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Ein Wiedersehen an der Freien Universität Berlin

Alumni aus der ganzen Welt nehmen an Workshop teil

12.08.2009

Die Teilnehmer aus zehn verschiedenen Ländern des diesjährigen Alumni-Workshops "Wer zeugt für den Zeugen?" an der Freien Universität

Die Teilnehmer aus zehn verschiedenen Ländern des diesjährigen Alumni-Workshops "Wer zeugt für den Zeugen?" an der Freien Universität
Bildquelle: Tomasz Kurianowicz

Im Rahmen des Workshops „Wer zeugt für den Zeugen?“, der vom Center für Digitale Systeme (CeDiS) der Freien Universität veranstaltet wurde, diskutierten 19 ehemalige Studierende der Freien Universität über die Erinnerungskultur zur Shoah und die wissenschaftlichen Methoden historischer Auseinandersetzung. Besonderes Augenmerk lag auf den neuen Online-Plattformen „Visual History Archive“ und „Zwangsarbeit 1939-1945“, die Audio- und Video-Interviews mit Überlebenden des Holocaust zur Verfügung stellen.

Im Rahmen des internationalen Alumni-Programms der Freien Universität kamen 19 ehemalige Austausch-Studierende aus zehn verschiedenen Ländern an ihre Hochschule zurück, um sich während des Workshops „Wer zeugt für den Zeugen?“ dem Erinnerungsort Berlin zu nähern.

Die 28-jährige Alessanda Lacenda war eine von ihnen. Sie ist extra aus Brasilien angereist, um an dem Alumni-Workshop an der Freien Universität Berlin teilzunehmen. Jetzt, wo sie vor der „Silberlaube“ an der Dahlemer Habelschwerdter Allee steht, erinnert sich die Literaturwissenschaftlerin lebhaft an ihren Austausch. Der hatte sie von 2007 bis Anfang 2009 nach Berlin geführt und ihr ganz neue wissenschaftliche wie auch persönliche Erfahrungen verschafft. „Am Anfang war es sehr schwierig in Deutschland, ich kannte niemanden und verstand die kulturellen Codes nicht. Alle waren so distanziert. Doch dann lebte ich mich immer besser ein. Und jetzt bin ich selbst ein wenig deutsch geworden“, sagt die Brasilianerin lächelnd.

Geschichten in der Geschichte

Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen stellten während des vom DAAD geförderten Workshops unterschiedliche Zugangsweisen zur Arbeit mit Interviews von Überlebenden der Shoah vor. Intensiv gearbeitet wurde mit dem digitalen Interview-Archiv des Shoah Foundation Institute for Visual History and Education der University of Southern California (USC). Dieses größte Oral History Archiv weltweit dokumentiert die Lebensgeschichten von 52.000 Überlebenden des Holocaust und ist seit 2006 an der Freien Universität zugänglich. Auch die Interviews des seit 2009 zugänglichen Online-Archiv „Zwangsarbeit 1939-1945“, das aus einer Kooperation der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" mit der Freien Universität und dem Deutschen Historischen Museum entstanden ist, wurden genutzt.

Der Aufenthalt in Berlin und die Teilnahme am Workshop „Wer zeugt für den Zeugen?" Perspektiven medial vermittelter Zeugenschaft zur Shoah“ hat auch Alessanda Lacenda neue Einblicke in aktuelle wissenschaftliche Fragestellungen gegeben: „Die Diskussionen waren sehr lebendig und interessant. Wir haben erörtert, wie man Geschichte im digitalen Zeitalter erzählen und konservieren kann.“

Der interdisziplinär ausgerichtete Workshop griff Probleme aus psychologischen, historischen und literaturwissenschaftlichen Teilbereichen auf. Ziel der Veranstaltung war die theoretische Aneignung der Geschichte, Funktion und Wirkungsweise der Oral-History, eine Intensivierung der Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen und die Entwicklung von Kriterien für die wissenschaftliche Arbeit mit den Zeugnissen. Auch für die Literaturwissenschaftlerin aus Brasilien gab es viele interessante Anregungspunkte: „Mich beschäftigt vor allem, wie man Geschichten in der Geschichte erzählt, welche semiotischen und narrativen Qualitäten die archivierten Erzählungen der Holocaust-Überlebenden haben. Das kann man sehr gut anhand der Video-Aufnahmen analysieren“, sagt Alessanda Lacenda.

Anregende und erhellende Diskussion

Nach dem Workshop freuten sich die Veranstalter über das rege Interesse. „Auch wir haben viele neue Erfahrungen gemacht und gelernt, wie in den einzelnen Ländern mit Geschichte umgegangen wird“, sagt Katharina Obens, die den Workshop im Auftrag von CeDiS durchgeführt hat. Auch ihre Kollegin Tanja Seider zeigte sich zufrieden. „Wir hatten Studenten aus 17 verschiedenen Studienfächern da. Das führte zu sehr anregenden und erhellenden Diskussionen. Deshalb hoffen wir, dass der Workshop auch im nächsten Jahr wieder stattfinden kann.“