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In jedem Bild eine Geschichte

Foto-Ausstellung „Camera Work – Alfred J. Balcombe’s Photojournal“ im Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität eröffnet

31.05.2011

Straßenszene, New York, um 1949/50

Straßenszene, New York, um 1949/50
Bildquelle: Michael J. Balcombe, Nachlass Alfred J. Balcombe / Theaterhistorische Sammlungen der Freien Universität

Madison Square Garden, New York, um 1950

Madison Square Garden, New York, um 1950
Bildquelle: Michael J. Balcombe, Nachlass Alfred J. Balcombe / Theaterhistorische Sammlungen der Freien Universität

Protestmarsch nach Washington D.C. gegen die Vollstreckung des Todesurteils von Julius und Ethel Rosenberg, Washington, 1953

Protestmarsch nach Washington D.C. gegen die Vollstreckung des Todesurteils von Julius und Ethel Rosenberg, Washington, 1953
Bildquelle: Michael J. Balcombe, Nachlass Alfred J. Balcombe / Theaterhistorische Sammlungen der Freien Universität

Gerry Cobert (High Priest) in Jean-Paul Sartres <i>Flies</i>, President Theatre, 1947

Gerry Cobert (High Priest) in Jean-Paul Sartres Flies , President Theatre, 1947
Bildquelle: Michael J. Balcombe, Nachlass Alfred J. Balcombe / Theaterhistorische Sammlungen der Freien Universität

Tony Curtis, Dramatic Workshop of the New School for Social Research, New York, 1947

Tony Curtis, Dramatic Workshop of the New School for Social Research, New York, 1947
Bildquelle: Michael J. Balcombe, Nachlass Alfred J. Balcombe / Theaterhistorische Sammlungen der Freien Universität

Malerin am Straßenrand, England

Malerin am Straßenrand, England
Bildquelle: Michael J. Balcombe, Nachlass Alfred J. Balcombe / Theaterhistorische Sammlungen der Freien Universität

Alfred J. Balcombe hält mit seiner Kamera fest, wie zwei Jugendliche in New York auf der Straße schlafen. Er ist dabei, als eine elegant gekleidete Dame am Madison Square Garden aus dem Taxi steigt. Und er ist mittendrin, als wütende Demonstranten gegen McCarthys antikommunistische Politik protestieren. In Auftragsarbeiten dokumentiert der britische Fotograf das zeitkritische Theater des in die USA emigrierten deutschen Intendanten und Regisseurs Erwin Piscator. Ausgewählte Aufnahmen Balcombes sind jetzt im Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität zu sehen.

Es war im Frühjahr 2010, als Michael Balcombe dem Institut für Theaterwissenschaft rund 1500 Negative aus dem Nachlass seines 2003 verstorbenen Vaters Alfred übergab. „Dass wir diese Auftragsarbeiten und privaten Aufnahmen geschenkt bekommen haben, war einer Empfehlung zu verdanken“, sagt Dagmar Walach, Theaterhistoriografin und wissenschaftliche Leiterin der Archive am Institut für Theaterwissenschaft. Dort verwaltet sie eine Vielzahl von Künstlernachlässen, Foto- und Programmheftsammlungen – nicht zuletzt die Sammlung Walter Unruh als Dauerleihgabe des Berliner Senats.

Michael Balcombes Vertrauen in Dagmar Walach hat sich ausgezahlt: Die von ihr kuratierte Ausstellung „Camera Work – Alfred J. Balcombe’s Photojournal“ zeigt bis Ende September Balcombe nicht nur als Theaterfotografen, sondern auch als aufmerksamen Beobachter sozialer Zustände und politischer Bewegungen.

Erwin Piscators Dramatic Workshop

Theaterhistorisch relevant sind allen voran Balcombes Aufnahmen des New Yorker Dramatic Workshop. Dieser vereinte Theater und Schauspielschule unter der Leitung des Berliner Intendanten und Regisseurs Erwin Piscator, der als Kommunist während des Zweiten Weltkrieges für einige Zeit in das amerikanische Exil gehen musste.

Von 1947 an war Balcombe bei Piscator angestellt; er war selbst aus England immigriert und hatte sich bis dahin unter anderem als Model und als Arbeiter in den Kodak-Laboren betätigt. Die eigenen Fotografien entwickelte Balcombe zum Großteil im heimischen Badezimmer. Mit sehr starken Schwarz-Weiß-Kontrasten geben sie Zeugnis von Piscators epischem Theater, das sich der zeitgenössischen Probleme annahm: Als einer der ersten in Amerika brachte Piscator etwa Jean Paul Sartres existenzialistisches Stück Die Fliegen zur Aufführung. „Auf den Aufnahmen ist nun zu sehen, was man bislang nur gelesen hatte, etwa dass Piscator den Zuschauerraum im Stile spanischer Murals bemalen ließ“, erläutert Dagmar Walach.

New York in den frühen Fünzigerjahren

Auch abseits der Theateraufnahmen erzählt jedes von Balcombes Bildern eine eigene Geschichte. Insbesondere die New Yorker Straßenszenen aus den Jahren 1947 bis 1952 machen deutlich, dass Balcombe „weniger die Masse, sondern den Einzelnen im Blick“ hat, sagt Dagmar Walach. Sie findet berührende Details in jedem der für die Ausstellung ausgewählten Motive. Vom Brezelverkäufer über die Straßenkinder der Bronx bis hin zu reichen Damen: Balcombes Bilder zeigen ein gesellschaftliches Panorama jener Jahre.

Auch Aufnahmen politischer Bewegungen hat der Fotograf eingefangen. Darunter sind nicht nur die amerikanischen Demonstrationsszenen gegen die antikommunistische „Hexenjagd“ in den frühen Fünzigerjahren, sondern auch Motive aus der Zeit nach der Rückkehr nach England 1954. Damit wandelt sich auch Balcombes Stil, stellt Walach fest: „Die Kontraste werden geringer, die Farbe Grau dominiert“.

Für Dagmar Walach ist die Ausstellung „Camera Work“ ihre letzte am Institut: Die Theaterhistoriografin nimmt Abschied, nach fast 15 Jahren Arbeit für die Theaterhistorische Sammlung. Den Archiven bleibt sie weiterhin kommissarisch verbunden: „Es muss sich ja jemand dafür einsetzen, dass die Bestände zugänglich bleiben“, sagt sie. Zu sehen sind die Bilder im Rahmen der Ausstellung noch bis zum 30. September während der Gebäudeöffnungszeiten von 9.00 bis 20.00 Uhr.

Zeit und Ort

  • 1. Juni bis 30. September 2011, 9.00 bis 20.00 Uhr
  • Institut für Theaterwissenschaft, Foyer, Grunewaldstraße 35, 12165 Berlin-Dahlem