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10. April 1892 Magdeburg - 8. Februar 1983 Haifa, Israel

Hermann Ahlfeld

Hermann Ahlfeld
Bildquelle: Privatfoto von der Familie zur Verfügung gestellt am 5. Juni 2020

Christoph Paul Hermann Ahlfeld

Hermann Ahlfeld wurde am 10. April 1892 in Magdeburg, Preußen geboren. Er verstarb am 08. Februar 1983 in Neve Scha`anan, Hagalilstr. 41, Haifa, Israel.

Er war der Sohn von Christoph (1. April 1867 zu Cassigk, Kreis Gardelegen) und Dorothee Ahlfeld (16. August 1870 zu Brumby, Kreis Kalbe a. d. Saale), geb. Stille. Nach eigenen Angaben in seinem Entschädigungsantrag nach dem BEG (Schreiben des Rechtsanwalts Wilhelm Scheffen, Köln vom 05.02.1954) war er weder jüdischer Herkunft noch einer anderen Konfession angehörig.

Von 1898 – 1906 besuchte er die Volksschule in Magdeburg und von 1906 – 1909 die Obligatorische Fortbildungs-Schule. Von 1906 – 1910 machte er eine Ausbildung zum Bau-, Möbel- und Modelltischler bei dem Tischlermeister Ernst Hüttenrauch in Magdeburg-Buckau, Coquistr. 10.

Von 1910 – 1911 arbeitete er als Modelltischler in Erfurt, Mönchen-Gladbach, Grevenbroich, Einswarden und Oldenburg. 1912 – 1927 war er in Berlin bei Borsig und Siemens tätig.  Am 26.08.1914 wurde er zum 2. Garde-Infanterie-Regiment nach Potsdam als Militär-Krankenwärter (Sanitäter) eingezogen, aber bereits im Oktober 1916 zum Zweck des Einsatzes in der Industrie nach Berlin entlassen. 1927 – 1930 arbeitete er für die Firma A. Moldenhauer und Söhne in Berlin, Ackerstr. 50. Ab 1930 bis zu seiner Flucht 1933 nach Paris war er arbeitslos. Er betätige sich aber als Lehrer an der Berliner Gewerkschaftsschule. 

Seine Flucht am 28. Juni 1933 beruht auf der Verfolgung als Sozialdemokrat und Gewerkschaftler. Er wurde in Frankreich als Politischer Flüchtling durch das Matteotti-Comité Francais (Hilfskomitee für Sozialisten und Gewerkschafter 1924 in Belgien für italienische Flüchtlinge gegründet, erweiterte es seinen Aktionsradius 1933 und 1938 auf geflüchtete Deutsche und Österreicher) und das Comité intergouvernemental pour les réfugiés (CIR) anerkannt. Das Zwischenstaatliche Komitee für Flüchtlinge (CIR), auch Evian-Komitee genannt, war das Ergebnis der Konferenz von Evian aus dem Jahr 1938. Ziel war es, eine dauerhafte Lösung für deutsche- und österreichisch-jüdische Flüchtlinge zu finden, die vor dem NS-Regime flohen. Von 1933 – 1939 schlug er sich eher schlecht als recht (wie so viele Emigranten ohne große finanzielle Mittel) als Meister in der Spielzeugfabrik „Jou-Jou“, in 3 weiteren eigenen Betrieben und als Modelltischler durch.

Mit dem Decret-Loi du Juillet 1939 wurde Hermann Ahlfeld von September 1939 bis Oktober 1939 im Stadion Colombes, Paris interniert. Im Oktober 1939 bis April 1940 wurde er ins Camp Villerbon bei Elois (Loire) verlegt und im April 1940 bis Mai 1940 ins Camp Chambon (Loire).

Von Mai 1940 bis August 1940 leistete er im Arbeits-Bataillon (Arbeitssoldat/Prestataire) in Montauban (Loire) Dienst. Nach seiner Demobilisierung ging er nach Toulouse. Ab Oktober 1940 bis Mai 1941 arbeitete er als Holzfäller und Köhler in Arques bei Carcassonne.

