbank. Die Sammlung fungiert als eine Art Archiv für Pflanzen und ist ein wichtiger Tauschpartner für Botanische Gärten weltweit. Dieses Jahr wurde der Neubau der prestigeträchtigen Einrichtung von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, der Schirmherrin der Saatgutbank, eröffnet. In ihrer Rede unterstrich sie, dass das Überleben vieler Pflanzenarten bedroht sei – durch den Klimawandel, das Bevölkerungswachstum und den Rückgang naturbelassener Flächen. „Damit steht der lebende Reichtum dieser Erde auf dem Spiel“, sagte die Ministerin. Ein Reichtum, der auch mit allem Geld dieser Welt nicht wieder erkauft werden könne, wenn er einmal verloren sei. „Wir brauchen eine Art Rückversicherung für das Leben. Und die Dahlemer Saatgutbank ist eine solche Versicherung.“ Ein Schwerpunkt der Sammlung liegt auf den heimischen Wildpflanzenarten sowie dem Mittelmeergebiet und dem Kaukasus, sagt Thomas Borsch, Direktor des Botanischen Gartens und Botanischen Museums der Freien Universität Berlin, zu dem die Saatgutbank gehört. Die Bewahrung von Wildpflanzen in einer Genbank sei von elementarer Bedeutung. „Bei Bedarf können wir auf diese Weise Pflanzen heranziehen und Populationen in der Natur stützen“, sagt der auf Biodiversität und Evolution der Pflanzen spezialisierte Biologe.
Optimale Bedingungen für langfristige Lagerung
Finanziert wurde der Neubau unter anderem aus Mitteln eines privaten Nachlasses. Jetzt verfügt die Saatgutbank über moderne Labore und Keimungsschränke. Somit seien in der neuen Einrichtung optimale Bedingungen für eine professionelle Reinigung, Trocknung und Lagerung der Samen geschaffen. So bleiben die eingelagerten Samen zum Teil über Jahrzehnte, vielleicht sogar Jahrhunderte keimfähig. „Mit der Saatgutbank leisten wir einen proaktiven Beitrag zum Naturschutz und der Erhaltung von pflanzlichen Ressourcen weltweit“, sagt Borsch. Es könne gezielt erforscht werden, unter welchen Bedingungen Wildpflanzensamen keimten und keimfähig blieben.
Beitrag zum Naturschutz
Der Botanische Garten Berlin arbeitet eng mit Naturschutzbehörden zusammen und führt in ersten Projekten bereits Nachzuchten gefährdeter Pflanzenarten aus Samen der Saatgutbank durch, um sie am ursprünglichen Naturstandort wieder anzusiedeln. Die Kenntnis der genetischen Variabilität der Arten sei dabei entscheidend, sagt Borsch. Durch die Integration der Arbeiten der Saatgutbank und seiner Forschungsprogramme zur Biodiversität der Pflanzen könne der Botanische Garten Berlin als wissenschaftliche Einrichtung gezielt und effektiv zum Naturschutz beitragen. Der Lebensraumschutz der Wildpflanzen sei jedoch das Wichtigste: „Durch Änderungen der Landnutzung, Intensivierung der Landwirtschaft und Infrastrukturmaßnahmen wie den Bau von Straßen erleben wir weltweit einen erheblichen Rückgang vieler Pflanzenpopulationen“, sagt Borsch. So seien in Deutschland etwa Dreiviertel der Lebensräume bedroht.