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„Wer hat’s erfunden? Die Geisteswissenschaften und das Web 2.0“

Ausstellung des Dahlem Humanities Center tourt durch die Freie Universität Berlin

18.09.2017

Ursprünglich hatte das Dahlem Humanities Center (DHC) geplant, die zur Langen Nacht der Wissenschaften konzipierte Ausstellung „Wer hat’s erfunden? Die Geisteswissenschaften und das Web 2.0“ nur in den eigenen Räumen zu zeigen. In der Ausstellung werden Verbindungslinien zwischen Konzepten der Vergangenheit und Phänomenen der Gegenwart aufgezeigt, etwa antike Grabstelen mit sozialen Netzwerken verglichen. Nun erfreut sich die Ausstellung allerdings derart großer Beliebtheit, dass sie noch bis Weihnachten zu sehen sein wird – noch bis Freitag dieser Woche in der Philologischen Bibliothek, danach in weiteren Einrichtungen auf dem Campus der Freien Universität. Ein Gespräch mit Professorin Anita Traninger, stellvertretende Sprecherin des DHC und Kuratorin der Ausstellung, über Konzept, Inhalte und Reaktionen.

Frau Professorin Traninger, die Ausstellung „Wer hat’s erfunden. Die Geisteswissenschaften und das Web 2.0?“ ist für die Lange Nacht der Wissenschaften konzipiert worden. Wie kam es dazu und was ist die Idee hinter der Ausstellung?

Wir haben an der Freien Universität eine deutschlandweit einzigartige Vielfalt an geisteswissenschaftlicher Forschung, das DHC bündelt diese Expertise und erfüllt eine Mittlerfunktion nach innen und nach außen. In diesem Jahr wollten wir als neuer Vorstand, bestehend aus Beatrice Gründler aus der Arabistik, Paul Nolte aus der Geschichte, Matthias Warstat aus den Theaterwissenschaften und mir aus der Romanischen Philologie, gerne auch mit einem eigenen Beitrag zur Langen Nacht der Wissenschaften in Erscheinung treten. Wichtig war uns dabei, nicht nur die Vielfalt und Relevanz historisch-kritischer, geisteswissenschaftlicher Forschung hervorzuheben, sondern auch die Inhalte für Besucher greifbar zu machen. Es ist gar nicht so einfach, eine Situation zu schaffen, in der Besucher mit geisteswissenschaftlichen Gegenständen interagieren können, also nicht nur belehrt werden, sondern aktiv eingebunden sind. Entschieden haben wir uns daher für ein Memory-Format – eine Spielsituation, in der Besucher historische Konzepte Phänomenen aus der Gegenwart zuordnen konnten. Neben dem Spieltisch hatten wir Ausstellungstafeln aufgestellt, auf denen die Hintergründe ausgeführt werden. Zudem haben wir uns mit dem Sonderforschungsbereich „Episteme in Bewegung“ am Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften zusammengetan, um eine Multimedia-Station zu gestalten, bei der man sich über geisteswissenschaftliche Forschungsverbünde an der Freien Universität informieren konnte.

Im Moment sind die Ausstellungstafeln in der Philologischen Bibliothek zu besichtigen. Sie zeigen, dass vieles, was heute unter dem Schlagwort der Digitalisierung diskutiert wird, auf Ideen zurückgeht, die mehrere hundert Jahre alt sind.

Professorin Anita Traninger ist stellvertretende Sprecherin des DHC und Kuratorin der Ausstellung.

Professorin Anita Traninger ist stellvertretende Sprecherin des DHC und Kuratorin der Ausstellung.
Bildquelle: Miriam Klingl

Haben Sie ein Beispiel, vielleicht auch ein Lieblingsausstellungsstück?

Die Ausstellung besteht aus neun solcher Paarungen, die alle spannend sind. So ist in den Schriften des südamerikanischen Schriftstellers Jorge Luis Borges etwa bereits die Idee des Hypertextes, des Verweises auf immer neue Texte, angelegt. Und Suchmaschinen gab es bereits im 17. Jahrhundert – nur eben analog und nicht digital. Persönlich besonders interessant finde ich das Thema Emojis und Universalsprachen. Gottfried Wilhelm Leibniz entwarf zum Beispiel im 17. Jahrhundert ein Konzept für eine Universalsprache, in der allen Dingen und Begriffen ein eindeutiges Zeichen zugewiesen werden sollte. Eine ähnliche Hoffnung steht hinter dem Emoji-System von heute: Die Botschaft der kleinen gelben Gesichter ist vermeintlich eindeutig. Tatsächlich aber sind die Dinge bei Weitem nicht so simpel, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mögen. Ein Beispiel wäre der Smiley, der die Augen gesenkt, den Mund geöffnet und einen Tropfen im Gesicht hat, ungefähr auf Nasenhöhe. Im japanischen Raum steht das für „schlafen“, Europäer verwenden es für Traurigkeit oder Schnupfen. Solche Zusammenhänge aufzuzeigen und komplexe historische Bezüge sichtbar zu machen, ist eine zentrale Aufgabe der Geisteswissenschaften und natürlich auch des DHC.

Wie haben Besucher der Langen Nacht der Wissenschaften auf die Ausstellung reagiert und wie geht es mit dieser weiter?

Die Resonanz war gewaltig. Wir hatten mehr als 700 Besucher, mehr als 300 haben am Spieltisch versucht, die richtigen Paarungen herauszufinden. Das Publikum war sehr gemischt, und wir hatten so viele Interessenten, dass die Leute zwischenzeitlich Schlange standen. Wir wurden sogar von Lehrerinnen und Lehrern angesprochen, ob wir die Ausstellung online als Lehrmaterial zur Verfügung stellen könnten. Außerdem sind wir gebeten worden, „Wer hat’s erfunden?“ nicht direkt zu archivieren, sondern an weiteren Standorten zu zeigen. So wandert die Ausstellung nun bis Jahresende über den Campus, und wir hoffen, damit nochmal ganz neue Zielgruppen zu erreichen.

Die Fragen stellte Nora Lessing

Weitere Informationen

Ausstellung „Wer hat’s erfunden? Die Geisteswissenschaften und das Web 2.0“

Stationen:

  • Philologische Bibliothek, Foyer, Habelschwerdter Allee 45: 1. – 22. September 2017
  • Friedrich-Meinecke-Institut, Querflur im Erdgeschoss, Koserstraße 20: 25. September – 13. Oktober 2017
  • Campus Lankwitz, Malteserstraße 74, Haus G, Foyer: 16. Oktober – 3. November 2017
  • Fachbereich Physik, Studentische Kommunikationsfläche, Arnimallee 14: 6. – 24. November 2017
  • Campus Bibliothek, Ebene 2, Fabeckstr. 23-25: 27. November – 15. Dezember 2017

Weitere Informationen

Der Eintritt ist frei.

Kontakt: admin@dhc.fu-berlin.de