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Prof. Dr. Wolfgang Helfrich

20.10.2025

Prof. Dr. Wolfgang Helfrich gehörte dem Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin von 1973 bis 1997 als Professor an. Er erhielt für seine bahnbrechenden theoretischen Arbeiten zur Struktur von Flüssigkristallen und zur Beschreibung der Struktur von Membranen zahlreiche Auszeichnungen. Er verstarb am 28. September 2025 in Berlin im Alter von 93 Jahren.

Lesen Sie im Folgenden einen Nachruf des Fachbereichs Physik:


Nachruf auf Prof. Dr. Wolfgang Helfrich

Prof. Dr. Wolfgang Helfrich verstarb am 28. September 2025 in Berlin. Er gehörte dem Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin von 1973 bis 1997 an.

Wolfgang Helfrich wurde am 26. März 1932 in München geboren. Er studierte von 1951 bis 1958 Physik an den Universitäten Göttingen, München und Tübingen und promovierte 1961 an der Technischen Universität München. Nach Forschungsaufenthalten in München, am National Research Council of Canada in Ottawa bei Dr. W. G. Schneider in der Pure Chemistry Division und an den RCA (Radio Corporation of America) Laboratories in Princeton habilitierte sich Wolfgang Helfrich 1967 in München in Experimentalphysik am Physik-Department der TU München bei Prof. Nikolaus Riehl über raumladungsbegrenzte und volumenkontrollierte Ströme in organischen Kristallen.

1967 kehrte Wolfgang Helfrich an die RCA Laboratories zurück und begann mit seinen bahnbrechenden theoretischen Arbeiten zur Struktur von Flüssigkristallen. 1970 wechselte er zu den Hoffmann-La Roche Laboratories in Basel und baute zusammen mit Martin Schadt das erste elektrooptische Flüssigkristalldisplay (liquid-crystal display, LCD) mit verdrillter nematischer Struktur, welches in Milliarden von Geräten für den privaten und professionellen Gebrauch zum Einsatz kommt. 1973 veröffentlichte Wolfgang Helfrich die erste vollständige theoretische Beschreibung der Biegeenergie von Membranen, 1978 stellte er die erste Theorie der entropischen Abstoßung von Membranen aufgrund von Formfluktuationen auf, in den folgenden Jahrzehnten lieferte Wolfgang Helfrich zahlreiche fundamentale theoretische und experimentelle Beiträge zur Membranphysik, insbesondere zu Vesikelformen, Membranformfluktuationen und zur Wirkung elektrischer Felder auf Vesikel.

1973 nahm Wolfgang Helfrich eine Professur an der Freien Universität Berlin an, die er bis 1997 innehielt. Wolfgang Helfrich erhielt für seine Leistungen zur Entwicklung des Flüssigkristalldisplays und zur Beschreibung der Struktur von Membranen zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1993 den Wolfgang-Ostwald-Preis der Deutschen Kolloid-Gesellschaft, 1996 den Robert-Wichard-Pohl-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, 2012 den Draper-Preis der National Academy of Engineering (USA) und den Raymond and Beverly Sackler International Prize in Biophysics der Tel Aviv Universität (Israel).

Wolfgang Helfrich war ein Wanderer zwischen Theorie und praktischen Anwendungen, der gegen anwendungslose Forschung an Hochschulen und gegen lähmende Hierarchien in Firmen ins Feld zog und der wie kein anderer das Denken und Forschen in Alternativen verkörperte. Er war ein international gefeierter Vordenker bei der Erforschung der Struktur von Flüssigkristallen und Membranen der allen Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Vorbild und Inspirationsquelle in Erinnerung bleiben wird.

Roland Netz (Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin), Thomas Weikl (Max-Planck-Institut für Kolloide und Grenzflächen, Potsdam)