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Okzident trifft Orient

Interreligiöses Fastenbrechen / Iftar-Feier des Seminars für Semitistik und Arabistik und der Internationalen Orient-Okzident-Gesellschaft

26.08.2011

Das Iftar-Buffet lud mit Obst und orientalischem Gebäck zum gemeinsamen Fastenbrechen ein.

Das Iftar-Buffet lud mit Obst und orientalischem Gebäck zum gemeinsamen Fastenbrechen ein.
Bildquelle: Gisela Gross

Ferid Heider, der jüngste Imam Deutschlands.

Ferid Heider, der jüngste Imam Deutschlands.
Bildquelle: Gisela Gross

Mit Sonnenuntergang beginnt das Fastenbrechen.

Mit Sonnenuntergang beginnt das Fastenbrechen.
Bildquelle: Gisela Gross

Es ist kurz vor halb neun, kurz vor Sonnenuntergang. Eine Tageszeit, die jetzt von vielen Muslimen sehnsüchtig erwartet wird. Denn wer am Ramadan teilnimmt, verzichtet tagsüber auf Speisen und Getränke. Der Abend zehn Tage vor dem Ende des Fastenmonats hat für den Islam besonderen Stellenwert und war Anlass für eine außergewöhnliche Feier: Das Seminar für Semitistik und Arabistik der Freien Universität und die Internationale Orient-Okzident-Gesellschaft luden verschiedene Religionsgemeinschaften zum gemeinsamen Fastenbrechen ein.

Hummus, Oliven und Falafel, überbackene Nudeln, geschmortes Lamm und gebratenes Gemüse stehen bereit. Suppentöpfe dampfen, und das orientalische Gebäck duftet verführerisch – doch noch heißt es warten, bevor mit Sonnenuntergang das Fastenbrechen beginnen kann.

„Ramadan bedeutet Wüstenhitze“, sagt Imam Ferid Heider, „wenn ich den ganzen Tag nichts getrunken habe, weiß ich, warum.“ Heider, der jüngste Imam Deutschlands informiert an diesem Abend im Restaurant Assafir in Charlottenburg vor Christen, Juden und Muslimen über die Hintergründe des Fastenmonats, der zu den fünf Säulen des Islam gehört.

„Beim Ramadan geht es um innere Einkehr, aber es ist gleichzeitig auch ein gemeinschaftliches Ritual. Wir denken etwa an die Menschen in Somalia, die sich im Gegensatz zu uns nicht auf die abendliche Iftar-Feier freuen können“, sagt er.

Zehn bedeutungsvolle Tage

Die letzten zehn Tage des Fastenmonats, die an diesem Abend anbrechen, seien besonders segensreich, erklärt der Imam, der als Alumnus der Freien Universität nun vor einigen seiner ehemaligen Professoren wie dem im Vorderen Orient besonders angesehenen Professor Rainer Voigt spricht. „Eine dieser zehn Nächte ist die ‚Nacht der Bestimmung‘“ – ein nicht genau datierter Zeitpunkt, zu dem der Koran zum ersten Mal offenbart wurde.

Gemeinsam mit Imam Alija von der bosnischen Moschee Berlin rezitiert Heider aus dem heiligen Buch und betont, dass sich Muslime in diesen Tagen durch intensive und häufige Gebete auf ihr Handeln und ihre Beziehung zu Allah konzentrieren sollten, bevor mit dem Ende des Fastenmonats der Alltag wieder bevorstehe. „Es ist eine große Ehre, dass die muslimische Gemeinde diesen Abend, der normalerweise im Familienkreis begangen wird, mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde und mit Christen verbringt“, sagt Ulrike-Rebekka Nieten, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Semitistik und Arabistik.

Als Erste Vorsitzende der Internationalen Orient-Okzident-Gesellschaft setzt sie sich ein für den Dialog zwischen den drei monotheistischen Religionen und für das gegenseitige Verständnis religiöser Rituale und Traditionen.

Gemeinsam zu Tisch: Muslime, Christen und Juden

Mit Veranstaltungen wie dem gemeinsamen Fastenbrechen verfolgt die 2004 von jüdischen, muslimischen und christlichen Wissenschaftlern und Studierenden der Freien Universität gegründete Gesellschaft das Ziel, den akademischen Austausch in die Öffentlichkeit zu tragen. Dass der Abend, den muslimische wie jüdische Sponsoren unterstützten, mit etwa 120 Teilnehmern auch bei Studierenden großen Anklang fand, freute die Veranstalter ganz besonders.

Und diese sind nicht nur wegen der orientalischen Speisen gekommen, sondern nutzten die Möglichkeit, etwa gemeinsam mit den Gläubigen die nebenan gelegenen Moschee zu besuchen und dem rituellen Bittgebet beizuwohnen. Als schließlich das Buffet eröffnet ist und der Geräuschpegel immer mehr ansteigt, zeigt sich, dass eine gemeinsame Mahlzeit ein wichtiger Schritt dahin ist, „dass aus Fremden Freunde werden“, wie es sich Ulrike-Rebekka Nieten zu Beginn erhofft hatte.