Ab Dezember 1941 war er auf der Flucht vor den deutschen Besatzern und dem Vichy Regime: bis Dezember 1942 in Marseille und Aix-en-Provence und ab Dezember 1942 bis Juli 1946 in St. Privat de Vallongue und Florac (Lozere) 

Die Flucht aus Deutschland, die Internierung und Zwangsarbeit in Frankreich sowie die Jahre der Flucht hinterließen ihre Spuren, physisch und psychisch. Hermann Ahlfeld hielt sich von Juli 1946 bis Februar 1947 im Hospital Psychiatrique de St. Alban (Lozere) zur Genesung auf.

Ab dem Juni 1947 bis zum Dezember 1948 arbeitete er als Lehrer und Werksmeister im Jugendheim der israelischen Jugend-Alija in Pougues-les-Eaux. Im Januar 1949 wanderte er mit seiner Familie nach Israel aus. In Israel arbeitete er als freier Industrie- und Werklehrer im eigenen Betrieb für Lehrmittel. 

Die Familie:

In erster Ehe war Hermann Ahlfeld mit Ludewiga Ahlfeld, geborene Weselowski (19.02.1886 – 10.07.1956) verheiratet. Die Ehe wurde am 31.10.1922 geschlossen und nie rechtskräftig geschieden. Hermann Ahlfeld hatte in Frankreich jedoch über persönliche Bekannte erfahren, dass seine erste Frau ein rechtsgültiges Scheidungsurteil gegen ihn erwirkt hatte. Damit war der Weg für ihn frei, seine zweite Frau zu ehelichen. Frau Ludewiga Ahlfeld hat Hermann Ahlfeld am 08.05.1945 für tot erklärt.

Seine zweite Ehefrau lernte Hermann Ahlfeld in Frankreich kennen. Er heiratete am 7. April 1941 Marianne Ahlfeld-Heymann, geborene Heymann (geboren 7. Februar 1905 in Köln am Rhein – gestorben 26. Juni 2003 in Haifa). Sie war eine deutsch-israelische Holzbildhauerin, Kostümdesignerin, Bühnenbildnerin, Maskenschnitzerin und Marionettenbauerin.

Das Ehepaar Marianne und Hermann Ahlfeld hat 3 Kinder: Eva Charlotte (geb. 8.12.1941 in Marseille), Martin Nobert (geb. 8.10.1943 in Alès (Lozère)) und Jean Marcel (geb. 29.03.1945 in Florac (Lozère))

Politisches Engagement:

Hermann Ahlfeld war seit 1911 eingetragenes Mitglied der SPD, 1910 – 1933 Mitglied des Deutschen Holzarbeiterverbandes, 1924 – 1929 Mitglied der Branchenkommission Gross-Berlin, 1927 – 1930 Betriebsratsvorsitzender bei der Firma Modellfabrik Moldenhauer Berlin, Ackerstr. 50, 1927 – 1933 Lehrer an der Berliner Gewerkschaftsschule und 1932 – 1933 Organisator und Leiter der Erwerbslosenwerkstätten in Berlin-Charlottenburg.

Hermann Ahlfeld bezeichnete sich selbst als in Berlin bekannter Sozialist. Zitat (Anlage zur Entschädigungsakte 251028 – Schaden im beruflichen Fortkommen (§§ 25 – 55 BEG) des Hermann Ahlfeld – zu VI Ziff. 1): (...) „In der Zeit zwischen dem 30.01.1933 und Juni 1933 versuchte ich, mich unter den verschiedensten Adressen in Berlin zu halten. Ich wurde aber verfolgt und sollte schließlich verhaftet werden. Da beschloss ich, zur Rettung meiner Freiheit und vielleicht auch meines Lebens in Ausland zu fliehen.“

Hermann Ahlfeld musste nach eigenen Angaben bei seiner Flucht 1933 nach Paris u.a. seine ca. 3000-bändige Bibliothek zurücklassen. Die Familie hat auf eine Restitution der in der Bibliothek der Sozialwissenschaften gefundenen Bücher, die Hermann Ahlfeld eindeutig zuzuordnen sind, verzichtet und sie der Universitätsbibliothek geschenkt.

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