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Das jüdische Gedächtnis von Berlin

Hermann Simon, Gründungsdirektor der Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum, ist mit der Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften ausgezeichnet worden

09.02.2018

Hermann Simon erhält die Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften.

Hermann Simon erhält die Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften.
Bildquelle: © Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum. Foto: Anna Fischer

Das Jahr 5709 des jüdischen Kalenders ist ein besonderes Jahr: Es ist das Gründungsjahr der Freien Universität und das Geburtsjahr von Hermann Simon. Und auch wenn die Geburtsjahre nach unserem Kalender nicht zusammenfallen – die Freie Universität wurde am 4. Dezember 1948 gegründet und Hermann Simon wenige Monate später, am 21. April 1949, geboren –, ist es ein schöner Gedanke, dass Simon im siebzigsten Jubiläumsjahr der Freien Universität ausgezeichnet wurde.

Der Historiker war mehr als 25 Jahre lang Direktor der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum und hat sich durch Forschung und zahlreiche Veröffentlichungen um die Erinnerungskultur der deutsch-jüdischen Geschichte verdient gemacht.

Einer der profundesten Kenner der jüdischen Geschichte Berlins

Am 12. Januar wurde ihm vom Dekan des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften, Professor Oliver Janz, feierlich die Ehrendoktorwürde verliehen. „Mit Hermann Simon ehrt der Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin einen der profundesten Kenner der jüdischen Geschichte Berlins, dessen Leben und Wirken dieses jüdische Berlin in einzigartiger Weise verkörpert“, heißt es in der Urkunde.

Auch das persönliche Schicksal des 69-Jährigen ist eng mit der Geschichte der Stadt verwoben. Der Sohn jüdischer Eltern wurde 1949 in Berlin geboren, studierte an der Humboldt-Universität Geschichte und Orientalistik und wurde dort 1975 auch promoviert. Anschließend arbeitete er zehn Jahre lang als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Kustos der orientalischen Münzen am Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin.

Hermann Simon war von der Auszeichnung beeindruckt: „Ein ganz außergewöhnlicher Vorgang.“

Hermann Simon war von der Auszeichnung beeindruckt: „Ein ganz außergewöhnlicher Vorgang.“
Bildquelle: © Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum. Foto: Anna Fischer

1988 beteiligte sich Simon maßgeblich an der Konzeption und Gestaltung der ersten Ausstellung über jüdisches Leben in der DDR, die aus Anlass des 50. Jahres- und Gedenktages der Novemberpogrome zunächst im Ephraim-Palais im damaligen Ostteil der Stadt und im Anschluss daran – noch vor der deutschen Wiedervereinigung – im West-Berliner Martin-Gropius-Bau gezeigt wurde. In den folgenden drei Jahrzehnten begleitete Simon eine Vielzahl weiterer Ausstellungen zu verschiedenen Themen des jüdischen Lebens und des Gedenkens an die jüdischen Opfer.

Simons Lebenswerk ist „zweifelsohne das 1988 gegründete und 1995 eingeweihte Centrum Judaicum in den Räumen der Neuen Synagoge Berlin, dem er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2015 als Direktor vorstand, und das schnell zum bedeutendsten Ort der wissenschaftlichen Forschung und Präsentation des Jüdischen Berlins avanciert ist“, heißt es weiter in der Urkunde.

Simon zeigte sich überwältigt

In seinem Grußwort würdigte Universitätspräsident Professor Peter-André Alt das Netzwerk von „judaistischen Verflechtungen“, das Simon mit dem Centrum Judaicum initiiert habe. Teil dieses Netzwerkes sei auch das Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg, dem die Freie Universität angehört. Er erinnert daran, „dass die judaistische Wirklichkeit in Deutschland überhaupt erst an der Freien Universität, 15 Jahre nach ihrer Gründung, begann“. Damals, im Jahr 1963, war mit dem Institut für Judaistik, das bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde federführend war, die erste judaistische Lehr- und Forschungsstätte an einer deutschen Universität gegründet worden. Gründungsdirektor war der renommierte Philosoph und Hermeneutikwissenschaftler Jacob Taubes.

Simon selbst zeigt sich in seiner Dankesrede von der Auszeichnung überwältigt: „Es gibt nicht so viele Daten, an die ich mich gut erinnern kann. Der 12. Januar 2018 gehört aber ab sofort zu denen, die ich nicht vergessen werde.“

Er sei dankbar dafür, dass er sein Leben lang habe tun können, was ihm Freude bereitet, und dass er dabei stets große Unterstützung erfahren habe. Die Verleihung der Ehrendoktorwürde sei für ihn „ein ganz außergewöhnlicher Vorgang“. Ganz wie sein außergewöhnlicher Beitrag zur jüdischen Erinnerungskultur in seiner Heimatstadt.