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Neue Ideen für die Graduiertenschulen

Ein Gespräch mit dem Präsidenten der Freien Universität Peter-André Alt anlässlich der Jahrestagung des Netzwerks der Exzellenz-geförderten Graduiertenschulen in Deutschland

27.03.2018

An insgesamt sieben Graduiertenschulen aus der Exzellenzinitiative, an denen die Freie Universität beteiligt ist, werden Doktorandinnen und Doktoranden in einer Vielzahl von Fächern ausgebildet.

An insgesamt sieben Graduiertenschulen aus der Exzellenzinitiative, an denen die Freie Universität beteiligt ist, werden Doktorandinnen und Doktoranden in einer Vielzahl von Fächern ausgebildet.
Bildquelle: Frederic Schweizer

Die Exzellenzstrategie läuft bereits auf Hochtouren, Anträge für Großforschungsprojekte, die Cluster, werden begutachtet. Nicht erneut um Förderung bewerben konnten sich die Graduiertenschulen, denn diese Förderlinie der Exzellenzinitiative wurde nicht mehr in den Nachfolgewettbewerb Exzellenzstrategie übernommen. Gerade die Freie Universität war hier aber besonders erfolgreich: vier Graduiertenschulen hatten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Geistes- und Kulturwissenschaften eingeworben, außerdem ist die Universität an der Berlin Mathematical School und an zwei Promotionsprogrammen der Charité beteiligt. Auch bundesweit stehen diese Einrichtungen zur strukturierten Ausbildung von Doktorandinnen und Doktoranden nun vor einer ungewissen Zukunft. Sie haben sich daher zum Netzwerk NEXT zusammengeschlossen, dessen vierte Jahrestagung am 19. und 20. März an der Freien Universität stattfand. Ein Gespräch mit dem Präsidenten der Freien Universität Peter-André Alt über neue Perspektiven für die Graduiertenschulen.

Herr Professor Alt, inwiefern hat sich das Modell der Graduiertenschule bei der Ausbildung von Doktorandinnen und Doktoranden bewährt?

Ein großer Vorteil ist: Diese Einrichtungen machen die Fenster weit auf und bieten den Doktorandinnen und Doktoranden die Möglichkeit, disziplinenübergreifend gemeinsam zu lernen und zu forschen, damit sie den Horizont für die eigene Arbeit erweitern können. Ein Lehrangebot, das sich als richtig und wichtig erwiesen hat – in einem Umfang, der es ermöglicht, die Promotion auch in Ruhe voranzutreiben. Und die Qualifikationsangebote jenseits der Wissenschaft – also in Bereichen wie Zeitmanagement oder Berufsorientierung, je nach Bedürfnis der Promovierenden – haben sich ebenfalls als sinnvoll herausgestellt.

Es ist also eine sehr umfassende Ausbildung, die Absolventinnen und Absolventen einer Graduiertenschule erhalten – wie kann dieses Angebot nach dem Ende der Förderung aus der Exzellenzinitiative fortgesetzt werden?

Die neue Betreuungskultur, die aus den Graduiertenschulen entstanden ist, sollte auf jeden Fall erhalten bleiben – übrigens arbeiten wir kontinuierlich daran, diese Standards auch auf die Individualpromotion zu übertragen. Doktorandinnen und Doktoranden müssen die Möglichkeit haben, sich regelmäßig mit der Betreuerin oder dem Betreuer über den Fortschritt der jeweiligen Arbeit auszutauschen, nicht nur einmal im Semester. Das sollte ganz unabhängig von Förderprogrammen der normative Fall sein.

Schwieriger wird es für die Graduiertenschulen sein, das Lehrangebot ohne zusätzliche Finanzierung weiter vorzuhalten. Die Universitäten können diese fehlenden Mittel nicht einfach aus ihrem Budget ersetzen. Deshalb moniere ich auch, dass die Graduiertenschulen aus der Förderung im Rahmen der Exzellenzstrategie herausgefallen sind. Qualität hat ihren Preis, und wir stehen vor dem Problem, wie wir die Qualifizierung auf dem bisherigen hohen Niveau ohne Zusatzmittel weiterführen können.

Bei der NEXT-Podiumsdiskussion diskutierten (v.l.) Gudrun Krämer, Anselm Fremmer, Sandra Janßen, Markus Edler und Jule Specht (nicht im Bild). Die Moderation übernahm Christine Prußky.

Bei der NEXT-Podiumsdiskussion diskutierten (v.l.) Gudrun Krämer, Anselm Fremmer, Sandra Janßen, Markus Edler und Jule Specht (nicht im Bild). Die Moderation übernahm Christine Prußky.
Bildquelle: Jeanette Koerdel

Der soziale Zusammenhang in einer solchen „Schule“ wird sowohl von Promovierenden als auch von den Betreuerinnen und Betreuern als sehr positiv gesehen. Würde es nicht lohnen, diese nun über mehr als zehn Jahre gewachsenen Strukturen zu erhalten?

