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Ringvorlesung - Geschichte als Waffe (Livestream)

15.01.2020 | 16:15 - 17:45

Vortrag von Dr. Francesco Di Palma: „Die „Protokolle der Weisen von Zion“ – Ein Erfolg transnationaler Geschichtsfälschung?“

Mittwoch 15. Januar 2020, 16:15 Uhr (MEZ) l 12:15 Uhr (Zeitzone Brasília)

Was sind die „Protokolle der Weisen von Zion“? Welche Akteure waren daran beteiligt und über welche Kanäle verbreiteten sie sich? Welchen Widerhall erzielten sie? Die tausendjährige Mär von der jüdischen Verschwörung zur Erlangung der Weltherrschaft wird in den „Protokollen“ kolportagehaft aufgegriffen und im modernen Gewand weitergesponnen. Ihre Geschichte kann nicht losgelöst vom soziokulturellen Kontext erzählt werden, in dem sie Gestalt annahmen. Mit dem Heraufkommen des „wissenschaftlichen Antisemitismus“ und der Verschärfung besonders aggressiver nationalistischer Strömungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte der Judenhass in Europa eine unrühmliche Renaissance, die den Weg zu systematischer Diskriminierung und schließlich zum Massenmord ebnete. Widersacher der jüdischen Assimilation bzw. Akkulturation agierten oft transnational und konnten so die übliche Zensur umgehen. Ihre Propaganda erfreute sich enormer Beliebtheit und trug wesentlich zur weiteren Verselbständigung antisemitischer Vorurteile bei.

Die Vorlesung führt in die Vorgeschichte der berühmten Schmähschrift Ende des 19. Jahrhunderts ein, klärt Gründe und Hintergründe um ihre Entstehung und fragt nach deren langfristiger Wirkung im gesamteuropäischen Kontext.

Link zum Livestream

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Ringvorlesung „Geschichte als Waffe“. Wintersemester 2019/2020

Seit dem Beginn des Umgangs mit Geschichte ist diese immer wieder genutzt worden, um bestimmte – in der Regel politische – Ziele zu erreichen. Die Spannbreite der Indienstnahmen reicht von offenkundigen Fälschungen über die Konstruktion und Verbreitung von Mythen und Verschwörungstheorien. Alle diese Formen der Instrumentalisierung haben den Objektivitäts- und Wahrheitsanspruch dementiert, der im 19. Jahrhundert für die Entstehung der Geschichtswissenschaft konstitutiv war. Fälschungen, Mythen und Verschwörungstheorien beruhen stets auf der Absicht, zu täuschen. Damit behandelt die Ringvorlesung eine viel versprechende wissenschaftliche Fragestellung, die zugleich ein aktuelles politisches Problem berührt. Fälschungen, Mythologisierungen und Verschwörungstheorien können eine erhebliche politische und gesellschaftliche Verunsicherung und Destabilisierung hervorrufen, wie Hannah Arendt schon 1974 erkannte: „Wenn jeder dich immerzu anlügt, dann ist die Folge nicht, dass du die Lügen glaubst, sondern vielmehr, dass keiner mehr irgendetwas glaubt.“

Konzeption: Prof. Dr. Ernst Baltrusch, Prof. Dr. Arnd Bauerkämper

Die Ringvorlesung wird vom Friedrich-Meinecke-Institut für Geschichtswissenschaft in Kooperation mit dem GasthörerCard-Programm der Freien Universität Berlin durchgeführt.

Weitere Informationen und alle Titel der vergangenen Termine finden Sie hier und hier.