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„Uns verbindet die Neugier“

Die Studentin Thi Phuong Le und die Ärztin Dr. Cornelia Klein-Epphardt, Alumna und Goldene Promovendin der Freien Universität, lernten sich über das Deutschlandstipendium kennen. Sie zeigen: das Programm ist viel mehr als finanzielle Förderung.

18.05.2025

Verbunden durch das Deutschlandstipendium: Thi Phuong Le und Dr. Cornelia Klein-Epphardt.

Verbunden durch das Deutschlandstipendium: Thi Phuong Le und Dr. Cornelia Klein-Epphardt.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher 

Ich lebe mit einer tickenden Zeitbombe“, sagt Thi Phuong Le. Die Studentin der Freien Universität ist 27 Jahre alt, als sie spürt, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Starke Schmerzen kennt sie als Migränepatientin, doch dieses Stechen im Kopf ist anders. Es folgen Sehstörungen und Sprachausfälle – Symptome, die auf einen Schlaganfall hindeuten könnten. Doch in der Notaufnahme wird sie mehrfach nicht ernst genommen: Zu jung erscheint den Ärzten die Patientin für eine solche Diagnose.
„Meine Beschwerden wurden als hormonelles Problem abgetan“, erinnert sich Le. Eine fatale Fehldiagnose, die die Berlinerin mit vietnamesischen Wurzeln beinahe das Leben gekostet hätte. Tatsächlich litt sie an einer linksseitigen Hirnblutung, verursacht durch eine geplatzte Malformation – eine Missbildung der Blutgefäße. Fast einen Monat lang blieb die Blutung unentdeckt. „Ich hatte mehr als nur einen Schutzengel“, sagt Le.

Während ihres Studiums verbringt Thi Phuong Le ein Auslandssemester an der University of Tsukuba in Japan. Sieben Tage die Woche arbeitete sie dort bis spät in die Nacht im Labor: „Die Laborkultur war eine völlig neue Erfahrung.“

Während ihres Studiums verbringt Thi Phuong Le ein Auslandssemester an der University of Tsukuba in Japan. Sieben Tage die Woche arbeitete sie dort bis spät in die Nacht im Labor: „Die Laborkultur war eine völlig neue Erfahrung.“
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Fünf Jahre sind seitdem vergangen, fünf Jahre, in denen sie sich ins Leben zurückgekämpft hat. In dieser schweren Zeit hat sie viel über ihr Leben und darüber, was ihr wirklich wichtig ist, nachgedacht. „Ich habe für mich beschlossen, Dinge nur noch in meinem eigenen Tempo zu machen und mich nicht unter Druck setzen zu lassen“, sagt sie. Heute geht sie offen mit ihrer Schwerbehinderung um und möchte anderen jungen Menschen Mut machen, trotz Schicksalsschlägen ihren eigenen Weg zu gehen; so wie sie es selbst getan hat.

Als Le zum ersten Mal vom Deutschlandstipendium hörte, befand sie sich gerade für ein Auslandssemester in Japan. Zudem kämpfte sie noch mit den Nachwirkungen ihres Schlaganfalls. „Ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt Chancen hatte, ein Stipendium zu bekommen“, erinnert sie sich. Im November 2022 erhält sie schließlich die Zusage – und Dr. Klein-Epphardt tritt in ihr Leben. Die 77-Jährige engagiert sich seit mehreren Jahren als Stifterin für das Deutschlandstipendium. Le ist bereits die sechste Studentin, die die Ärztin unterstützt. „Mir ist es vor allem wichtig, Naturwissenschaftlerinnen aus nicht-akademischen Haushalten zu fördern“, erzählt sie. Das Deutschlandstipendium wird aufgrund herausragender schulischer oder hochschulischer Leistungen vergeben und berücksichtigt darüber hinaus weitere Kriterien. Dass der Fokus bei diesem Stipendium nicht nur auf der finanziellen, sondern auch auf der ideellen Förderung liegt, gefällt ihr besonders. „Bei der Vermittlung zwischen mir und den Stipendiatinnen wurde jedes Mal ins Schwarze getroffen“, sagt Klein-Epphardt. „Die Stipendiatinnen sind alle so unterschiedlich, und dennoch hat es immer gepasst, die Begegnungen waren stets bereichernd für mich.“

Das Team der „Geschäftsstelle Deutschlandstipendium“ an der Freien Universität Berlin stellt einen persönlichen Kontakt zu einem Förderer oder einer Förderin her. Für Cornelia Klein-Epphardt, die seit 2013 das „Gasthörstudium“ der Freien Universität besucht und dadurch vom Deutschlandstipendium erfahren hatte, war der persönliche Kontakt zu einer Stipendiatin sogar ein ausschlaggebendes Kriterium für ihr Engagement. „Ich fand es toll, dass die Förderung nicht anonym abläuft, sondern ich eine Resonanz erhalten könnte“, sagt sie. Drei ihrer Stipendiatinnen haben mittlerweile ihr Studium abgeschlossen; Klein-Epphardt fördert sie nicht mehr, der Kontakt jedoch hält weiter an. „Sie schreiben mir immer noch und erzählen mir, was sie gerade machen. Und sie wollen wissen, was ich so mache“, erzählt sie lächelnd. „Das könnten ja meine Enkel sein.“

