Aus der Tiefe des Raums
Großes Interesse an Topoi-Ausstellung im Pergamonmuseum / Noch bis 30. September
14.08.2012
Die Veranstalter sind zufrieden: Etwa 1000 Besucher kommen täglich, um zu verstehen, wie Raum und Wissen in den Kulturen der Alten Welt geformt und verwandelt wurden. Unangefochtenes „Highlight“ sei und bleibe Raum 7. Hier geht es um „Die Kartierung der Welt“: Während es heute einfach ist, sich per Mausklick und Zoom allen Orten der Welt aus jeder Perspektive zu nähern, konnte der Mensch in der Antike allenfalls von Bergen oder Türmen hinunterblicken, einen Ausschnitt sehen, nicht aber seine Welt aus der Vogelperspektive betrachten. Dennoch schuf er zahlreiche Bilder von Städten und Ländern, die uns heute Aufschluss geben über das dahinterstehende konkrete Weltbild.
Die kleine Tontafel findet sich in ebendiesem Raum. Fast 3.500 Jahre war sie in einem Terrakotta-Krug verborgen, ehe sie der deutsch-amerikanische Professor Hermann Hilprecht 1889 bei Ausgrabungen im Land zwischen Euphrat und Tigris entdeckte.
Höhepunkt der bisherigen Arbeit im Exzellenzcluster
„Die Ausstellung ist sicherlich Höhepunkt unserer bisherigen Arbeit“, sagt Professor Michael Meyer vom Institut für Prähistorische Archäologie der Freien Universität, seit Februar 2011 einer der Sprecher des Exzellenzclusters. Es handele sich um eine der wenigen Ausstellungen, in denen der Öffentlichkeit anschaulich aktuelle Forschung präsentiert würden. Die jetzt im Pergamonmuseum zu sehende Dokumentation der Konzepte und des Verständnisses von Raum und Wissen in den Kulturen der Alten Welt ist Meyer zufolge die erste altertumswissenschaftliche Ausstellung, die diese Entwicklungen kultur- und epochenübergreifend behandelt. Sie mache deutlich, wie wichtig die Forschungsfragen von Topoi auch für die Zukunft seien, sagt Meyer: „Das Altertum ist die Wiege unserer Gegenwart, denn bereits in der Antike wurde vieles angelegt, was uns bis heute prägt.“
Das Wissen der frühgeschichtlichen Gesellschaften wurde über Generationen, Gebirge und Meere hinweg weitergetragen und verfeinert. „Viele unserer Ausstellungsstücke zeigen steingewordenes Wissen, von dem wir bis heute profitieren“, sagt Kuratorin Gabriele Pieke, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Astrid Dostert die 16 Räume der Sonderschau entwickelt hat.
Himmelsbeobachtungen und Rechenmaschinen
So wurden bereits in der Antike Erkenntnisse aus Himmelsbeobachtungen in komplexe Rechenmodelle eingearbeitet und auch spezielle Maschinen entwickelt: Ein Modell zeigt den Mechanismus von Antikythera, ein antikes Artefakt aus Zahnrädern und wohl der älteste erhaltene Analogrechner der Welt. Auf seiner Vorderseite befand sich ein Sonnenkalender, auf der Rückseite konnten die Griechen den Mondkalender sowie Daten der Sonnen- und Mondfinsternisse ablesen. In Milet hielten die Menschen die astronomischen Ereignisse in einem Steckkalender fest, die Babylonier zeichneten das Wetter auf und suchten nach Regelmäßigkeiten, um Prognosen zu erstellen.
Kooperation von mehr als 200 Wissenschaftlern
„Jenseits des Horizonts“ ist eine Kooperation des Exzellenzclusters Topoi und der Staatlichen Museen zu Berlin. Topoi ist ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gefördertes Forschungsnetzwerk, das von der Humboldt-Universität und der Freien Universität getragen wird. Beteiligt sind ferner die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, das Deutsche Archäologische Institut, das Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Mehr als 200 Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen erforschen, wie Raum und Wissen in den Kulturen der Alten Welt geformt und verwandelt wurden.