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Das Auto „denkt“ und lenkt

Video: „Made in Germany“ erkennt Ampeln und bewältigt sicher Gefahrensituationen

15.10.2010

Auto der Zukunft: Ein umgebauter VW Passat, den die Informatiker der Freien Universität zu einem selbstständig fahrenden Auto ("Made in Germany") entwickelt haben.

Auto der Zukunft: Ein umgebauter VW Passat, den die Informatiker der Freien Universität zu einem selbstständig fahrenden Auto ("Made in Germany") entwickelt haben.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Es klingt nach Zukunft: Wissenschaftler der Freien Universität Berlin um Informatikprofessor Raúl Rojas haben ein autonomes Fahrzeug entwickelt, das mit modernster Sensortechnologie ausgerüstet ist, sich selbstständig im Straßenraum orientiert und sogar per iPad gesteuert werden kann.

James Bond hätte seine Freude: Der silberfarbene VW-Passat, der am Mittwoch über das Rollfeld des ehemaligen Flughafens Tempelhof kurvte, wäre ganz nach seinem Geschmack gewesen. Von außen sieht das Auto aus wie ein herkömmliches Serienfahrzeug, doch „Made in Germany“ hat`s in sich – das bekamen etwa 40 deutsche und internationale Fernsehteams, Radio- und Printjournalisten bei einer Pressevorführung demonstriert.

„MIG“ – wie das Hightech-Gefährt mit Kurznamen heißt – lenkt und „denkt“ selbstständig. Und es ist aufmerksamer, als mancher Mensch hinter dem Steuer. Es registriert andere Autos, Fahrräder, Passanten, weicht Gefahrenstellen aus und bremst sogar für einen Ball, der unerwartet vor seine Räder rollt, wie die Journalisten beobachten konnten. Das Auto erkennt Ampeln und Stoppschilder, Kreuzungen, die Spurlinien auf der Straße, und „weiß“ die Verkehrs- und Vorfahrtsregeln umzusetzen. Drei Videokameras, mehrere Laserscanner, sowie Radar erlauben dem Bordcomputer, ein dreidimensionales Modell der Straße zu berechnen und die Verkehrssituation einzuschätzen.

Entwickelt wurde das Berliner Fahrzeug von den Robotik-Experten im AutoNOMOS-Labor der Freien Universität Berlin um den Informatik-Professor Raúl Rojas. Das AutoNOMOS-Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, neue Formen der Mobilität zu untersuchen. Es wird seit 2009 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms „Forschung für den Markt im Team“ (ForMaT ) gefördert. In einem virtuellen Innovationslabor (InnoLab) werden konkrete Forschungsansätze zum Thema Autonomie- und Fahrerassistenzsysteme der Zukunft unter dem Aspekt spezifischer Markt- und Kundenanforderungen weiterentwickelt.

Die Vorarbeiten für das Fahrzeug „Made in Germany“  haben die Wissenschaftler der Freien Universität Berlin in den Jahren 2006 und 2007 durch die Entwicklung des autonomen Fahrzeuges „Spirit of Berlin“ geleistet. Der „Spirit of Berlin“, ein umgerüsteter Dodge Caravan, nahm 2007 an dem Wettrennen der autonomen Roboter in Kalifornien teil.

Mit der langfristigen Vision, fahrerlose Autos mit neuartigen, umweltfreundlichen Antriebstechnologien als „grüne Fahrzeuge“ zu etablieren, setzen die Forscher der Freien Universität auf neue Formen der Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Wie dieses Zusammenspiel aussehen könnte, durften die Journalisten selbst ausprobieren. Nach einem „Anruf“ per iPad wurden sie von „Made in Germany“ abgeholt – und über das Rollfeld chauffiert.  Das autonome „Taxi aus Berlin“ meldet seine Position, die Fahrgäste sehen auf ihren Bildschirmen sogar die Route des herannahenden Fahrzeugs und die geschätzte Wartezeit. Über das iPad lassen sich auch sämtliche Sensoren im Auto ablesen und Befehle für das Fahrzeug übertragen, inklusive der Anweisung zum Hupen.

 „Autonome Fahrzeuge könnten das Konzept des car-sharing Realität werden lassen, indem sie Passagiere vor der Haustür abholen, zur Arbeitsstelle bringen und anschließend weitere Passagiere befördern“, sagt Professor Raúl Rojas. Der Autoverkehr könne auf diese Weise mit dem Bus- und Schienenverkehr optimal kombiniert werden. „Eine Stadt wie Berlin käme durch die optimale Kombination dieser Technologien wahrscheinlich mit nur einem Fünftel des heutigen Autobestands aus.“

Für Rojas sind die wahren grünen Fahrzeuge der Zukunft „solche mit einem minimalen direkten oder indirekten CO2-Ausstoß, die gleichzeitig über car-sharing betrieben werden können. Nur so können wir unseren heutigen Mobilitätsstandard erhalten und andere Länder wie China oder Indien ihren Einwohnern dieselben Möglichkeiten bieten.“