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„Der Schutz der Whistleblower ist wichtig“

Tag der guten wissenschaftlichen Praxis am 8. Juni / Anmeldung bis 25. Mai

17.05.2016

"Alle, die mit Wissenschaft zu tun haben, sollten zum 'Tag der guten wissenschaftlichen Praxis' kommen."

"Alle, die mit Wissenschaft zu tun haben, sollten zum 'Tag der guten wissenschaftlichen Praxis' kommen."
Bildquelle: David Ausserhofer

Joachim Heberle ist Professor am Fachbereich Physik der Freien Universität und „Ombudsman für die Wissenschaft“.

Joachim Heberle ist Professor am Fachbereich Physik der Freien Universität und „Ombudsman für die Wissenschaft“.
Bildquelle: Marina Kosmalla

Zum Auftakt einer Veranstaltungsreihe zum Thema „gute wissenschaftliche Praxis“ organisiert die Dahlem Research School (DRS) der Freien Universität Berlin einen „Tag der guten wissenschaftlichen Praxis“. Die Veranstaltung bietet zwei Vorträge am Vormittag zur Rolle des „Ombudsman für die Wissenschaft“ und zum Forschungsdatenmanagement sowie anschließend drei Workshops, die sich gezielt an verschiedene Personengruppen wenden, deren Aufgabe es ist, gute wissenschaftliche Praxis sicherzustellen. Campus.leben sprach mit Joachim Heberle, Professor am Fachbereich Physik der Freien Universität und Vertreter im bundesweiten Gremium „Ombudsman für die Wissenschaft“.

Herr Professor Heberle, was ist ein „Ombudsman für die Wissenschaft“ und was sind seine Aufgaben?

Das Gremium „Ombudsman für die Wissenschaft“ ist eine ehrenamtlich tätige Beratungs- und Vermittlungseinrichtung, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingesetzt wird, aber unabhängig von ihr arbeitet. Sie steht allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern deutschlandweit zur Beratung und Unterstützung in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis und ihrer möglichen Verletzung durch wissenschaftliche Unredlichkeit zur Verfügung. Wir kommen ins Spiel, wenn es sich um übergeordnete Fragestellungen handelt. Jede Universität und außeruniversitäre Forschungseinrichtung, die mit zur Wissenschaftsallianz zählt, sollte zusätzlich ihre eigenen Ombudsleute haben, um lokale Probleme anzugehen. So hat bei uns an der Freien Universität in der Regel jeder Fachbereich einen eigenen Ombudsman.

„Ombudsman“ ist ein Begriff aus dem nordischen Sprachgebrauch und nicht geschlechtsspezifisch. So haben wir mit Professorin Brigitte M. Jockusch von der Technischen Universität Braunschweig auch eine Frau in unserem Gremium, die trotzdem ein „Ombudsman“ ist.

Wir sind keine Richter und sprechen keine Sanktionen aus, sondern versuchen, zwischen sich streitenden Parteien zu moderieren. Am Ende steht im Idealfall ein Kompromiss, denn in solchen Verfahren gibt es zumeist weder absolute Gewinner noch absolute Verlierer.

In welchen Fällen werden Sie um Hilfe gebeten?

Sehr häufig geht es um gemeinsame Publikationen. Das ist ja in der Wissenschaft die Währung für Qualität. Dabei reicht es nicht, einfach zu publizieren, sondern es ist häufig entscheidend, an welcher Stelle man als Autor steht, ob man an erster oder zweiter Stelle genannt wird oder erst am Ende. Mittlerweile spielt das auch eine Rolle für Wissenschaftlerkarrieren, wenn man sich habilitieren will und eine Professur anstrebt. Daher sind diese Fälle häufig extrem emotional. Da hängt nicht nur die Forscherseele dran, sondern auch der Beruf und damit die wirtschaftliche Existenz.

Bei unserer Arbeit geht es auch immer um den Schutz der sogenannten Whistleblower – das sind die Personen, die uns auf wissenschaftliches Fehlverhalten hinweisen. Meistens sind es die direkt Betroffenen. Der Schutz der Whistleblower ist wichtig, deshalb bleiben alle Informationen unter uns und dürfen nicht nach außen dringen. Andererseits müssen wir, um den Fall klären zu können, die Gegenseite kontaktieren können – die mit den Informationen ebenfalls nicht an die Öffentlichkeit gehen darf.

Warum haben Sie diese Aufgabe übernommen?

Aus Pflichtbewusstsein. Obwohl die Wissenschaft eigentlich egalitär ist, existieren an Universitäten, externen Forschungseinrichtungen und vor allem in Kliniken häufig doch sehr asymmetrische Arbeitsverhältnisse. Da ist es wichtig, dass man ein Gremium hat, an das man sich in problematischen Situationen wenden kann. Auch ich persönlich habe an verschiedenen Stellen in meiner wissenschaftlichen Karriere festgestellt, dass solche asymmetrischen Verhältnisse sehr schwierig sein können. Da habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, Rückendeckung zu haben.

Mir erleichtert die Arbeit für den Ombudsman für die Wissenschaft besonders der Austausch mit meinen Kollegen. Ich lerne dabei unheimlich viel, gerade von den Kollegen aus der Rechtswissenschaft, wie man zum Beispiel solche Streitfälle strukturiert angeht und wie hilfreich das ist. In der Realität sind solche Streitfälle leider nicht eindeutig zu lösen, vielmehr wird eine Klärung der Schuldfrage durch viele Graustufen erschwert beziehungsweise unmöglich gemacht.

Am „Tag der guten wissenschaftlichen Praxis“ halten Sie einen Vortrag mit dem Titel „Die gute wissenschaftliche Praxis: Die Rolle des Gremiums „Ombudsman für die Wissenschaft“. Worüber werden Sie berichten?

Es wird nicht so sehr um die eigentlichen Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis gehen, die in anderen Vorträgen beleuchtet werden. Ich werde eher über den Hintergrund berichten. Wie kam dieses Regelwerk zustande? Warum hat die DFG diese Regeln verschriftlicht? Und natürlich werde ich darauf eingehen, was das Ombudsgremium ist und auch etwas zur Situation an der Freien Universität erzählen.

Für wen ist die Veranstaltung sinnvoll?

Ich würde es sehr breit fassen: Alle, die mit Wissenschaft zu tun haben, sollten kommen. Gute wissenschaftliche Praxis betrifft Bachelor- und Masterstudierende genauso wie Doktoranden, wissenschaftliche Mitarbeiter, Professorinnen und Professoren. Wir bringen den Studierenden und Wissenschaftlern bei, welche Regeln man zu beachten hat, aber auch, was man tunlichst unterlassen sollte.

Die Fragen stellte Marina Kosmalla

Weitere Informationen

Zeit und Ort: 8. Juni 2016, 9.30 bis 16.30 Uhr, Seminarzentrum Freie Universität Berlin, Raum L116, Otto-von-Simson-Str. 26, 14195 Berlin-Dahlem.

Anmeldung unter: support@drs.fu-berlin.de; Anmeldeschluss ist der 25. Mai 2016.

Im Anschluss an den „Tag der guten wissenschaftlichen Praxis“ bietet die DRS weitere kostenfreie Kurse für Promovierende und Postdocs an:

9. und 10. Juni 2016: Scientific Data Protection – Data Hugging versus Open Access (Interdisciplinary)

13. und 14. Juni 2016: On doing sound and ethical science (Life Sciences)

16. und 17. Juni 2016: Rechte und Verantwortung in der Forschung (Sozial- und Geisteswissenschaften)