Augenblicke des Semesters
08.12.2025
Auf den Plakaten fehlte der Buchstabe "E" als Zeichen des Protests gegen Mittelkürzungen durch den Berliner Senat.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher
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Die Freie Universität protestierte mit einer „Woche ohne E“ gegen die Mittelkürzungen des Berliner Senats
Ein Buchstabe verschwindet – und mit ihm ein Stück Sicherheit: Vom 23. bis 29. Juni 2025 strich die Freie Universität das „E“ aus ihrer Kommunikation nach außen. Was zunächst irritierte, war ein klares Signal: So fühlt es sich an, wenn an der Substanz gespart wird. Die kreative Protestaktion setzte sich im Juli auf der Straße fort: Rund 3.000 Menschen, darunter viele Mitarbeitende und Studierende der Freien Universität, zogen gemeinsam mit Mitgliedern anderer Berliner Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen vor die Senatsverwaltung für Wissenschaft – auch auf den Protestplakaten der Freien Universität fehlte konsequent das „E“. Hintergrund der Aktion waren geplante Kürzungen von insgesamt 250 Millionen Euro im Wissenschaftsbereich für 2025, davon allein 31,6 Millionen Euro für die Freie Universität. In einem offenen, von über 4.000 Personen unterzeichneten Brief warnten die Hochschulen eindringlich: Der Senat drohe damit, „leistungsstarker Wissenschaft in der Hauptstadt die Existenzgrundlage zu entziehen“. Das „E“ kehrte zwar zurück in die Kommunikation der Universität, die drohenden Einsparungen aber bleiben – und damit die Sorge um die Zukunft der Wissenschaft in Berlin.
Ausgekocht
Nach mehr als 43 Jahren geht Mensaleiter Thomas-Arne Jarocki in den Ruhestand
„Man gehört ins Team, nicht in den Vordergrund!“ So kennen die Mitarbeitenden Thomas-Arne Jarocki, der seit 1997 die „Mensa II“ des „studierendenWERKs BERLIN“ in der Otto-von-Simson-Straße leitet. Mit seinem 70-köpfigen Team sorgt er für bis zu 4.000 Portionen, die täglich serviert werden. Die Geschmäcker haben sich in den vier Jahrzehnten allerdings geändert: Früher hat er bis zu 2.000 Schnitzel paniert – heute ist das Angebot überwiegend vegetarisch. „Man muss eben mit der Zeit gehen“, sagt der gebürtige Niedersachse. Geschichten über den früheren Chefkoch gäbe es viele, eine besonders schöne geht so: In den 1990er-Jahren löste er eine Protestbesetzung kurzerhand auf, indem er den Blockierenden zurief: „Essen ist fertig!“ Ende Oktober ging er in den Ruhestand. Was er vermissen wird? Das Miteinander: „Bei Geburtstagen oder Verabschiedungen bringen alle etwas aus der Heimat mit. Das sind immer richtig schöne Feiern.“
Abgetaucht
Der Paläoökologe Gabriel Cardoso erforscht Korallen als marine Lebensgrundlage
Gabriel Cardoso erforscht als Wissenschaftler der Freien Universität das Schicksal von Korallen – jenen unscheinbaren Winzlingen, die unter Wasser gigantische Kolonien bilden und ein Viertel aller Meerestiere beherbergen. Vor der karibischen Insel Martinique ging der Paläoökologe auf Tauchstation, um Proben der „Siderastrea siderea“ zu nehmen, einer massiven rot-bräunlichen Koralle, die eigentlich als besonders widerstandsfähig gilt. Doch was er dort in bis zu 16 Metern Tiefe vorfand, bot ein dramatisches Bild: „So viele Korallen sind tot, nur vereinzelt habe ich lebende Korallenkolonien im Riff gesehen.“ Mittels vorsichtiger Bohrungen entnahm er mit einem Forschungsteam Kerne aus dem Inneren der Korallen – einer Art natürlichem Archiv, das wie Baumringe Klimaveränderungen der letzten 100 Jahre gespeichert hat. Die Analyse zeigt: Selbst resistente Arten stoßen an ihre Anpassungsgrenzen. „Was Korallen alles erlebt haben und wie viele unterschiedliche Tierarten an ihnen vorbeigeschwommen sein müssen“, schwärmt Cardoso über seine wissenschaftliche Zeitreise – doch ohne schnellen Klima- und Umweltschutz droht dieser einzigartigen Unterwasserwelt das Ende.
Der Titanenwurz, eigentlich in Indonesien beheimatet, blüht nur selten.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher
Verduftet
„Amorphophallus titanum“ blühte im Botanischen Garten Berlin
Nach mehrjähriger Pause entfaltete sich Ende Juni 2025 im Großen Tropenhaus des Botanischen Gartens Berlin wieder ein botanisches Jahrhundertereignis – die „Titanenwurz“ öffnete ihren mehrere Meter hohen Blütenstand. Als „größte Blume der Welt“ lockte der „Amorphophallus titanum“ Scharen von Menschen an, die das seltene Schauspiel bestaunen wollten, das nur drei Tage andauert. Besonders in der ersten Nacht verströmte die Pflanze einen intensiven Aasgeruch, mit dem sie in ihrer indonesischen Heimat Insekten täuscht, die einen verwesenden Tierkadaver zur Eiablage suchen – und dabei ganz nebenbei die Blüten bestäuben. In der Natur ist die spektakuläre „Titanenwurz“ stark gefährdet, da ihr Lebensraum, der Regenwald Sumatras, zunehmend zerstört wird. Der Besuch im Botanischen Garten war für die Schaulustigen sicher ein bemerkenswertes Ereignis – auch wenn sie sich dafür die Nase zuhalten mussten.




