Die 1940er Jahre
Dezember 1947
Die Geschichte der Freien Universität Berlin geht zurück bis ins Jahr 1947, als die erste Forderung nach der Neugründung einer Universität laut wird: Otto Hess, Medizinstudent an der im Ostsektor der Stadt gelegenen Berliner Universität, fordert in der Zeitschrift „Colloquium“ eine „internationale Universität Berlin“. Das studentische Periodikum unter amerikanischer Lizenz erscheint seit Mai 1947.
April 1948
Den an der Berliner Universität (Foto) eingeschriebenen Studenten Otto Hess, Joachim Schwarz und Otto Stolz, Chefredakteur von „Colloquium“, wird durch den Präsidenten der „Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung“, Paul Wandel (SED), die Erlaubnis zum Studium entzogen.
23. April 1948
Protest von rund 2000 Studentinnen und Studenten vor dem Hotel Esplanade am Potsdamer Platz gegen die Relegation von Otto Hess, Joachim Schwarz und Otto Stolz. Sie fordern die Gründung einer freien Universität. Der Grund für die Exmatrikulation: Die drei Studenten hätten, so der Rektor der Berliner Universität, Hermann Dersch, durch ihre publizistische Tätigkeit Anstand und Würde verletzt.
April bis Juni 1948
Ein vom amerikanischen Militärgouverneur General Lucius D. Clay eingerichtetes Komitee befürwortet die „Durchführbarkeit der Errichtung einer deutschen Universität im US-Sektor von Berlin“. Der Tagesspiegel ruft deutschlandweit zur Gründung einer Stiftung auf. Für die Universitätsgründung konstituiert sich ein Vorbereitungsausschuss aus Professoren, Dozenten, Politikern, Verwaltungsangestellten und Studenten. Unter ihnen: Berlins gewählter Oberbürgermeister Ernst Reuter (Foto), der Kunsthistoriker und Herausgeber des Tagesspiegels, Edwin Redslob, und Medizinstudent Otto Hess.
24. Juni 1948
Vor allem Amerikaner und Briten versorgten die West-Berliner Bevölkerung über eine "Luftbrücke"
Bildquelle: Fritz Eschen/Deutsche Fotothek
Auf Befehl der westalliierten Stadtkommandanten wird in West-Berlin – wie bereits vier Tage zuvor in den Westzonen – im Rahmen der Währungsreform die D-Mark eingeführt. Die sowjetischen Besatzungsbehörden blockieren daraufhin die von den amerikanischen, britischen und französischen Alliierten genutzten Landwege zwischen den Westzonen und West-Berlin. Vom 26. Juni 1948 an versorgen vor allem Amerikaner und Briten die Bevölkerung West-Berlins über eine „Luftbrücke“. Mit fast 200000 Flügen werden bis zum 12. Mai 1949 rund 1,5 Millionen Tonnen lebenswichtiger Güter nach Berlin transportiert. Am Ende landet alle zwei bis drei Minuten eine Maschine in Tempelhof, Gatow oder Tegel.
23. Juli 1948
Das Gründungsmanifest der Freien Universität Berlin
Bildquelle: Freie Universität Berlin / Universitätsarchiv
Veröffentlichung des „Gründungsmanifests“: Der Vorbereitungsausschuss bittet die Öffentlichkeit, die Gründung einer freien Universität zu unterstützen. Die neue Universität solle eine unabhängige Stelle der wissenschaftlichen Ausbildung werden, an der man „frei von Furcht“ und „ohne einseitige Bindung an parteipolitische Doktrin lehren und forschen“ könne.
24. Juli 1948
Das Sekretariat im Haus der Boltzmannstraße 4
Bildquelle: Freie Universität Berlin / Universitätsarchiv
Das Sekretariat der Freien Universität eröffnet im Haus Boltzmannstraße 4, das bis Kriegsende der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft gehört hatte. Durch Privatspenden kann es mit Tischen, Stühlen und einer Schreibmaschine ausgestattet werden. Im Verlauf der ersten Woche lassen sich 1200 Studierwillige provisorisch registrieren. Als am 11. September die offiziellen Anmeldeformulare ausgegeben werden, haben sich schon mehr als 3000 Interessierte gemeldet.
November 1948
Beginn der Immatrikulationen. Am ersten Tag werden die Medizinstudierenden von A bis K registriert. Karol Kubicki (Foto) und sein Kommilitone Helmut Coper werfen eine Münze, wer von beiden sich zuerst einschreiben darf – Karol Kubicki gewinnt.
November 1948
Friedrich Meinecke wechselt von der Berliner Universität Unter den Linden nach Dahlem. Der renommierte Historiker wird Gründungsrektor der Freien Universität und amtiert bis zum Wintersemster 1949/1950.
Wintersemester 1948/49
Studierende vor dem ersten Hauptgebäude der Freien Universität in der Boltzmannstraße 3. Dort waren anfangs 13 Institute der Philosophischen Fakultät untergebracht, außerdem ein Schreibwarenladen, eine Schuhmacherwerkstatt, eine Kleider-Ausgabestelle und mehrere Dienstwohnungen.
4. Dezember 1948
Gründungsfeier im Titania-Palast – einem Kino in Steglitz, dem größten im amerikanischen Sektor verfügbaren Saal. Die Eröffnungsrede hält Ernst Reuter, die Ansprache des erkrankten Rektors Friedrich Meinecke wird über Rundfunk in den Saal übertragen. Außerdem sprechen Edwin Redslob, Geschäftsführender Prorektor, der studentische Vertreter Heinz Rögner-Franke, der Kommandant des amerikanischen Sektors Frank L. Howley, die amtierende Oberbürgermeisterin Louise Schroeder sowie – als Repräsentant der Princeton University und der Yale University – der Schriftsteller Thornton Wilder.
Februar 1949
Der Mediziner Friedrich von Bergmann
Bildquelle: Reinhard Friedrich / Freie Universität Berlin / Universitätsarchiv
Der promovierte Mediziner Friedrich von Bergmann wird Kurator der Freien Universität – die Funktion entspricht heute der des Kanzlers bzw. der Kanzlerin. Von 1945 bis 1946 war von Bergmann Leiter der Abteilung Wissenschaft und Ausbildung der Zentralverwaltung für das Gesundheitswesen in der Sowjetischen Besatzungszone, danach freier Mitarbeiter des Tagesspiegels und Sekretär des Vorbereitenden Gründungsausschusses der Freien Universität gewesen.
Die Amtsbezeichnung Kurator wird im Juli 1969 in Kanzler geändert.
Die Freie Universität übernimmt in Dahlem mehrere Gebäude ehemaliger Kaiser-Wilhelm-Institute und der früheren Friedrich-Wilhelms-Universität, der Vorgängerin der Unter den Linden gelegenen Berliner Universität und heutigen Humboldt-Universität.