Das sehen wir auch so, und das Präsidium der Freien Universität wird die Graduiertenschulen nicht allein lassen, wenn es um eine Basisfinanzierung geht. Bis 2023 ist der grundsätzliche Erhalt der Graduiertenschulen abgesichert. Außerdem wollen wir in unserem Antrag in der Exzellenzstrategie, den wir ja mit der Humboldt-Universität, der Technischen Universität und der Charité gemeinsam stellen, auch Mittel für die strukturierten Promotionsprogramme einwerben. Für die Graduiertenschulen selbst beginnt nun eine neue Phase, in der es darum gehen muss, Erfahrungen zu sammeln, Prioritäten zu setzen und zu prüfen, was sich auch ohne das Geld aus der Exzellenzinitiative – immerhin eine Million Euro pro Jahr – realisieren lässt.

Welche Maßnahmen zur Förderung von Doktorandinnen und Doktoranden lassen sich denn auch ohne Geld – oder mit weniger Geld – umsetzen?

Die Stimmung, das Klima in einer Einrichtung, die Offenheit für andere Fächer, der Austausch, der Raum für freies Denken. Wir ermutigen die Promovierenden auch, das große wissenschaftliche Angebot der Freien Universität wahrzunehmen, andere Tagungen und Lehrveranstaltungen aufzusuchen.

Sie haben gesagt, die Förderung von Doktorandinnen und Doktoranden wird auch im Verbundantrag der Berliner Universitäten eine Rolle spielen. Welche Ideen werden da gerade diskutiert?

Wir wollen unsere Kräfte bündeln, um zum Vorteil der Verbundpartner mehr Kurse im Bereich der Zusatzqualifikationen anbieten zu können. Außerdem wollen wir die Programme besser aufeinander abstimmen. Die Universitäten und die Charité arbeiten schon jetzt im Bereich Nachwuchsförderung eng zusammen, und der Anteil der Programme, die wir bereits gemeinsam betreiben, ist nicht zu unterschätzen.

Die Fragen stellte Nina Diezemann

Weitere Informationen

Vierte Jahrestagung des Netzwerks der EXzellenz-geförderten GraduierTenschulen in Deutschland (NEXT)

Organisiert von den vier geistes- und kulturwissenschaftlichen Graduiertenschulen fand am 19. und 20. März die vierte Jahrestagung des Netzwerks der Exzellenz-geförderten Graduiertenschulen in Deutschland statt. Teil des Programms war auch eine öffentliche Podiumsdiskussion, auf der die Herausforderungen der Graduiertenausbildung nach Ende der Förderung aus der Exzellenzinitiative diskutiert wurde. Auf dem Podium saßen: Dr. Markus Edler, Dahlem Research School (Freie Universität Berlin), Dr. Anselm Fremmer (DFG, Programmdirektor, Gruppe Graduiertenkollegs, Graduiertenschulen, Nachwuchsförderung), Dr. Sandra Janßen (wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Germanistik, Karlsruher Institut für Technologie und Mitglied des Netzwerks Gute Arbeit in der Wissenschaft), Prof. Dr. Gudrun Krämer (Direktorin der Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies und Mitglied des Wissenschaftsrats) und Prof. Dr. Jule Specht (Humboldt-Universität zu Berlin und Mitglied der Jungen Akademie). Die Moderation hatte die Journalistin Christine Prußky.

Programm der Tagung: www.jfki.fu-berlin.de/graduateschool/NEXT#Programme#Programme

Graduiertenschulen der Freien Universität

An insgesamt sieben Graduiertenschulen aus der Exzellenzinitiative, an denen die Freie Universität beteiligt ist, werden Doktorandinnen und Doktoranden in einer Vielzahl von Fächern ausgebildet.

Bereits seit 2006 besteht die Graduiertenschule für Nordamerikastudien (GSNAS), 2007 kamen die Friedrich-Schlegel-Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien (FSGS) und die Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies (BGSMCS) hinzu. Letztere betreibt die Freie Universität Berlin gemeinsam mit der Humboldt-Universität zu Berlin.

Ein Gemeinschaftsprojekt ist auch die Berlin Mathematical School (BMS), die von Technischer Universität, Freier Universität und Humboldt-Universität getragen wird. Seit 2012 können auch Doktorandinnen und Doktoranden an der Graduiertenschule für Ostasienstudien (GEAS) der Freien Universität promovieren.

An der Charité, dem gemeinsamen medizinischen Fachbereich von Freier Universität und Humboldt-Universität, sind die Berlin-Brandenburg School for Regenerative Therapies (BSRT) und die Berlin School of Integrative Oncology (BSIO) angesiedelt.

Die Förderung aus der Exzellenzinitiative endet im Oktober 2019.