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LING_2: Die Vernetzung, Interaktion und Überlappung der funktional-semantischen Kategorien Temporalität, Aspektualität, Modalität und Evidentialität in den verschiedenen Varietäten des Spanischen

Sektionsleitung: Verónica Böhm (Universität Potsdam), Anja Hennemann (Universität Potsdam)

Link zum Sektionsprogramm (PDF)

Wenn das spanische Imperfekt nicht (primär) dem Ausdruck von Imperfektivität dient, sondern seine sekundären Werte in den Vordergrund treten, gilt es als eines der prominentesten Ausdrucksmittel, die die Interaktion und Verflechtung von Temporalität, Aspektualität, Modalität und Evidentialität veranschaulichen. Weitere Mittel, die die Vernetzung funktional-semantischer Kategorien zum Ausdruck bringen, sind ausgewiesene Modaladverbien wie supuestamente und Modalverben wie deber (de), die in ihrer konkreten Verwendung einen evidentiellen Wert erhalten können.

Verstanden als eine dialektale Sprachvariation, wird im argentinischen Spanischen aus der Río de la Plata-Region der direkt-evidentielle Wert mit der Perfekt-Form haber+Partizip II ausgedrückt. Im andinen Spanischen markiert das presente perfecto compuesto (haber+Partizip II) als Resultat des Sprachkontaktes Quechua-Spanisch, dass der Sprecher kürzlich über den dargestellten Sachverhalt in Kenntnis gesetzt wurde und dies außerdem mit einem Moment der Überraschung einherging (Mirativität). D.h., der temporale Gebrauch des ppc ist verblasst und evidentielle Werte rücken in den Vordergrund (gilt auch für den Gebrauch des Plusquamperfekts, das indirekte/reportative Evidentialität markiert). Besonderen kulturellen Verflechtungen sind auch der modale/evidentielle Gebrauch von aus indigenen Sprachen stammenden Partikeln in lateinamerikanischen Varietäten des Spanischen geschuldet (z.B. ndaje oder dizque) und der Gebrauch der Verbalperiphrasen.

Ziele unserer Sektion sind es, die Verflechtungen der funktional-semantischen Kategorien Temporalität, Aspektualität, Modalität und Evidentialität einerseits in feinsprachlichen Analysen anhand konkreter, authentischer Beispiele herauszuarbeiten und diese – soweit möglich – auf theoretischer Ebene zu generalisieren bzw. theoriebildend zu nutzen. Dabei wollen wir u.a. auf folgende Fragen eingehen:

  • Bedarf es, um das Netzwerk funktional-semantischer Kategorien zu verdeutlichen, eventuell neuer Modelle?
  • Unter welchen kulturell-geographisch und sprachlich bedingten Konstellationen findet die Vernetzung funktional-semantischer Kategorien statt?
  • Welche Faktoren begünstigen den Transfer einer Kategorie zu einer anderen bei der konkreten Anwendung eines bestimmten Ausdrucksmittels?
  • Wie werden die funktional-semantischen Kategorien in verschiedenen Varietäten des Spanischen aus linguistischer Sicht konzipiert und mit Hilfe welcher sprachwissenschaftlichen Ansätze werden sie z.B. in der lateinamerikanischen Forschungsliteratur behandelt?
  • Was ist der Mehrwert der Untersuchung dieses Forschungsgegenstandes für die Hispanistik im Bereich der funktionalen und Variationslinguistik?


Die Beiträge sollten sich mit mindestens zwei der Kategorien von TAME beschäftigen und die Vernetzung besagter Kategorien aufzeigen. Dabei können sowohl das peninsulare Spanisch als auch andere Varietäten (im Vergleich) oder Varietäten des Spanischen in Interaktion mit indigenen Sprachen betrachtet werden. Die Möglichkeiten der korpuslinguistischen Arbeit für die Beschreibung der sprachlichen Variation und der sprachlichen Funktionen in Bezug auf die Verflechtungen der funktional-semantischen Kategorien sollten genutzt werden. Der Vergleich mit anderen romanischen Sprachen ist durchaus möglich, solange die spanische Sprache im Fokus steht.

Kontakt: juboehm@uni-potsdam.de , henneman@uni-potsdam.de , asmartin@uchile.cl