Globalisierung ist eine weltweite, maßgeblich von den westlichen Industrieländern getragene Bewegung von freiem Handel, der ungehemmten Zirkulation des Kapitals und der allgemeinen Teilhabe an der Technologie. Sie förderte die internationale Zusammenarbeit bei der Bewältigung der der Menschheit bevorstehenden Herausforderungen, und führte insbesondere zu einer engeren wirtschaftlichen Integration von Ostasien mit Nordamerika und Europa, von der alle beteiligten Länder profitierten, und durch die die politischen, und kulturellen Beziehungen zwischen diesen Regionen deutlich intensiviert wurden.
Jedoch wird die Globalisierung angesichts des Aufstiegs der Schwellenländer wie China und der Verschiebung der globalen Wirtschaftsschwerpunkte in etlichen traditionellen Industrieländern, nicht zuletzt in den USA, zunehmend negativ bewertet. Infolgedessen entstanden und verstärkten sich seit der letzten Zeit Deglobalisierungstendenzen wie Unilateralismus, Handels- und Technologieprotektionismus, wodurch die Stabilität der internationalen Ordnung erschüttert, die Wirksamkeit der globalen Kooperation und Governance beeinträchtigt, und die Unsicherheit der Welt enorm erhöht wurden.
Eine weitere Herausforderung, mit dem man sich derzeit konfrontiert sieht, ist der Krieg. 2025 jährt sich zum 80. Mal der Sieg des Weltkriegs gegen Faschismus. Kriege hat es zwar immer gegeben. Doch wurde und wird in unserer Welt so viel und so drastisch durch einen Krieg verändert wie seit langem nicht mehr. Gemeint ist damit der Krieg, der zur Zeit in der Ukraine weitergeht. Dabei wurde die endogene Krise sowohl der internationalen Sicherheitsarchitektur, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert worden sind, als auch der Kernprinzipien der westlichen bürgerlichen Gesellschaft evident. Auch die Europäische Union, die einst unter dem Motto „Nie wieder Krieg“ gegründet wurde, beginnt jetzt, aufgrund der aktuellen Zerwürfnisse innerhalb der transatlantischen Allianz das eigene Sicherheitskonzept zu reformieren. Die politischen, wirtschaftlichen und Handelsordnungen der gesamten Weltgemeinschaft, sowie die Beziehungen zwischen Staaten und Staatengruppen stehen unvermeidlich vor einem tiefgreifenden Wandel. Für die Wissenschaft erscheint es also dringend nötig, auch in Erinnerung an die Geschichtserfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg über die Fragen zu Krieg und Frieden nachzudenken und zu diskutieren.
Angesichts der zahlreichen De- und Postglobalisierungstendenzen stellt sich auch nach der Bundestagswahl 2025 eine Reihe von Fragen. Wie sind Demokratie und Populismus beispielsweise vor dem Hintergrund des neuen politischen Spektrums zu verstehen? Wo hört jene auf und wo fängt dieser an? Wozu dient die „Brandmauer“? Kehrt nun der „Nationalstaat“ zurück? Vermögen gemeinsame Werte noch, eine transnationale Staatengemeinschaft zu gründen? Geraten Deutschland und Europa in eine Dauerkrise? Und welchen Stellenwert haben die Geistes- und Sozialwissenschaften noch in dieser zunehmend techno(auto)kratisch geprägten Zeit?
Als die beiden am stärksten von Deglobalisierung betroffenen Regionen sind Ostasien und Europa mit großen Herausforderungen konfrontiert. Wie sollen chinesisch-japanisch-südkoreanische Beziehungen unter den neuen Rahmenbedingungen gestaltet werden, damit die neuen Herausforderungen für diese Region besser bewältigt werden können? Und: Könnte Deglobalisierung der regionalen Integration neue Dynamik verleihen? Wie lassen sich die künftigen Beziehungen zwischen den ostasiatischen Ländern einerseits, sowie zwischen Ostasien und Europa andererseits bestimmen?
Zeit & Ort
05.09.2025 - 07.09.2025
Raum 208, Haus der Demokratie, Peking Universität