Die Weltkonferenz gegen den Internationalen Terrorismus - Ein Erfahrungsbericht
Daniel Maier, Vertreter für Pakistan
Während des Studiums, ich berichte als ein Student der Politikwissenschaft, beschäftigt man sich mit einer Vielzahl von Themen, erhält die Möglichkeit, Schwerpunkte zu setzen, bleibt aber auch in vielen Fällen durch die Fülle der Informationen an der Oberfläche verhaften. Gerade ein Studiengang wie die Politikwissenschaft, die sich als „Integrationswissenschaft“ versteht, liegt ein Fokus auf der Analyse eines komplexen Sachverhalts unter Berück-sichtigung einer Vielzahl von Variablen und Aspekten, die für die Erklärung als relevant betrachtet werden. Die Erfassung der Realität, gewissermaßen von einem neutralen Standpunkt (ver-) führt bisweilen zu der Annahme, dass es eine Synthese von divergierenden Interessen geben müsse. Dieses normative Postulat gilt es jedoch an der Praxis zu überprüfen, wo Interessen artikuliert werden und im Falle von Regierungen ein neutraler Standpunkt der Glaubwürdigkeit zuwiderliefe. Eine Simulation eröffnet hierbei also den Beteiligten den Fluchtpunkt des nationalen Interesses, das es zu berücksichtigen und vorzutragen gilt.
Das Ziel und der Anspruch der Glaubwürdigkeit verlangen dabei im Vorfeld der Vorbereitungen eine intensive Auseinandersetzung mit den Bestimmungsfaktoren einer Regierungspolitik, die eingebettet ist in ein regionales Beziehungsgeflecht, das historisch entstanden ist und für die absehbare Zukunft richtungsweisend sein wird. Hierzu zählen alte Feindschaften ebenso wie traditionelle gute Beziehungen. Die Frage der nationalen Minderheiten in einem Staate kann von herausragender Bedeutung werden, ebenso die Frage nach finanzieller Unterstützung einer Regierung durch eine andere. Diese Konditionalitäten gilt es wiederum zu berücksichtigen. Sie sind es, die es der einen Regierung ermöglichen, einen Resolutionsentwurf zu „sponsern“, der anderen aber eher ein Abwarten abverlangen.
Der Tagesordnungspunkt 1, die Diskussion um die Annahme der Tagesordnung, antizipierte bereits erste Koalitionen, die sich im Verlaufe der Simulation bestätigten. Die Hierarchisierung der zu behandelnden Themen wurde schnell zum Politikum. War für die westlichen Industriestaaten die Definition von Terrorismus, sowie die Maßnahmen zur Bekämpfung als höchste Priorität angesiedelt, waren die meisten der arabischen Staaten davon überzeugt, zunächst die Ursachen des Terrorismus anzusprechen. Dass hierbei der Faktor „Zeit“ eine nicht unwesentliche Rolle spielt, wurde den Teilnehmern bereits nach den ersten größeren Sitzungsunterbrechungen bewußt. Viele Punkte kamen zu kurz, der Zeitdruck nötigte zum Konsens.
An diesem Punkt läßt sich ein „Knackpunkt“ von Simulationen erkennen. Als Teilnehmer (also nicht in der Rolle eines Repräsentanten) neigt man doch gerne zum Erfolg einer Konferenz. Dieser Erfolg wird m. E. darin gesehen, möglichst viele Punkte der Tagesordnung „abzuhaken“ und mit der Verabschiedung einer Resolution oder Erklärung zu dekorieren, vielleicht sogar zu krönen. Dieser von den Teilnehmern geteilte „persönliche“ Erfolg konterkariert jedoch die vorhergehenden Bemühungen, einen „realistischen“ und glaubwürdigen Standpunkt zu vertreten. Von dieser Schwachstelle abgesehen liegt der Erfahrungswert einer Simulation in der intensiven Beschäftigung mit einer Region und einem Land sowie der Funktionsweise der UNO. Hierbei zeigte sich, dass es weniger um die institutionelle Komponente ging, sondern v.a. um Kniffe und Tricks in der Anwendung der Geschäftsordnung. Insofern war der Bezug zur Praxis gewährleistet und der „persönliche“ Erfolg reell. Das dabei erlernte „Sich-Einlassen“ auf verschiedene Akteursrationalitäten und die Interesenartikulation innerhalb eines vorgegebenen Handlungsrahmen (Geschäftsordnung) ließ dabei in Ansätzen die Eigenkomplexität von Verhandlungen erahnen und schärfte den Blick auf den eigenen Standpunkt, der doch auch nur möglicherweise einer unter vielen ist.