Vorwort
09.04.2014
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wer dem Thema Fußball entkommen will, muss in diesem Jahr kreativ sein. Und spätestens im Sommer Arbeitsplatz oder Urlaub an einen Ort verlegen, an dem es weder Radio, Internet, Fernseher, Tageszeitung noch – wichtig – Handyempfang, gibt. Fast alle anderen werden sich wohl oder übel damit arrangieren müssen, dass im Sommer in Brasilien die Fußballweltmeisterschaft angepfiffen wird – und König Fußball für vier Wochen die Berichterstattung beherrscht.
Die fundiert-Redaktion will und kann bei diesem Großereignis nicht ganz im Abseits stehen. Auch wenn es in der aktuellen Ausgabe natürlich nicht nur um Forschung rund um das Spiel der Spiele geht. Stattdessen war die WM eine Steilvorlage, um über Wissenschaft und Forschung zum Gastgeberland Brasilien zu berichten.
Dort dauern die Proteste, die sich – nicht nur, aber auch – gegen die Weltmeisterschaft richten, seit über einem Jahr an. Besonders aufmerksam werden die Demonstrationen von den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin verfolgt. In ihrer Arbeit, etwa im Kompetenznetzwerk „Interdependente Ungleichheiten in Lateinamerika“ (desiguALdades.net), beschäftigen sie sich seit Längerem mit den Faktoren, die als Hauptgrund für die Proteste gelten: soziale Ungleichheit, mangelnde Lebensqualität in Brasiliens Megastädten, Probleme in der Gesundheitsversorgung oder das stark hierarchisierte Bildungswesen.
Dass die sprichwörtliche Fußballbegeisterung in Lateinamerika durchaus eine lange Tradition hat, darum geht es in dem Artikel über die erste Fußball- WM. Der Historiker Stefan Rinke beschäftigt sich am Lateinamerika- Institut schon seit Längerem mit der Geschichte des Fußballs in Lateinamerika – schließlich prägte das Spiel seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wie kein zweites Kultur und Gesellschaft. Was man nicht zuletzt daran merkt, dass es für die wissenschaftliche Beschäftigung mit Fußball eine eigene Vokabel gibt: Futbología. Als besonders fußballfanatisch gilt nicht nur Brasilien. So werden die Hintergründe und Auswirkungen der Fußball-WM in Uruguay beleuchtet, wo 1930 das allererste Turnier ausgetragen wurde.
Dass Fußball und Sport immer wieder instrumentalisiert werden wurden, diese Erfahrung gab es in der deutschen Geschichte nicht nur einmal. Der Historiker Daniel Koerfer hat die Vereinnahmung der Sports im Dritten Reich untersucht (Seite 70). Inwiefern die DDR mit ihrem straff organisierten Sportsystem Politik betrieb, diesen Fragen gehen Forscher des Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin nach.
Welche Rolle Fußball beim Kampf gegen Mobbing an Schulen spielen kann, mit dieser Frage beschäftigt sich unser Autor Florian Michaelis. Er besuchte das Projekt „Fairplayer“ unter Leitung des Psychologen Herbert Scheithauer, das unter anderem mit Fußball die sozial-emotionalen Kompetenzen von Schülern stärkt und fördert – auch über das Fußballfeld hinaus.
Und freuen Sie sich auf einen sportjournalistischen Volltreffer: ADA, Stürmerstar der humanoiden und auf Beinen laufenden Robotermannschaft der FUmanoids der Freien Universität, gab fundiert ein Exklusiv-Interview. Darin spricht der Roboter erstmals nicht nur über eigene WM-Ambitionen, sondern gibt auch Jogi Löws Truppe ein paar Tipps mit auf den Weg.
Wir wünschen bei der Lektüre sportliche Unterhaltung,
Ihre fundiert-Redaktion