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Digital gesteuert bis zur Siegessäule und zurück

Michael Müller, Berlins Regierender Bürgermeister, fuhr mit dem fahrerlosen Auto, das von einem Team um Informatikprofessor Raúl Rojas von der Freien Universität entwickelt wurde

11.12.2015

Der Beifahrer verfolgt auf seinem Laptop, wie das Auto seine Umgebung wahrnimmt.

Der Beifahrer verfolgt auf seinem Laptop, wie das Auto seine Umgebung wahrnimmt.
Bildquelle: Jonas Huggins

Von links: Prof. Dr. Raúl Rojas (Freie Universität Berlin), Prof. Dr. Christian Thomsen (Präsident der Technischen Universität Berlin) und der Regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller.

Von links: Prof. Dr. Raúl Rojas (Freie Universität Berlin), Prof. Dr. Christian Thomsen (Präsident der Technischen Universität Berlin) und der Regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller.
Bildquelle: Jonas Huggins

Michael Müller in dem autonomen Auto.

Michael Müller in dem autonomen Auto.
Bildquelle: Jonas Huggins

Hand vom Steuer: Autonomos fährt auf der Straße des 17. Juni.

Hand vom Steuer: Autonomos fährt auf der Straße des 17. Juni.
Bildquelle: Jonas Huggins

Prof. Dr. Daniel Göhring ist der Sicherheitsfahrer. Er greift ein, sollten die Kameras etwas übersehen.

Prof. Dr. Daniel Göhring ist der Sicherheitsfahrer. Er greift ein, sollten die Kameras etwas übersehen.
Bildquelle: Jonas Huggins

Berlin soll digitale Hauptstadt werden. Das Land plant, 30 neue Professuren an allen großen Berliner Universitäten einzurichten: in der Informatik, von Big Data über E-Health bis hin zu Digital Democracy. Die Digitalisierung soll in Zukunft auch computergesteuerte Autos auf die Straße bringen – ein Projekt, zu dem Informatiker der Freien Universität schon seit 2006 forschen.

Das Auto sieht zwar noch aus wie ein konventioneller VW Passat. Tatsächlich verbirgt sich in dem Wagen aber moderne Robotertechnik: Kleine Kameras kleben hinter der Windschutzscheibe, auf dem Dach befinden sich eine GPS-Antenne und ein großer, rotierender Laser-Scanner. Computerkomponenten und Kabel füllen den Kofferraum. Auch die Karosserie ist umgestaltet: Das Logo des Autonomos-Labors überdeckt das von VW, und auf der Motorhaube prangt das Siegel der Freien Universität.

Fahrerloses Auto kann für mehr Mobilität bei Menschen mit Behinderung sorgen

Vom Hauptgebäude der Technischen Universität bis zum großen Stern und zurück fährt der Wagen und macht dabei alles selbst: Es hält Abstand zu anderen Autos, wechselt die Spur und bremst an Ampeln. Ein Fahrer sitzt zur Sicherheit hinter dem Lenkrad – ohne es mit den Händen zu berühren –, um in einer Gefahrensituation das Steuer übernehmen zu können. Der Beifahrer überwacht am Laptop die Messungen der Sensoren.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller wollte sich durch die Fahrt mit „Autonomos“ einen Eindruck von den Möglichkeiten der Digitalisierung verschaffen. Er zeigte sich zufrieden: Die Fahrt sei sehr komfortabel gewesen. Autonom fahrende Autos seien mehr als nur eine Spielerei, sagte er. Gerade für Menschen mit Behinderung könne ein solches Auto für mehr Mobilität sorgen.

Langzeitprojekt autonomes Fahren

„Eines Tages soll man am Steuer Zeitung lesen, arbeiten oder schlafen können“, sagt Raúl Rojas, Leiter des Autonomos-Labors. Er ist Professor für Künstliche Intelligenz am Institut für Informatik der Freien Universität. An dem Projekt, autonomes Fahren zu ermöglichen, arbeiten seit 2006 Studierende und Doktoranden gemeinsam. Für die enge Verschränkung von Theorie und Praxis in der Lehre wurde Raúl Rojas vom Deutschen Hochschulverband im vergangenen Jahr mit dem Titel „Hochschullehrer des Jahres“ ausgezeichnet.

Das Auto ist ein Labor auf Rädern, ständig wird ausprobiert und weiterentwickelt. Eine besondere Herausforderung für das fahrerlose Auto sind Fahrradfahrer. Doch nicht nur die Sicherheit, auch der Fahrkomfort erfordere stetiges Nachbessern, sagt Raúl Rojas. Dank der Bemühungen der vergangenen Jahre fahre das Auto nun sanft, sicher und mittig in der Spur.

Daten von Testfahrten auswerten

Für die ständige Weiterentwicklung braucht es möglichst viele Messdaten von Testfahrten. Das Fahrzeug „Autonomos“ ist seit 2011 auf den Berliner Straßen zugelassen. Im Herbst dieses Jahres absolvierte es ganze 2400 Kilometer auf dem Weg von der US-amerikanischen Grenze bis nach Mexiko-Stadt. für eine solche Tour benötigt das Fahrzeug äußerst detaillierte Straßenkarten, die auch Ampeln, Steigungen und Gefälle sowie Straßenmarkierungen verzeichnen.

Bis autonome Autos den Straßenverkehr übernehmen, wird noch einige Zeit vergehen. Doch dass es dazu kommen wird, daran hegt Raúl Rojas keinen Zweifel. „Das ist der technische Fortschritt“, sagte der Informatiker. Auch für den Regierenden Bürgermeister ist der Trend eindeutig. „Der Digitalisierung kommt bei der Entwicklung von Berlin eine Schlüsselrolle zu“, sagt er.

Berlin soll digitale Hauptstadt werden

Vor seiner Fahrt mit dem computergesteuerten Auto hatte Michael Müller eine 10-Punkte-Agenda vorgestellt, die Berlin zur „Digitalen Hauptstadt“ machen soll. Neben den neugeschaffenen Professuren, von denen einige auch an der Freien Universität angesiedelt werden sollen, sieht die Agenda die Erprobung der neuesten Generation der Mobilfunknetze vor, des 5G-Netzes. Die enorme Geschwindigkeit in diesem „Superinternet“ ermöglicht nicht zuletzt, dass Autos im Straßenverkehr miteinander kommunizieren können – eine wichtige Voraussetzung, die auf dem Weg zu rein computergesteuertem Fahren noch geschaffen werden muss.