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Die Wunde zeigen

13. Oktober, 18 Uhr: Der amerikanische Literaturwissenschaftler Thomas Couser spricht an der Freien Universität über die literarische und grafische Verarbeitung von Krankheit und Behinderung

12.10.2016

Wie werden Krankheit, Leiden und Sterben in literarischen Texten und Comics dargestellt?

Wie werden Krankheit, Leiden und Sterben in literarischen Texten und Comics dargestellt?
Bildquelle: Nora Lessing

Mit diesem Thema beschäftigt sich das Forschungsprojekt PathoGraphics.

Mit diesem Thema beschäftigt sich das Forschungsprojekt PathoGraphics.
Bildquelle: Nora Lessing

(v. l. n. r.) Irmela Marei Krüger-Fürhoff, Leiterin von PathoGraphics, und ihre Mitarbeiterinnen Nina Schmidt (Mitte) und Stef Lenk.

(v. l. n. r.) Irmela Marei Krüger-Fürhoff, Leiterin von PathoGraphics, und ihre Mitarbeiterinnen Nina Schmidt (Mitte) und Stef Lenk.
Bildquelle: Nora Lessing

Dass das Zeigen der eigenen Verletzlichkeit, der Wunde, wie der an Krebs verstorbene Theatermacher und Autor Christoph Schlingensief es nannte, über individuelles Erleben hinausgeht und somit auch von gesamtgesellschaftlicher Relevanz ist, das wollen Professorin Irmela Marei Krüger-Fürhoff und ihr Team im Forschungsprojekt „PathoGraphics“ aufzeigen. Das von der Einstein-Stiftung geförderte und an der Friedrich-Schlegel-Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien angesiedelte Projekt untersucht literarische und grafische Veröffentlichungen, die sich mit individuellen Grenzerfahrungen auseinandersetzen. Den ersten öffentlichen Vortrag wird der amerikanische Literaturwissenschaftler Professor Thomas Couser am 13. Oktober halten.

„Die Themen, die in den von uns untersuchten Erzählungen verhandelt werden, umfassen unter anderem die Auseinandersetzung mit chronischen Erkrankungen, Sterben und Tod“, erläutert Irmela Marei Krüger-Fürhoff den Hintergrund des Forschungsprojektes PathoGraphics. „Uns interessiert die ästhetische Umsetzung in literarischen Texten und Comics.“

Forschungsfragen seien etwa, wie Grenzerfahrungen sprachlich und visuell gestaltet werden und wie sich Schmerz und inneres Erleben von Krankheit darstellen lassen. Dabei arbeitet das interdisziplinäre vierköpfige Team, das seine Arbeit in einem gerade veröffentlichten Video vorstellt, mit literarischen und grafischen Publikationen sowohl aus dem deutschen als auch dem englischsprachigen Raum. Zusätzliche Expertise erhält das Team durch Professorin Susan Merrill Squier von der US-amerikanischen Penn State University, die als Einstein Visiting Fellow regelmäßig an die Freie Universität kommt. „Eine unserer Thesen ist, dass der kulturspezifische gesellschaftliche Umgang mit Krankheit und Tod in individuellen künstlerischen Werken erkennbar ist“, sagt Irmela Marei Krüger-Fürhoff. Ziel des Projektes sei daher auch der interkulturelle Vergleich von Krankheitsdiskursen.

Dialog mit Ärzten und medizinischem Fachpersonal

Zusätzlich wollen die Forscherinnen in einen Dialog mit Ärzten und medizinischem Fachpersonal treten, um so fächerübergreifend Vorstellungen von und Erfahrungen mit Krankheit zu reflektieren. „In der Ausbildung von Ärzten und Menschen, die im Gesundheitsbereich tätig sind, geht es auch darum, Patientenperspektiven einzunehmen und sich in diese einzufühlen“, so die Professorin. Literatur und Comics seien Medien, die empathische Kompetenz stärken und Verständnis für das, was Patientinnen und Patienten erfahren, anregen könnten.

Im Rahmen des zunächst auf drei Jahre angelegten Projektes plant das PathoGraphics-Team neben Workshops und Seminaren auch eine Ausstellung im Medizinhistorischen Museum der Charité. „Die Idee ist, neben Rudolf Virchows Feucht- und Trockenpräparaten Auszüge aus Comics und literarischen Texten zu präsentieren und so den anonymisierten historischen Objekten individuelle Geschichten aus der Gegenwart gegenüberzustellen“, erläutert Krüger-Fürhoff. Bis zum 1. März 2017 sind Künstlerinnen und Künstler aus den Bereichen Comics und grafisches Erzählen dazu aufgerufen, entsprechende Beiträge einzureichen.

„Pathographic Embodiment: Ethics, Politics, and the Visual Representation of Disability“ 

Der amerikanische Literaturwissenschaftler Thomas Couser wird den ersten öffentlichen Vortrag im Rahmen des im März gestarteten PathoGraphic-Projektes halten. Darin vergleicht und kontrastiert der emeritierte Anglist und Begründer des Studiengangs Disability Studies an der Hofstra Universität in Hampstead, New York, Darstellungen von Krankheit in literarischen Texten, Comics und Graphic Novels. Unter anderem soll es um die Fragen gehen, wie Krankheit und Behinderung genrespezifisch verarbeitet und welche ethischen, politischen und ästhetischen Implikationen sich daraus ableiten lassen.

Weitere Informationen

Vortrag von Professor G. Thomas Couser: „Pathographic Embodiment: Ethics, Politics, and the Visual Representation of Disability“ 

Zeit und Ort

  • Donnerstag, 13. Oktober 2016, Beginn 18.00 Uhr
  • Freie Universität Berlin, Silberlaube, Raum L 115, Habelschwerdter Allee 45, 14195, Berlin (U-Bhf. Thielplatz, U 3)

Der Vortrag findet in englischer Sprache statt, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Weitere Informationen unter pathographics@fsgs.fu-berlin.de oder im Internet.