In Memoriam Horst Laude * 11. Mai 1936 in Breslau ✝ 15. November 2025 in Berlin
Horst Laude, Mitarbeiter des Forschungsverbundes SED-Staates von 1992-2023
News vom 27.11.2025
Horst Laude gehörte 30 Jahre dem Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin an und war bis 2023 Redaktionsmitglied der Zeitschrift des Verbundes (ZdF), die er durch seine umfassenden historischen und grammatikalischen Kenntnisse immer wieder vor kleinen und großen Fehlern in den zur Veröffentlichung eingereichten Beiträgen bewahrt hat. In die redaktionellen Debatten brachte er immer engagiert seinen persönlichen und wissenschaftlichen Erfahrungsschatz ein. Das galt insbesondere für die Geschichte des kommunistischen Exils nach 1933 und die DDR- und Westdeutsche Nachkriegsepoche.
Geboren in Königsberg verbrachte Horst Laude seine Kindheit in Breslau. Von dort wurde er mit seiner Familie während des Krieges in die Tschechei evakuiert und nach Kriegsende mit seiner Mutter in einem Lager für Sudetendeutsche interniert. Mit einem Bahntransport kam er nach Thüringen. Nach dem Abitur studierte er in Leipzig Germanistik, Philosophie und Erwachsenenbildung und besuchte u. a. Vorlesungen des dort bis 1956 lehrenden Philosophen Ernst Bloch.
Nach dem Studium arbeitete er zunächst als hauptamtlicher Mitarbeiter für den Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands (später Kulturbund der DDR) und danach in der Abteilung Kultur des SED-Zentralkomitees, wo sein Arbeitsschwerpunkt in der Pflege von Erbe und Tradition lag. Horst Laudes Aufgabe bestand dabei u. a. in der Vorbereitung von Stellungnahmen führender SED-Funktionäre zu wichtigen Jahrestagen und Ehrungen für bedeutende deutsche Dichter und Denker sowie in der Auswertung von Tagungen literarischer und philosophischer Gesellschaften. Zuletzt, im Mai 1988, war Horst Laude maßgeblich an der Ausarbeitung eines SED-Politbürobeschlusses zum 50. Jahrestag der Pogromnacht vom 9. November 1938 beteiligt, der eine Abkehr von der bis dahin geltenden Nachrangigkeit der Judenverfolgung im Geschichtsbild des SED-Staates beinhaltete.
Nach dem Zusammenbruch der SED-Herrschaft gehörte Horst Laude 1990 und 1991 der im Dezember 1989 gebildeten Arbeitsgruppe „Opfer des Stalinismus“ – Forschungs- und Konsultationsstelle am Institut für Geschichte der Arbeiterbewegung (IfGA) in Berlin an, wo er an der biographischen Aufarbeitung und Erforschung der deutschen kommunistischen Emigration nach 1933 in der UdSSR und der sowjetischen Speziallager in der SBZ/DDR 1945-1950 beteiligt war. In diesem Zusammenhang nahm er an Zeitzeugenbefragungen teil sowie an der Beratung von ehemaligen Verhafteten, Internierten und deren Hinterbliebenen. Die Tätigkeit der Arbeitsgruppe trug auch zu zahlreichen politische Rehabilitierungsanträgen für die Schiedskommission der PDS bei.
Nach der Gründung des Forschungsverbundes SED-Staat kam Horst Laude 1992 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Freie Universität Berlin. Hier war er an Recherchen im ehemaligen Parteiarchiv der SED beteiligt, die zu etlichen Publikationen in den Studien des Forschungsverbundes SED-Staat und in dieser Zeitschrift führten. Hervorzuheben ist darunter die Studie „Nach Hitler kommen wir.“ Dokumente zur Programmatik der Moskauer KPD-Führung 1944/45 für Nachkriegsdeutschland, 1994 herausgegeben von Peter Erler, Horst Laude und Manfred Wilke. Durch die Sichtung und Entzifferung der handschriftlichen Aufzeichnungen von Wilhelm Pieck und die Einbeziehung des teilweise ungeordneten Nachlasses Wilhelm Florins sowie die Rekonstruktion und Transkription von undatierten handschriftlichen Texten und Redevorlagen aus der Moskauer KPD-Zentrale hat Horst Laude maßgeblich zum Gelingen dieser Untersuchung beigetragen. Während der Recherchen im ehemaligen Parteiarchiv der SED, das sich damals noch im ehemaligen Kaufhaus Jonaß an der Ecke Torstraße/Prenzlauer Allee befand, traf sich die Recherchegruppe des Forschungsverbundes SED-Staat alltäglich zum Mittagessen in einer entlegenen Fabrikkantine hinter der Saarbrücker Straße und zum Austausch von Neuigkeiten über wichtige Fundstücke aus den nun zugänglichen geheimen KPD- und SED-Unterlagen. Freilich ging es, da Horst Laude in seiner Jugend ein begeisterter Fußballspieler war, auch häufig um Bundesligaergebnisse und Erfolge- oder Misserfolge der Nationalmannschaft.
Bereits im Ruhestand beteiligte sich Horst Laude an der Fertigstellung der Studie über die Staatliche Kunstkommission der DDR 1951-1953, die nach langjähriger Forschung 2011 unter dem Titel „Die Eroberung der Kultur beginnt“ erschienen ist und nach wie vor als Standardwerk für diesen Zeitabschnitt der DDR-Kulturpolitik vielfach zitiert wird. In den Redaktionssitzungen der ZdF stieß er immer wieder kontroverse Diskussionen an und trat für eine ehrliche und quellenkritische Aufarbeitung der DDR-Geschichte ein.
Wir trauern um unseren lieben Freund und Kollegen Horst Laude, dem wir viel zu verdanken haben.
Peter Erler und Jochen Staadt

Forschungsverbund SED-Staat 1993, Horst Laude 2. von rechts

Horst Laude am Präsidiums-Tisch im Sitzungssaal des SED Zentralkomitees im Jahr 2000
