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Weltwirtschaftskrise 2.0?

Wirtschafts- und Finanzexperten diskutierten über die Ursachen, Folgen und Gegenmaßnahmen in der aktuellen Krise

05.02.2009

(v.l.n.r.) Prof. Dr. Carl-Ludwig Holtfrerich (Freie Universität), Dr. Klaus Günter Deutsch (Deutsche Bank Research), Prof. Dr. Helge Berger und Prof. Irwin Collier, Ph.D. (Freie Universität)

(v.l.n.r.) Prof. Dr. Carl-Ludwig Holtfrerich (Freie Universität), Dr. Klaus Günter Deutsch (Deutsche Bank Research), Prof. Dr. Helge Berger und Prof. Irwin Collier, Ph.D. (Freie Universität)
Bildquelle: Sara Tormöhlen

Das Thema hat die Gesellschaft und die Medien fest im Griff, das historische Ausmaß der wirtschaftlichen Krise lähmt – und regt zum Nachdenken an. In einer gemeinsam vom John-F.-Kennedy-Institut und vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität veranstalteten Podiumsdiskussion debattierten Wissenschaftler und Vertreter der Wirtschaft über das Thema „Weltwirtschaftskrise 2.0?“.

Auf dem Podium im Hörsaal A des Henry-Ford-Baus saßen international renommierte Wirtschaftsexperten. Professor Irwin Collier, Wirtschaftswissenschaftler am John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin, moderierte die Veranstaltung, in der über Ursachen, Folgen und Gegenmaßnahmen in der aktuellen wirtschaftlichen Krise diskutiert wurden. Professor Michael C. Burda, Humboldt-Universität zu Berlin, kam schnell zur Sache: „Die Ursachen der Krise liegen eindeutig in den USA.“ Die Geldpolitik der Fed (Federal Reserve System) sei über Jahre zu locker und die Hypothekenfinanzierung unzureichend reguliert worden. Die Risiken durch die Umwandlung von Hypothekenbündeln zu Wertpapieren und neue Finanzmarktinnovationen seien unterschätzt worden. Die Folge: eine weltweite Rezession.

Gewünscht: ein zentrales Krisenmanagement der Europäischen Kommission

Helge Berger, Professor für Geldtheorie und -politik an der Freien Universität, wandte ein, dass auch die Europäische Union massive Schwächen zeige. Langwierige Abstimmungsprozesse zwischen den Mitgliedstaaten  gefährdeten  erfolgreiches Krisenmanagement sowie eine effektive Regulierung der Märkte und verhinderten eine gemeinsame Finanzaufsicht. Das Krisenmanagement solle zentral in die Hände der Europäischen Kommission gelegt werden, riet Berger. Die EZB (Europäische Zentralbank) müsse als gemeinsame Finanzaufsicht fungieren, bei der Finanzmarktregulierung könne nur eine globale Lösung Abhilfe schaffen. Große Mitgliedstaaten wie Deutschland müssten sich finanziell noch mehr engagieren, um die Krise einzudämmen. Dies war das Stichwort für Dr. Klaus Günter Deutsch, Deutsche Bank Research: „Die Märkte sind orientierungslos. Wir sind vollständig abhängig von der öffentlichen Hand.“ Für die USA forderte Deutsch weitere Rettungspakete für die dortigen Banken. Professor Carl-Ludwig Holtfrerich, Freie Universität, erntete Zustimmung, als er „ungezügeltes Renditestreben“ als weitere Krisenursache ausmachte: „Wer höhere Renditen anstrebt, muss auch höhere Risiken eingehen.“ Schließlich schalteten sich die Zuhörer in die lebendige Debatte ein und diskutierten ihre Fragen mit den Podiumsvertretern. Die  Veranstaltung, in der wissenschaftliche Expertise auf ein engagiertes Publikum traf, machte den Informations- und Diskussionsbedarf in der aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation deutlich.