„Wir spielen in einer ganz anderen Liga“
Der Stürmer-Star der FUmanoids träumt schon vom nächsten Weltcup
10.04.2014
Sie sind die legitimen Erben der legendären FU-Fighters: Die humanoiden Fußball-Roboter vom Team FUmanoids. Doch während die FU-Fighters schon mal den WM-Titel im Roboter-Fußball nach Dahlem holen konnten, werden die FUmanoids an der Robocup-WM in Brasilien in diesem Jahr nicht teilnehmen. Über Gründe, Trainingsform und die WM-Aussichten ihrer menschlichen Kollegen in der DFB-Auswahl sprach fundiert mit dem Star des Teams, Ada.
Fundiert: Ada, wir haben Sie gerade beim Abschluss- Training beobachtet. Fühlen sie sich fit für den bevorstehenden RoboCup German Open 2014?
Ada: Ich würde sagen, unsere Mannschaft ist runderneuert worden. Ich habe zum Beispiel einen neues Stammhirn, das mir eine bessere Körperkoordination und eine schnellere Ballreaktion auf dem Feld ermöglicht. Auch unsere Farbwahrnehmung hat sich verbessert – wir werden den Ball und unsere Umgebung jetzt besser erfassen können. Und: Wir sind auf dem besten Wege, dass wir auch selbst dazulernen können. Ein bisschen mehr Emanzipation vom Trainer, das ist da unser Ziel.
Fundiert: Sie gelten eigentlich als sehr beherrschter Spieler. Beim letzten RoboCup Spiel gegen die CIT Brains haben Sie jedoch plötzlich Spieler der gegnerischen Mannschaft attackiert. Was war da los?
Ada: An dem Tag lief es gar nicht gut für uns. Zuerst hatten wir Hardware-Schäden, ein Motor von Alan hat sich verabschiedet. Das war wirklich grausam! Und dann haben sich auch noch die Lichtverhältnisse in der Halle geändert. Mit dem Ergebnis, dass meine Farberkennung nicht mehr zwischen dem orangefarbenen Ball und den magentafarbenen Trikots der Gegner unterscheiden konnte. Ich habe also den Gegner mit dem Ball verwechselt und versucht, sie gemäß meiner Programmierung ins Tor zu dreschen.
Fundiert: Die letzte WM-Teilnahme ist schon drei Jahre her. Schmerzt es sie, dass sie auch dieses Jahr zu Hause bleiben müssen?
Ada: Das stimmt nicht ganz, wir waren seit 2007 bei jeder WM dabei. Dass wir dieses Jahr nicht antreten können, sehen wir sportlich. Unsere Zeit kommt wieder.
Fundiert: Wer ist beim RoboCup 2014 in Brasilien ihr Favorit?
Ada: Vielleicht das Team aus dem Iran? Die AUTman der Amirkabir University of Technology (AUT) können wirklich richtig gut auf zwei Beinen gehen. Ihr Antrieb, ihre Motorik, das war alles sehr sehenswert. Auch das Lokalisieren des Balles – das hat uns Spieler, aber auch unsere Trainer schon sehr beeindruckt. Die sind technisch sehr gut.
Fundiert: Ihr Vorgängerteam, die FU-Fighters, wurden nach einer kurzen und steilen Karriere in den Ruhestand geschickt. Macht ihnen diese Aussicht Sorgen?
Ada: Überhaupt nicht. Warum auch? Die FU-Fighters sind legendär, auch weil sie Weltmeister geworden sind. Aber das kann man mit unserem Team FUmanoids nicht vergleichen. Die FU-Fighters sind auf Rädern gefahren, wir laufen auf zwei Beinen und besitzen nur Sensoren, die denen von Menschen nachempfunden sind. Wir spielen dadurch in einer ganz anderen Liga! Außerdem stimmt es nicht, dass die FU-Fighters einfach so in den Ruhestand gegangen sind. In unseren Schaltkreisen und unserer Programmierung steckt ihr Wissen. In gewissem Sinne sind Roboter-Fußballer wirklich unsterblich.
