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Warum Gentlemen eher mit der Titanic untergingen

Drei Vorträge des Zürcher Ökonomen Bruno S. Frey an der Freien Universität

29.04.2009

Bruno S. Frey, Ökonomieprofessor aus Zürich, war gerade zwei Wochen lang zu Gast an der Freien Universität

Bruno S. Frey, Ökonomieprofessor aus Zürich, war gerade zwei Wochen lang zu Gast an der Freien Universität
Bildquelle: Sara Tormöhlen

In Zeiten der Wirtschaftskrise könnte leicht der Eindruck einstehen, Hauptgegenstand der Volkswirtschaftslehre sei es, Prognosen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abzugeben. Wie breit dagegen das Spektrum seines Fachs ist, zeigte der Zürcher Ökonomieprofessor Bruno S. Frey, der gerade zwei Wochen lang zu Gast an der Freien Universität war.

Laut Handelsblatt ist er die Nummer 1 unter den Volkswirten im deutschsprachigen Raum: Bruno S. Frey, Leiter des Instituts für Empirische Wirtschaftsforschung an der Universität Zürich. Zwei Wochen hat Frey am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität Berlin verbracht, auf Einladung von Professor Ronnie Schöb hielt der Ökonom drei Vorträge. Unter dem Titel „Behaviour under extreme stress – the sinking of the Titanic” zeigte er am Beispiel der Titanic, dass selbst beim Kampf um Leben und Tod soziobiologische Verhaltensmuster und soziale Normen das Handeln von Menschen mitbestimmen: Auf dem sinkenden Schiff hatten Mütter und  Frauen im gebärfähigen Alter überdurchschnittlich gute Überlebenschancen. Offensichtlich wurden sie im Kampf um die wenigen Plätze auf den Rettungsbooten bevorteilt. Ein zweites überraschendes Resultat der Titanic-Analyse Freys: Briten überlebten mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit als Angehörige anderer Nationen – weil sich unter ihnen „echte Gentlemen“ befanden, die anderen den Vortritt in die Rettungsboote ließen.

Positive Anreize stärker wirksam als Strafen

In seinem zweiten Vortrag – „Beyond punishment” – zeigte Bruno S. Frey, dass Bestrafungen keinesfalls immer ein effektives Mittel bei der Kriminalitätsbekämpfung sind. Zuweilen sei es ökonomisch sinnvoller, positive Anreize zu schaffen, wie etwa Auszeichnungen für legales Verhalten. Frey beschloss seine Vortragsreihe mit Fragen nach der „Ökonomie des Glücks“: Macht Geld wirklich glücklich? Macht Arbeitslosigkeit langfristig unglücklich?

Bruno S. Frey gelang es in seinen Vorträgen, viele Zuhörer zu interessieren und zu einer intensiven Diskussion anzuregen. Die deutschen Medienvertreter, die den Besuch für zahlreiche Interviews mit dem Zürcher Wirtschaftswissenschaftler nutzten, interessierten sich neben der Glücksforschung vor allem für seine Arbeiten zu Fehlanreizen durch Bonuszahlungen für Manager. In kleinen, anregenden Gesprächsrunden mit den Wirtschaftswissenschaftlern der Freien Universität berichtete Frey von seinen neuen Forschungsarbeiten: etwa über Corporate-Governance-Strukturen in Klöstern und den Nutzen von Auszeichnungen für die Mitarbeitermotivation. Mit diesen Themen wird ebenso wie durch die an der Freien Universität gehaltenen Vorträgen das übergeordnete Anliegen Bruno S. Freys deutlich: die Integration psychologischer Erkenntnisse in die ökonomische Forschung.