Das Ende des spanischen Weltreiches
Prof. Dr. Nikolaus Böttcher
Das Rätsel um den Zerfall des spanischen Imperiums wirft zunächst ein anderes Rätsel auf. Es ist die Frage, wie es Spanien überhaupt gelang, Territorien von der Größe des amerikanischen Kontinentes militärisch zu erobern und über Jahrhunderte politisch zu binden. Es gilt also, sich mit historischen Prozessen einer longue durée auseinanderzusetzen. So wird auch der Untergang des spanischen Kolonialreiches als ein schleichender Prozess verstanden, der bereits im 17. Jahrhundert einsetzt und durch das Reformwerk der Bourbonen zunächst aufgehalten wird, dann aber eine Eigendynamik entwickelt, die zur Herausbildung einer amerikanischen Identität und Selbstbehauptung führt und in die Unabhängigkeitsbestrebungen der revolutionären Epoche (USA, Frankreich, Haiti) mündet. Der Höhepunkt dieser Entwicklung ist mit der Annexion der Iberischen Halbinsel durch Napoleon und aus Sicht Hispanoamerikas mit dem Wegfall des Mutterlandes erreicht.