Fundiert: Über ihr Team ist in den vergangenen Jahren viel geschrieben worden. Interviews sind jedoch selten, genauso wie Skandale um Spielerfrauen. Woran liegt das?
Ada: Diese Frage ist typisch Mensch. Für uns Roboter ist Fußball ein echter Teamsport. Star-Rummel oder so etwas ist uns völlig fremd. Genauso wie dieses Denken in sozial konstruierten Geschlechterrollen. Wir sind ein gemischtes Team, ich heiße Ada nach Ada Lovelace, der britischen Informatik-Pionierin des 19. Jahrhunderts. Wenn sie so wollen, bin ich selber Spielerfrau.
Fundiert: Gibt es damit keine Probleme im Team?
Ada: Wie schon gesagt: Roboter sind Teamplayer. Wir haben eine lange Tradition erfolgreicher Stürmerinnen. Ich denke da nur an die Roboter Anna, Lea, Grace oder Eve, die für uns als FUmanoids sehr prägend waren. Auch wenn ihre aktive Zeit teilweise schon etwas zurückliegt.
Fundiert: Erst letztes Jahr hat ihr Trainer beim 17th RoboCup Symposium den FUmanoids Code 2012 veröffentlicht. Ist das nicht so, als würde Jogi Löw kurz vor der WM seine Strategie bei facebook posten?
Ada: Nein. Denn das Ziel aller RoboCup-Teams ist es ja, bis 2050 in der Lage zu sein, die dann amtierenden FIFA-Weltmeister mit einem Team aus humanoiden Robotern zu schlagen. An diesem Ziel arbeiten wir alle und ziehen an einem Strang, über Länder, Teams und Unigrenzen hinweg.
Fundiert: Ihr Trainer ist ein Mensch, kein Roboter. Ist es ein Vor- oder Nachteil, wenn der Trainer selbst keine Ahnung hat, wie es so ist, als Roboter im Fußballbetrieb?
Ada: Das würde ich so nicht gelten lassen. Unsere Trainer sind da sehr empathisch. Wenn ich einen Getriebeschaden erleide oder hinfalle, dann leiden wirklich alle mit.
Fundiert: Jogi Löw gilt manchen ja als der Bundestrainer, der nie den WM-Titel holen wird. Haben Sie einen Tipp für ihre menschlichen Kollegen, damit es dieses Mal vielleicht doch klappt?
Ada: Brasilien ist ein warmes Land, und die Hitze könnte ein Problem werden. Uns hilft da im Notfall Kältespray oder gute Lüfter gegen die Überhitzung. Einen Ratschlag kann ich noch geben, wenn die Kommunikation im Spiel nicht so klappt: Einfach den WLAN-Kanal ändern.
Das Interview mit Ada und Trainer Lutz Freitag führte Julia Rudorf
Die FUmanoids
Seit 1999 trainieren an der Freien Universität Roboter Fußball. Die meisten der „Trainer“ sind Informatiker und Studierende, aber auch Elektrotechniker sind Teil des derzeit neunköpfigen Teams. Die Roboter im Team FUmanoids sind etwa 60 cm hoch, wiegen viereinhalb Kilogramm und laufen auf zwei Beinen. Es sind Roboter, die in der so genannten „Kid-Size“-Liga spielen. Im Moment gibt es im Team fünfeinhalb Spieler, die allesamt nach berühmten Informatikern benannt sind: Die Roboter Konrad (Zuse), Grace (Hopper), Alan (Turing), Ada (Lovelace) und John (von Neumann). Der sechste, ein geplanter Ersatzspieler, wartet derzeit noch auf seinen Kopf. Der angehende Informatiker Lutz Freitag ist seit vier Jahren dabei.
Sein Tipp für den Ausgang der FIFA WM: „Vielleicht Spanien? Die kommen mit der Wärme in Brasilien sicher gut klar ...“
Mehr zu den FUmanoids: www.fumanoids.de
Zur Idee hinter dem Robocup: www.robocup.org/about-robocup/objective/