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Digitale Prüfungen halten Einzug an der Freien Universität

05.07.2013

Das E-Examination-Center der Freien Universität bietet Platz für rund 150 Prüflinge.

Das E-Examination-Center der Freien Universität bietet Platz für rund 150 Prüflinge.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Es wirkt wie die Schaltzentrale in einem Science-Fiction-Film: Der Reihe nach fahren die 151 Computer im neuen Prüfungsraum der Freien Universität hoch, Bildschirme blinken auf, Jalousien werden herabgelassen. Für die jetzige Generation Studierender gehören Klausuren mit Stift und Papier zunehmend der Vergangenheit an – zumindest in Grundlagenkursen und in Fachrichtungen, in denen viel Faktenwissen verlangt wird.

Im Februar hat die Freie Universität den großen Raum, genannt E-Examination Center, an der Fabeckstraße 34–36 in Betrieb genommen: Seitdem wurden hier bereits mehr als 3500 Klausuren geschrieben. „Wir rechnen mit 8000 Prüfungen in den ersten zehn Monaten“, sagt Professor Nicolas Apostolopoulos, Leiter des Center für Digitale Systeme (CeDiS) der Freien Universität, das das Zentrum betreut.

Dozenten und Professoren etlicher Fachbereiche interessieren sich für die neue Technik, nicht zuletzt deshalb, weil sie sich einen geringeren Korrekturaufwand erhoffen. Denn wenn die Fragen am Computer gestellt werden, können richtige und falsche Antworten meist schnell digital erfasst und ausgewertet werden. Sie müssen nicht, wie bislang bei Klausuren auf Papier, alle einzeln kontrolliert werden.

E-Exams eignen sich gut für Grundlagenseminare

Für Klaus Beck, Professor an der Arbeitsstelle Kommunikationspolitik und Medienökonomie, handelt es sich allerdings auch um eine Frage der Qualität des abgefragten Wissens. Denn bislang wurde bei den Klausuren zu den Einführungsvorlesungen des Professors vor allem nach dem Prinzip Multiple-Choice abgefragt: Für die Studierenden heißt das, Kreuzchen bei vorgegebenen Antworten zu setzen. Angesichts der 300 Studierenden, die jede Woche zu seiner Vorlesung kommen, gab es bislang keine andere Lösung. „Bei offenen Fragen hätte man die handschriftlichen Antworten erst einmal mühsam entziffern müssen“, sagt Beck. Im Wintersemester stellte er die Klausur mit Unterstützung des CeDiS auf das digitale System um: „Das war zwar zunächst einmal viel Arbeit, aber es hat sich gelohnt.“ Becks Studierende müssen jetzt häufiger eigene Antworten formulieren. Was sie eingeben, lässt sich zwar nicht automatisch kontrollieren. Doch Beck erhält alles in fein säuberlicher Form.

Für den Mathe- und BWL-Studenten Sebastian Hensel hat die Prüfungsform weitere Vorteile: In Wirtschaftsinformatik arbeite sein Seminar das ganze Semester über am PC, sie programmieren oder nutzen Excel. „Früher mussten wir auf Papier Lückentexte mit Codes ausfüllen“, erzählt er. Die digitale Prüfung ermögliche hingegen, das Geschriebene sofort am Rechner auszuprobieren oder zusätzliche Programme zu nutzen. „Für unser Fach ist diese Form nur zeitgemäß“, sagt Hensel.

Prüfungen können interaktive Experimente enthalten

Auf welche Software die Studierenden zugreifen dürfen, entscheide der Dozent, sagt Nicolas Apostolopoulos. Überhaupt habe er freie Hand bei der Gestaltung der Prüfungen: Gegenüber der Prüfung auf Papier böten sich viele neue Möglichkeiten: „Fotos und Videos können Teil der Klausur sein, aber auch interaktive Experimente“, sagt Apostolopoulos. Derzeit unterstützen CeDiS-Mitarbeiter Lehrende dabei, derartige Prüfungen zu entwickeln – ermöglicht durch Mittel aus dem „Qualitätspakt für die Lehre“.

Apostolopoulos schwebt sogar vor, dass Studierende die Prüfungen eines Tages am eigenen Laptop unter gewohnten Arbeitsbedingungen ablegen können. „Bei Studierenden sind Selbsttests sehr beliebt“, sagt er, „daher wäre es sinnvoll, ihnen im laufenden Semester Zwischentests anzubieten, sodass sie ihren Wissensstand zu Hause und zu beliebiger Zeit prüfen können.“

Um im neuen Raum mit 150 tippenden Prüflingen eine konzentrierte Atmosphäre zu gewährleisten, gibt es an jedem Platz geräuscharme Tastaturen und Kopfhörer. Und damit sich der Blick auf den Nachbarbildschirm nicht lohnt, lassen sich an den Rechnern unterschiedliche Fragen abspielen. Der Raum kann in Zukunft auch von Externen genutzt werden: Berufsschulen oder andere Hochschulen können sich hierfür an das CeDiS wenden.