Dr. Cornelia Klein-Epphardt: „Mir ist es vor allem wichtig, Naturwissenschaftlerinnen aus nicht-akademischen Haushalten zu fördern.“

Dr. Cornelia Klein-Epphardt: „Mir ist es vor allem wichtig, Naturwissenschaftlerinnen aus nicht-akademischen Haushalten zu fördern.“
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Le und Klein-Epphardt treffen sich in Abständen und schreiben sich oft ausführliche Briefe und  E-Mails. Was sie verbindet? „Ich denke, es ist die Neugier“, sagt Le. „Ich höre Frau Klein-Epphardt gerne zu, wenn sie ihre Geschichten erzählt. “ „Das kann ich bestätigen“, pflichtet Klein-Epphardt der Studentin bei. „Ich bin neugierig – aber im positiven Sinne!“ Nie aber würde sie Fragen stellen, die der Stipendiatin unangenehm sein könnten.

Neugier ist es auch, die Le im Anschluss an ihr Abitur nach Japan führte. Für ein Freiwilligenjahr arbeitete sie dort in einem Kindergarten und in einer Schule. Nach ihrer Rückkehr studierte sie Biologie und wechselte schließlich an die Freie Universität. Die Liebe zu Japan behielt sie bei. Dennoch war es keine einfache Entscheidung, während ihres Studiums das Angebot eines Auslandsemesters in Japan an der University of Tsukubua anzunehmen. Sie erholte sich nur langsam von ihrem Schlaganfall, hatte sich jedoch vorgenommen, nach diesem Schicksalsschlag das Beste aus ihrem Leben zu machen. „Das Beste – nicht das Allergrößte“, betont sie. Und so nahm sie die Herausforderung an und reiste erneut nach Japan. Das Semester, tausende Kilometer entfernt von ihrer Berliner Heimat, ließ sie akademisch, aber vor allem auch persönlich wachsen. „Die Laborkultur war eine völlig neue Erfahrung“, sagt sie. Sieben Tage die Woche musste sie arbeiten, bis tief in die Nacht experimentieren. Sie lernte, effizient zu arbeiten und dennoch ihre Ruhephasen einzufordern, die sie aufgrund ihrer Erkrankung benötigte. „Ich habe gelernt, meine Bedürfnisse offen zu kommunizieren und für mein Recht einzustehen“, erzählt sie.

Eine besondere Erfahrung war für sie auch die permanente Bedrohung durch Erdbeben in Japan. Bis zu fünftausend Beben erschüttern das Land jährlich, Le hat bis zu fünf der lebensbedrohlichen Erschütterungen pro Monat erlebt. Im Labor war sie mit einem Überlebenspaket für den Fall ausgestattet, dass sie verschüttet werden würde. „Am Anfang geriet ich in Panik“, erinnert sie sich. Aber schon bald sei aus der Angst eine Sensibilisierung geworden; sie sei sich der Gefahr bewusst gewesen, fühlte sich ihr gegenüber aber nicht machtlos.

Klein-Epphardt ist immer wieder begeistert, wenn sie hört, welche Wege ihre Stipendiatinnen gehen. „Aus meiner Sicht wächst da eine Generation heran, die fleißig, engagiert, aufgeschlossen und zielstrebig ist“, betont sie; und die manchmal auch unkonventionelle Wege einschlägt. In einem Podcast hatte Le gehört, dass sich das Konzept des „Miss Germany“-Wettbewerbs geändert hat. Zählte bislang nur das Aussehen, sollten nun auch Frauen ausgezeichnet werden, die Verantwortung übernehmen und sich in besonderer Weise engagieren, mit ihren Ideen die Gesellschaft verbessern wollen. Le bewarb sich – und schaffte es mit ihrer inspirierenden Geschichte unter die Top 90. „Ich konnte es gar nicht glauben“, sagt sie. Insgesamt hatten sich über tausend Frauen beworben. Für Le war die Teilnahme an dem Wettbewerb ein weiteres Kapitel auf ihrer Reise zur persönlichen Weiterentwicklung. „Ich wollte raus aus meiner Komfortzone, meine Geschichte erzählen und zeigen, dass man auch nach Rückschlägen weitermachen kann.“ Und das sehr erfolgreich: Mittlerweile hat sie ihr Masterstudium abgeschlossen.

Weitere Informationen

Ehemalige, Freunde und Fördernde engagieren sich für junge Talente – engagieren auch Sie sich und geben Sie ganze Chancen mit einem Deutschlandstipendium!

Ihr Anteil für ein Stipendium beträgt monatlich 150 Euro, jährlich 1.800 Euro. Die Überweisung erfolgt auf das Spendenkonto der Ernst-Reuter-Gesellschaft:

Berliner Sparkasse
IBAN: DE98 1005 0000 1010 0101 11
BIC: BELADEBEXXX
Verwendungszweck: Deutschlandstipendium 2025-26

Kontakt und weitere Informationen

Geschäftsstelle Deutschlandstipendium der Freien Universität Berlin:
deutschlandstipendium@fu-berlin.de 
www.fu-berlin.de/deutschlandstipendium 

Geschäftsstelle der Ernst-Reuter-Gesellschaft e. V.:
erg@fu-berlin.de
www.fu-berlin.de/erg