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Begegnungen jenseits des Nahostkonflikts

Ein Masterstudiengang an der Freien Universität bringt Israelis und Palästinenser zusammen

09.09.2016

Besuch im Museum für Islamische Kunst in Berlin: Teilnehmer des ersten Masterstudienjahrgangs

Besuch im Museum für Islamische Kunst in Berlin: Teilnehmer des ersten Masterstudienjahrgangs
Bildquelle: Leonard Leesch

„Die Interaktion mit palästinensischen Studenten wäre so in Israel nicht möglich gewesen“, sagt Maytal Mizrachi, „hier an der Universität können wir uns begegnen, das finde ich klasse.“ Die junge Israelin arbeitet in Jerusalem im Museum für Islamische Kunst und absolviert parallel dazu an der Freien Universität den Masterstudiengang „Intellectual Encounters of the Islamicate World“, dessen Kurse größtenteils online stattfinden. In Dahlem trafen sich jetzt die Studierenden des aktuellen Jahrgangs zur letzten von insgesamt drei Präsenzphasen, die sie während des Studiums absolvieren müssen.

Maytal Mizrachi und Nassem AlKayal wären sich in ihrer Heimat wohl nicht begegnet: Mizrachi darf die palästinensischen Gebiete nicht betreten, und Nassem AlKayal darf nur mit einer auf kurze Zeit begrenzten Genehmigung aus der Westbank nach Israel reisen. An der Hebrew University, wo sie ihren Bachelor gemacht hat, gibt es zwar palästinensische Studenten. Begegnungen von Israelis und Palästinensern haben dort aber eher Seltenheitswert. „Ich wollte immer mehr wissen als das, was ich in Israel gelehrt worden bin“, sagt Maytal Mizrachi. „Der Austausch hier hat meinen Horizont enorm erweitert.“ Und Nassem AlKayal ergänzt: „Hier haben sich für mich völlig neue Perspektiven aufgetan.“

Nassem AlKayal ist Muslimin. Sie hat zunächst in Bethlehem Englische Literatur studiert, anschließend in Norwegen Menschenrechte und Multikulturalismus. „Wenn du als Moslem mit dem Westen zu tun haben willst, solltest du wissen, wie du dort gesehen wirst“, sagt sie. „Es ist faszinierend, wie Menschen hier aus allen Teilen der Welt die Möglichkeit haben, über den Islam zu sprechen.“

Auf der Spur geisteswissenschaftlicher Verbindungen von Islam, Christentum und Judentum

Hier, das ist der Masterstudiengang „Intellectual Encounters of the Islamicate World“, den die ehemalige Professorin der Freien Universität Sabine Schmidkte, die ehemalige Rektorin der Hebrew University Sarah Stroumsa und der ehemalige Präsident der Al-Quds Universität Jerusalem Sari Nusseibeh initiiert haben. Dessen Teilnehmer befassen sich mit geistesgeschichtlichen Verbindungen zwischen Islam, Christentum und Judentum. Durch den Blick in die Geschichte soll eine gemeinsame Diskussionsgrundlage geschaffen werden. „In der mittelalterlichen Ideengeschichte spielt der aktuelle politische Konflikt keine Rolle“, sagt Studiengangskoordinatorin Katja Jung, „so können sich Israelis und Palästinenser in einer entspannten Atmosphäre begegnen.“

Im August waren die Teilnehmer des Studiengangs für zwei Wochen nach Berlin gekommen. Zu Beginn standen mündliche Prüfungen der Module des letzten Semesters auf dem Programm, außerdem gab es Workshops zur Arbeit mit Manuskripten und Präsentationstechniken. In der zweiten Woche haben die Studierenden in einem Kolloquium die Entwürfe ihrer Masterarbeiten diskutiert. Maytal Mizrachi hat den Davidstern in muslimischen Bildern des Mittelalters entdeckt. Sie will Überschneidungen von Motiven und Symbolen untersuchen, die sowohl in jüdischen als auch in muslimischen Bildern und Bildhauereien vorkommen. „Ich will herausfinden, wo diese Überschneidungen ihren Ursprung haben“, sagt sie.

Begegnungen zwischen Israelis und Palästinensern

Gemeinsame Ursprünge und Überschneidungen zwischen den drei monotheistischen Weltreligionen zu finden und zu untersuchen, das ist eines der Hauptanliegen des Masterstudiengangs. „Die Studenten kommen selten in einem Kontext zusammen, in dem sie so frei miteinander sprechen können wie bei uns“, sagt Katja Jung mit Blick auf die Herkunft der Teilnehmer: Unter den 15 Studierenden des aktuellen Jahrgangs sind vier Israelis und sieben Palästinenser.