Stellungnahme der Gründungsstudenten zur studentischen Beteiligung
undatiertes und titelloses Dokument aus der Akte „Organisation der Zentralverwaltung“ des Bestands des Akademischen Außenamtes (AA/80)
21.09.2020
Unterschriften von Gründungsstudenten
Bildquelle: Freie Universität Berlin, Universitätsarchiv, Außenamt, AA/80
Das hier auszugsweise vorliegende Dokument ist ein Zeugnis der Initiative einer Reihe von an der Gründung der Freien Universität im Jahre 1948 maßgeblich beteiligten Studenten. Sie äußern sich hier im Sinne eines mäßigenden und vermittelnden Gedankens im Kontext, so darf angenommen werden, der Studentenbewegung und im Vorfeld der Reform des Hochschulgesetztes, also vermutlich gegen Ende der 1960er Jahre.
Aus dem Aufruf lässt sich herauslesen, dass im Zuge der Debatte über die Rechte der Studenten die vermeintlichen Intentionen der Gründungsstudenten immer wieder zitiert und beschworen worden sind. Dieser Umstand veranlasste die damaligen Protagonisten zur Formulierung ihrer hier vorliegenden Stellungnahme.
Wichtig ist es ihnen die Universität als „freie Stätte für Lehre und Forschung“ zu verstehen, wobei dies für sie zentral mit dem Gedanken einer „institutionell verankerten Mitbestimmung der Studenten an der Entwicklung und Verwaltung der Universität“ (das sogenannte ‚Berliner Modell‘) verbunden ist. Dieser Gedanke sei aufgrund seiner Bedeutung einerseits in der Satzung der Universität, in der Universitätsordnung und in der Satzung der Studentenschaft festgeschrieben und werde andererseits durch den AStA und den Konvent entsprechend umgesetzt.
Die institutionalisierte Studentenschaft hingegen ist nach der Auffassung der Gründungsstudenten gehalten, sich auf den aus der Zweckbestimmung der Universität als Stätte für Lehre und Forschung ableitenden Themenfeldern, ihrer Satzung folgend, zu betätigen und nicht etwa darüber hinaus zu Aspekten des politischen und sozialen Lebens Stellung zu nehmen. Dies sei Aufgabe der studentischen Vereinigungen.
Wichtig ist den Unterzeichnern, dass weder einzelne Studentenvertreter ihr Mandat als allgemeinpolitischen Auftrag verstehen, noch, dass das Einschränken oder gar vollständige Beschneiden der studentischen Mitbestimmung im Sinne des Gründungsgedankens der Freien Universität ist.
Angestrebt wird also eine Trennung zwischen den Lebenswelten bzw. Realitäten als Staatsbürger und als Bürger der Universität. Gerade vor dem Hintergrund der spezifischen Gründungsgeschichte der FU erstaunt es, dass die Gründungsstudenten die Universität Ende der 1960er Jahre nicht auch als Forum für tagespolitische Auseinandersetzungen verstanden wissen wollen, auch wenn sie zubilligen, dass immer Überschneidungen beider Welten eintreten und dass es Formate und Foren der politischen Artikulation, auch über den universitären Kontext hinaus, geben muss. Das Blatt mit den Unterschriften der Unterzeichner steht repräsentativ für die gesamte hier beschriebene Stellungnahme, welche Sie gerne in unserem Lesesaal vollständig einsehen können.
Die Unterzeichner des Aufrufs waren:
- Ernst (Fischer-)Bothof
- Helmuth Coper
- Horst W. Hartwich
- Werner-Günter Grimke
- Michael Kessel
- Otto H. Hess
- Wolfgang Kalischer
- Wiegand Hennicke
- Georg Kotowski
- Stanislaw Karol Kubicki
- Einhard Melzer
- Peter Lorenz
- Gerhard Schwarz
- Friedrich-Wilhelm Freiherr von Sell
- Dietrich Spangenberg
- Hans-Ludwig Schoenthal
- Klaus Wermun